Umweltzerstörung durch türkische Armee in Efrîn

Efrîn ist für seine Kräuter und den Reichtum seiner Natur bekannt und konnte seine Wälder und Weinberge über den Syrienkrieg hinweg bewahren. Die Angriffe und die Besatzung der türkischen Armee und ihrer Milizen führen nun zu massiver Naturzerstörung.

Zuletzt erreichten uns Bilder aus Efrîn, wie Baumaschinen aus türkischem Staatsbesitz in Hemamê in Efrîn-Cindirês alte Olivenbäume aus dem Boden rissen. Nach inoffiziellen Zahlen wurden in der Region seit Beginn der Besatzung etwa 1.500 Olivenbäume entwurzelt. Der türkische Staat hat außerdem seine Grenze nach Efrîn verschoben und ein Gebiet, auf dem sich 25.000 Olivenbäume befinden, annektiert. Die Besatzungstruppen setzen darüber hinaus Gärten und Weinberge systematisch in Brand und verbieten der Bevölkerung der Region auf ihre Felder zu gehen.

Die Natur von Efrîn

In Efrîn befinden sich 25.000 Hektar Waldfläche. Aufgrund des Reichtums und der Schönheit seiner Natur wurde Efrîn zum Anziehungspunkt für lokale und ausländische Touristen. Efrîn konnte seine Natur bis 2018 vor den Auswirkungen des Syrienkrieges bewahren. Die demokratisch-autonome Selbstverwaltung von Efrîn hat sich mit all ihren Möglichkeiten für den Schutz der Umwelt eingesetzt und der Ökologie der Region entsprechende Gesetze herausgegeben. Von den 25.000 Hektar Waldfläche in Efrîn sind 12.147 Hektar von der Selbstverwaltung wieder aufgeforstet worden.

Der türkische Staat zerstört die Umwelt systematisch

Der Landwirtschaftsrat des Kantons Efrîn hat erklärt, dass der türkische Staat und seine Milizen seit Anfang Mai bis heute die Umwelt der Region systematisch zerstören.

Zuletzt hatte der türkische Staat den Olivenhain von Nehsan Mihemed Bekir in Hopka in der Region Efrîn-Raco angezündet. In Folge des Feuers sind etwa 5.000 alte Olivenbäume verbrannt. Eine unvollständige Aufzählung der Angriffe der Besatzungstruppen auf die Umwelt und Landwirtschaft Efrîns folgt:

1. Die Besatzungstruppen setzten am 6. August 2018 das Gebiet um den Girke-Gipfel bei den Dörfern Xerza und Çolaqa in Brand.

2. Türkische Soldaten reißen am 3. August 2018 Olivenbäume von Bilo Bilal aus, um an deren Stelle am Eingang von Şiyê einen Kontrollpunkt zu errichten.

3. Das türkische Militär zündet am 2. August 2018 die Gebiete von Xaziyana und Çolaqa an.

4. Das türkische Militär zündet am 23. Juli 2018 die Gebiete um den Hawar-Berg und weiter Gebiete in Efrîn-Raco an.

5. Türkeitreue Milizen zünden am 19. Juli 2018 den Bewuchs des Qerîbil Berges im Kreis Meydana an.

6. Das türkische Militär zündet am 16. Juli 2018 den Bewuchs des Berges Qurtqilaqê in Şêra an.

7. Türkeitreue Milizen zünden den Berg Cirqa in der Umgebung der Dörfer Elemdar und Cirqa in Raco an.

8. Am 13. Juli 2018 brennen türkische Soldaten beim Dorf Xaziyana Jêrîn im Norden von Efrîn-Mabeta mindestens 1.000 Olivenbäume nieder. Der Brand breitet sich nach kurzer Zeit auf umliegende Waldgebiete aus.

9. Am 11. Juli 2018 zünden türkeitreue Milizen Häuser der Zivilbevölkerung im Dorf Sariya an. Die Brände greifen auf Waldgebiete in der Umgebung des Dorfes über.

10. Am 6. Juli 2018 zünden türkeitreue Milizen viele Olivenbäume im Dorf Sêwiya bei Efrîn-Mabeta an.

11. Am 6. Juli 2018 zündet die türkische Armee gemeinsam mit ihren Milizen den Tîra-Gipfel an. Zwei Hektar brennen nieder.

12 Am 6. Juli 2018 zündet die türkische Armee gemeinsam mit ihren Milizen ein Waldgebiet in Raco, das die Dörfer Hecîka, Qude, Moseka und Derwîş einschließt, an.

13. Am 7. Juli 2018 zündet die türkische Armee gemeinsam mit ihren Milizen einen Hain mit 2.500 Oliven und Granatapfelbäumen und einen Weinberg im Dorf Edama in Raco an. Außerdem plünderten die Milizen den Weizen in der Region.

14. Am 6. Juli 2018 zündet die türkische Armee gemeinsam mit ihren Milizen einen vier Kilometer großen Streifen bepflanzte Ackerfläche an.

