Salih Muslim berichtet von Abkommen mit syrischem Staat

Das Abkommen mit dem syrischen Regime ist ein erster militärischer Schritt, die genauen Inhalte werden noch festgelegt, erklärt der kurdische Politiker Salih Muslim (PYD) zu den jüngsten Entwicklungen in Nordsyrien.

Der PYD-Sprecher Salih Muslim hat sich gegenüber ANF zum am Sonntag geschlossenen Abkommen zwischen der Autonomieverwaltung von Nord-und Ostsyrien und der syrischen Regierung geäußert:

„Bei dem zwischen dem Regime und der Autonomieverwaltung geschlossenen Abkommen handelt es sich um ein militärisches Abkommen und einen ersten Schritt, dem Gespräche folgen werden, um es gänzlich mit Inhalten zu füllen.

Das Abkommen besagt in groben Zügen folgendes: Die Grenzsicherheit bzw. die Souveränität des Staates Syrien ist verletzt worden. Um die Souveränität zu bewahren, müssen die Grenzen gemeinsam geschützt werden. Dafür werden syrische Soldaten an der Grenzlinie zwischen Dêrik und dem Euphrat stationiert und syrische Fahnen gehisst. Die syrischen Soldaten werden sich nicht innerhalb der Städte aufhalten, sondern an bestimmten Stellen außerhalb der Städte.

Es wird keine Einmischung in die Arbeit der Autonomieverwaltung geben. Die Räte werden wie bisher ihre Arbeit fortsetzen.“

Ziel des Abkommens ist der Schutz der Bevölkerung

Ziel des Abkommens sei der Schutz der Bevölkerung, erklärt Muslim: „Die Türkei unter Führung Erdoğans hat einen Genozid vorbereitet. Die demokratischen Kräfte in Nord- und Ostsyrien haben zuvor mit den US-Amerikanern und über ihre Vermittlung mit einem Abkommen zur Grenzsicherheit versucht, diesen Genozid zu verhindern. Die USA haben sich jedoch ohne vorherige Ankündigung zurückgezogen und der türkische Staat hat mit Zehntausenden islamistischen Söldnern über Serêkaniyê [Ras al-Ain] und Girê Spî [Tall Abyad] eine auf die Besatzung Nord- und Ostsyriens und einen Genozid abzielende Invasion gestartet. Die USA haben ihren Schritt unter anderem damit begründet, dass sie nicht gegen die Türkei kämpfen wollen.“

Auch die Befreiung Efrîns steht auf der Agenda

Laut Muslim sind bereits früher diverse Gespräche mit Russland und der syrischen Regierung geführt worden, um ein Abkommen zu erzielen. Bei dem jetzt erreichten Abkommen steht auch die Befreiung Efrîns auf der Agenda, so der PYD-Sprecher: „Vor dem Rückzug der US-Amerikaner haben die Russen und das Regime ein Abkommen abgelehnt. Jetzt haben sie es akzeptiert. Die Gespräche werden fortgesetzt. Einer der wichtigen Punkte dieses Abkommens betrifft Efrîn. Nachdem die Sicherheit in der Region gewährleistet ist, soll eine Zusammenarbeit für die Befreiung Efrîns stattfinden.“

Inhalte werden in weiteren Gesprächen festgelegt

Die Gespräche sollen in wenigen Tagen in Damaskus fortgesetzt werden, teilt Salih Muslim mit. Die Eckpunkte der Verhandlungen sind folgende: „Anerkennung der Autonomieverwaltung, verfassungsrechtliche Anerkennung der kurdischen und aller anderen Bevölkerungsgruppen. Ihre Rechte sollen in der Verfassung garantiert werden. Es handelt sich um einen Prozess. Welches Ausmaß der Rahmen dieses Abkommens haben wird, werden die kommenden Gespräche zeigen.“

USA haben die türkische Invasion nicht aufgehalten

Die türkischen Angriffe können laut Muslim nur noch von Russland gestoppt werden: „Die USA haben es nicht gekonnt oder nicht gewollt. Sie haben es mit der Beharrlichkeit der Türkei begründet und mit möglichen Nachteilen in der Zukunft, wenn es zum Konflikt mit der Türkei kommt. Niemand hat die Invasion gestoppt. Die US-Amerikaner haben sich sowieso zurückgezogen, sie sind weit weggegangen. Wie es ab jetzt mit ihnen weitergehen soll, weiß ich nicht. Das ist auch nicht unser Problem. Es geht eher den syrischen Staat etwas an.“

Russland als Garantiemacht

Muslim erklärt weiter, dass sich die Gleichgewichte innerhalb weniger Tage geändert haben und diese Tatsache die syrische Regierung und Russland zu einem Abkommen gedrängt hat. Russland verfügt laut Muslim über die Stärke, die Angriffe zu stoppen, und ist die Garantiemacht des Abkommens.

„Wichtig ist jedoch die Umsetzung des Abkommens. Ob damit die Angriffe gestoppt werden, werden wir in der Praxis sehen“, sagt Muslim: „Wie gesagt haben wir uns bereits in früheren Zeiten um einen Dialog und ein Abkommen bemüht. Die Angriffe, die Entwicklungen und der großartige Widerstand haben alle Seiten dazu gezwungen, die Angelegenheit zu überdenken. Die Russen haben gesehen, dass der syrische Staat dabei verliert, wenn die Türkei die Region besetzt. Wenn sich die Türkei einmal festgesetzt hat, geht sie nicht wieder weg. Dennoch handelt es sich nicht um ein wirkliches Abkommen, sondern eher um ein Vorgespräch.“

Zusage einer Flugverbotszone

„Der Krieg wird weiter gehen. Die Türkei greift mit aller Kraft an. An diesem Punkt werden die syrischen Soldaten nicht gegen die Türkei kämpfen, wir werden kämpfen. Die Präsenz der Regimetruppen an der Grenze wird die Souveränität des syrischen Staates repräsentieren.

Es ist noch ein weiteres Versprechen gegeben worden. Russland und das Regime haben zugesagt, den Luftraum über Nord- und Ostsyrien für türkische Flugzeuge zu schließen und sich gegen Luftangriffe zu stellen. Das wäre eine Unterstützung des Widerstands, der von der Bevölkerung und den QSD [Demokratische Kräfte Syriens] geleistet wird.“

Keine IS-Gefangenen freigelassen

Zur Äußerung des US-Präsidenten Trump, dass „die Kurden“ gefangene Islamisten freilassen könnten, um die USA in den Krieg hineinzuziehen, erklärt der PYD-Sprecher Salih Muslim:

„Wir haben niemanden freigelassen. Einigen ist aufgrund der türkischen Bombardierungen in der Nähe der Gefängnisse und Camps die Flucht gelungen. Beispielsweise ist die Umgebung des Gefängnisses und des Camps in Ain Issa bombardiert worden. In Ain Issa waren auch US-Militärs. Warum haben sie geschwiegen, als die Türken bombardiert haben? Warum haben sie die Türkei nicht aufgehalten? Eine Kriminalisierung der Kurden nützt niemandem.“