Hannoveraner Polizei übernimmt Rolle ihrer türkischen Kollegen

Die Hannoveraner Polizei hat keine Kosten und Mühen gescheut, um die Teilnehmer an einem Gefallenengedenken im September 2017 zu ermitteln und Verfahren wegen „Verstoß gegen das Vereinsgesetz“ einzuleiten.

Am 6. September 2017 fand in Lehrte bei Hannover eine Trauerfeier für gefallene Mitglieder der kurdischen Jugendbewegung statt. Auf der Veranstaltung wurde Hesen Şirnex (Hüseyin Kuluman) und Ali Çiçek gedacht, die bei einem Luftangriff auf Mexmûr gefallen sind. Außerdem ging es um den in Avaşîn gefallenen Egîd Saruhan (Delil Qamişlo), den in Colemêrg gefallenen Uğur Daskan (Hogir Bakustan) und den in Şengal gefallenen Mehmet Mendanlıoğlu (Amed Kawyan). Es wurde ein Video über das Leben von Ali Çiçek gezeigt, der sich nach seiner Flucht vor politischer Verfolgung in der Türkei eine Zeitlang in Hannover aufgehalten und anschließend der Guerilla angeschlossen hat.

Einjährige Ermittlungen, um die Teilnehmer festzustellen

Die Hannoveraner Polizei leitete etwa anderthalb Jahre nach der Trauerfeier ein Ermittlungsverfahren gegen 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein, die sie ermitteln konnte. Es wurden keine Kosten und Mühen gescheut, um herauszufinden, wer an der Gedenkveranstaltung teilgenommen hat. Schließlich wurden die 25 Personen zum Verhör vorgeladen. Ihnen wird ein „Verstoß gegen das Vereinsgesetz“ vorgeworfen.

Betroffene verweigern die Aussage

Gegenüber ANF erklärten die Betroffenen, die Bewertung eines Gefallenengedenkens als „Straftat“ stelle eine große Respektlosigkeit gegenüber den Werten des kurdischen Volkes dar. Sie kündigten an, der Vorladung kollektiv nicht Folge zu leisten: „Angesichts einer solchen Respektlosigkeit empfinden wir keine Notwendigkeit, eine Aussage zu machen. An einer Gedenkveranstaltung teilzunehmen, ist keine Straftat, sondern eine Ehre.“

Die Maßnahmen der Hannoveraner Polizei unterscheiden sich kaum von der Repression des türkischen Staates gegen die kurdische Bevölkerung, sagen die Betroffenen: „Was will die Polizei denn noch gegen uns hier machen? Es werden keine Fahnen, Transparente, Bilder oder Symbole zugelassen und jetzt wird auch kein Gefallenengedenken mehr toleriert. Diese Kriminalisierung kann uns jedoch nicht einschüchtern. Wer auch immer kommen mag, wir werden weiter denjenigen gedenken, die für die Freiheit eines Volkes gefallen sind.“

Hannover: Hotspot der antikurdischen Repression

Hannover ist führend in der Repression gegen den kurdischen Freiheitskampf. Die Polizei durchsucht immer wieder willkürlich die kurdischen Vereine und geht scharf gegen alle politischen Symbole und Bilder des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan vor. Bei einer Demonstration für Efrîn im Januar vergangenen Jahres wurden zwei 14- und 17-jährige Jugendliche von der Polizei krankenhausreif geschlagen, die Anzeigen gegen die Polizei blieben jedoch ohne Konsequenzen. Nicht nur die Polizei, auch die Justiz folgt dieser Linie. Zuletzt wurde ein türkischer Faschist, der vier Kurden auf offener Straße mit einem Messer teilweise schwer verletzte, freigesprochen.