Erdoğan erstattet Anzeige gegen Kılıçdaroğlu und 72 Abgeordnete

Der türkische Präsident Erdoğan hat wegen des Vorwurfs der „Präsidentenbeleidigung“ Anzeige gegen den CHP-Vorsitzenden Kemal Kılıçdaroğlu und 72 Abgeordnete erstattet.

Vor etwa zwei Wochen hatten Studierende in Ankara auf der Abschlussfeier der Technischen Universität des Nahen Ostens (ODTÜ) ein satirisches Transparent mit der Aufschrift „Das Reich der Tayyips“ hochgehalten. Daraufhin leitete die Oberstaatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren ein und ließ vier Studierende wegen „Präsidentenbeleidigung“ verhaften.

Der Vorsitzende der Republikanischen Volkspartei CHP, Kemal Kılıçdaroğlu, hat am Dienstag aus Protest gegen die Verhaftungen der Studierenden über seinen Twitteraccount ein Bild der Karikatur geteilt und Abgeordnete der CHP dazu aufgerufen, es ihm gleichzutun. Während der Gruppensitzung im türkischen Parlament sagte Kılıçdaroğlu kurz zuvor: „Du [Erdoğan] musst und solltest Kritik und Satire ertragen. Durch das Wegsperren dieser Menschen wirst du Kritik und Satire nicht entgegentreten können“.

Wegen „Präsidentenbeleidigung“  erstattete Staatsoberhaupt Erdoğan daraufhin Anzeige gegen Kemal Kılıçdaroğlu und 72 Abgeordnete der CHP. Ein weiteres Verfahren gegen den CHP-Vorsitzenden hatte die Oberstaatsanwaltschaft von Ankara bereits gestern Vormittag eingeleitet.

Bei der Karikatur „Das Reich der Tayyips“ handelt es sich um eine Zeichnung der türkischen Satirezeitschrift Penguen, die erstmals vor 13 Jahren auf dem Cover des Magazins erschien. Bereits damals ging Erdoğan gegen die Macher*innen vor und forderte umgerechnet etwa 7.000 Euro Schmerzensgeld. Die Zivilkammer von Ankara wies die Klage 2005 zurück und begründete ihre Entscheidung damit, dass die Karikatur vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt sei.