15. Am 30. Mai 2018 reißen türkische Soldaten bei den Dörfern Hecemala und Eltaniya etwa 500 Olivenbäume aus. Anstelle des Hains wird ein Trainingsgebiet für Milizionäre errichtet. Auch beim Dorf Bilêlko werden viele Bäume ausgerissen, um eine Hubschrauberlandebahn zu errichten.

16. Am 8. Juni 2018 setzt die türkische Armee im Dorf Qibarê etwa zehn Hektar bepflanzte Ackerfläche in Brand.

17. Am 8. Juni 2018 setzt die türkische Armee Gerste und Weizenfelder wie auch Olivenbäume bei den Dörfern Berad und Birc Qasê in Brand gesetzt.

18. Am zweiten Tag des Ramazan-Festes setzen türkeitreue Milizen bepflanzte Ackerfläche bei den Dörfern Bênê und Basil in Şêrawa in Brand.

19. Am 19. Juni 2018 setzt die türkeitreue Ahrar-al-Sharqiya-Miliz bepflanzte Ackerfläche beim Dorf Banîka in Raco in Brand.

20. Am 21. Juni 2018 setzen türkeitreue Milizen die Bäume auf der Insel im Meydankê-See in Brand .

Landwirtschaftliche Produkte gestohlen

Die Milizen und die türkische Armee entwendeten einen Großteil der Ernte der Bevölkerung von Efrîn. Nach einem Report des Landwirtschaftsrats von Efrîn zu den Plünderungen in der Region hat die türkische Firma Altunsa mit Unterstützung des türkischen Staates 25 Mähdrescher in die Region gebracht und alle Gersten- und Weizenfelder abgeerntet. In dem Bericht heißt es, dass das von der türkischen Armee geerntete Getreide zu 20 Prozent des Saatpreises für 90 Syrische Lira verkauft wurde. Davon seien sieben Prozent an die Milizen als Steuer gegangen.

Die Milizen in der Region haben darüber hinaus die Besitzer bereits abgeernteter Felder aufgesucht und ihr ganzes Einkommen beschlagnahmt. Nach dem Bericht umfasste die Produktion Efrîns 20.000 Tonnen Weizen und Gerste. Die Milizen haben demnach die gesamte Ernte beschlagnahmt. Diese Plünderung der Ernte stellt nach internationalem Recht ein Verbrechen dar.

Hunger als Waffe des türkischen Staates

Die Bäuer*innen von Efrîn stehen nicht nur aufgrund der oben genannten Angriffe und der Plünderungen, sondern auch weil alle Landwirtschaftsgeräte und alle Zwischenhändler zu den Milizen gehören, vor großen Schwierigkeiten. Außerdem müssen die Händler, um von einem Dorf zum anderen fahren können, Erlaubnisse von den Milizen und der türkischen Armee einholen. Für die entsprechende Erlaubnis sind mindestens 120 Dollar zu bezahlen. Manche Milizen verlangen von den Händlern trotz vorliegender Dokumente dann noch einmal extra Geld.

Die Bäuer*innen klagen, dass sie aufgrund der vom türkischen Militär und den Milizen festgelegten Getreidepreise kaum ihre Ausgaben decken können. Alle landwirtschaftlichen Produkte werden einfach beschlagnahmt oder zu sehr geringen Preisen aufgekauft und von den Besatzungstruppen in die anderen Regionen gebracht und dort wiederum verkauft.

Der Landwirtschaftsrat betont, hinter den Billigpreisen stehe eine gezielte Politik. Auf diese Weise werde versucht, die von der Landwirtschaft lebende Regionalbevölkerung zum Verlassen der Gebiete zu zwingen. Währenddessen werden die Bäuer*innen aus Efrîn dazu gezwungen, ihre Felder den in der Stadt angesiedelten Familien der dschihadistischen Milizionäre zu Spottpreisen zu verkaufen. Landwirtschaftliche Flächen im Wert von 300.000 SL werden an die Familien der Milizen für 25–30.000 SL verkauft. Die Bevölkerung im sieben Kilometer von Efrîn entfernten Dorf Coqê wurde gezwungen, für jeden Olivenbaum jährlich 1500 SL Abgaben an die Milizen zu leisten.

Die Besatzungstruppen beschlagnahmen die Häuser und Felder der aus Efrîn vertriebenen Bevölkerung und geben sie den Familien der Milizionäre.

Internationales Recht wird gebrochen

Die Plünderungen durch den türkischen Staat und die Beschlagnahme von Lebensmitteln stellen nach internationalem Recht ein Kriegsverbrechen dar. Nach Völkerrecht ist jede Handlung im Rahmen eines Krieges, die darauf abzielt, langfristigen Einfluss auf die Umwelt zu nehmen, ein Kriegsverbrechen, außerdem ist die Zerstörung von landwirtschaftlichen Flächen und Wasserquellen ebenfalls verboten. Das internationale Recht verbietet jegliche Angriffe auf die Natur.

Der Anwalt Mihemed Cemîl hebt hervor, dass für die Angriffe auf die Natur von Efrîn einzig und alleine der türkische Staat verantwortlich ist. Er fordert, dass die Türkei wegen der Konfiszierung von landwirtschaftlichen Flächen und für das Abbrennen der Wälder verurteilt wird.