Turkmenische Guerillakämpferin: Wir kämpfen für alle Völker

Die turkmenische Guerillakämpferin Destan Gülşah kämpft dafür, den kommenden Generationen „würdevoll und stolz ins Gesicht sehen zu können“.

Destan Gülşah von der Frauenguerilla YJA-Star fordert vom türkischen Volk Empathie und Verantwortungsbewusstsein. Man müsse die Welt auch aus kurdischer Perspektive betrachten, sagt sie.

Die turkmenische Guerillakämpferin ist eine von vielen jungen Menschen, die für die Freiheit in die kurdischen Berge gehen. Der Guerilla hat sie sich am 1. September 2015 aus Amed angeschlossen. Den Zeitpunkt – Weltfriedenstag – hat sie sich bewusst ausgesucht. Für die Befreiungsbewegung interessierte sie sich schon länger und die Realität Kurdistans war ihr nicht fremd. Mit der Revolution von Rojava gelang es ihr, ihre Sympathie in eine organisierte Kraft umzuwandeln. „Für mich wurde mit der Revolution von Rojava klar, was die Ideologie Abdullah Öcalans konkret bedeutet und was die Partei überhaupt anstrebt.“ Den letzten Ausschlag für ihre Entscheidung, sich der Guerilla anzuschließen, habe der Selbstmordanschlag von Pirsûs (Suruç) am 20. Juli 2015 gegeben, bei dem 33 junge Menschen ums Leben kamen.

Ein Kampf für die gesamte Menschheit

Die kurdische Befreiungsbewegung kämpfe für die gesamte Menschheit, ohne einen Unterschied zwischen Ethnien und Religionen zu machen, meint Destan Gülşah. „Natürlich geht es bei unserem Kampf um das kurdische Volk, aber wir kämpfen für alle Völker dieser Welt. Es ist ein Befreiungskampf, der sich von Kurdistan aus auf der ganzen Welt ausbreiten wird.“

Sie sei in verschiedenen Städten zur Schule gegangen und habe gesehen, in welchen Zustand die Gesellschaft innerhalb des herrschenden Systems geraten sei, erzählt die YJA-Star-Kämpferin weiter. „Ich bin in einer kosmopolitischen Stadt aufgewachsen, in der auch viele Kurden gelebt haben. In dem Stadtteil, in dem wir gelebt haben, wurden beispielsweise kurdische Kinder nicht ärztlich behandelt. Ich weiß von Kindern, die gestorben sind, nur weil sie Kurden waren. Es herrschte ein unglaublicher Rassismus. Nur so lässt sich erklären, dass ihnen nicht einmal das Recht auf Gesundheitsversorgung und Unterkunft zugestanden wurde.“

Das türkische Bildungssystem produziert kleine Soldaten

Ein Blick auf das Bildungssystem und insbesondere die falsche Geschichtsschreibung in der Türkei reiche aus, um das Ausmaß des herrschenden Rassismus zu erkennen, fährt Destan fort. „Eigene Gedanken und sogar Fragen werden nicht zugelassen. Es werden ein sunnitisches Religionsverständnis und kleine Soldaten produziert. An den Universitäten gibt es eine faschistische Jugend, eine Widerstand leistende Jugend und eine apolitische Jugend. Um dem Staat zu gefallen, musst du Faschist sein. Dann bekommst du Arbeit und Geld, aber du bist kein guter Mensch. Du kannst den mittleren Weg wählen und wie ein mit Informationen gefütterter Computer agieren. Oder du wirst links, dann kämpfst du und bist ständig staatlicher Gewalt ausgesetzt.“

Von der Theorie zur Praxis

Sie habe sich zwar der PKK angeschlossen, aber ein wirklicher Anschluss erfordere große Anstrengungen, erklärt Destan: „Der Anschluss bedeutet, das ganze Leben dem Kampf zu widmen. Du musst mit alten Gewohnheiten brechen und dich dem Gemeinschaftsleben anpassen. Den Individualismus, den ich zu Hause gelebt habe, musste ich überwinden. Ich habe gelernt, in dieser Gesellschaft zu leben. Ich habe gelernt, die Philosophie Seroks [Abdullah Öcalan] in die Tat umzusetzen und nicht nur auf die Theorie zu beschränken. Man muss an die Wahrheit glauben und ihr leidenschaftlich verbunden sein.“

Das kurdische Volk verstehen

Sie kämpfe auch für das türkische Volk, betont Destan Gülşah. „Wir kämpfen für unser verlorenes Volk. In diesem Kampf geht es darum, unseren Kindern würdevoll und stolz ins Gesicht sehen zu können. Wir alle tragen Verantwortung. Man muss die Welt auch aus kurdischer Perspektive betrachten und Empathie mit dem kurdischen Volk aufbringen. Unser Anspruch an das Leben umfasst die ganze Welt.“