Reuters: Türkei öffnet Grenzen nach Europa

Die türkische Regierung hat entschieden, syrischen Flüchtlingen nicht mehr den Weg nach Europa zu verwehren. Polizei, Küstenwache und Grenzschutz hätten bereits die Anweisungen erhalten, Schutzsuchende ungehindert passieren zu lassen.

Die Türkei hat offenbar beschlossen, syrischen Flüchtlingen nicht mehr den Weg nach Europa zu verwehren. Wie die Nachrichtenagentur Reuters mit Verweis auf einen Offiziellen der Regierung berichtet, sollen Polizei, Küstenwache und Grenzschutz bereits die Anweisungen erhalten haben, Schutzsuchende ungehindert passieren zu lassen. Auch die Grenze zwischen Syrien und der Türkei soll für Flüchtlinge geöffnet werden. Hintergrund sei die erwartete Ankunft von Hunderttausenden syrischen Flüchtlinge, die aus der umkämpften Provinz Idlib geflohen sind.

Die Öffnung der Grenzen nach Europa dürfte Auswirkungen auf das seit März 2016 bestehende Migrationsabkommen zwischen der Türkei und der EU haben. Bisher haben die türkischen Behörden die Flüchtlinge auf Basis dieses Deals, der mit dem Ziel geschlossen wurde, die Flüchtlingszahlen über die Türkei nach Europa zu reduzieren, gestoppt. 

In der Reaktion von Erdogan, die Grenzen für Flüchtlinge in Richtung Europa zu öffnen, vermuten Experten den Versuch, den Druck auf die Nato-Partner zu erhöhen und diese zu einem Eingreifen in Idlib zu bewegen.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan droht der EU immer wieder mit Grenzöffnung, zuletzt im vergangenen Oktober, als EU-Staaten den völkerrechtswidrigen Angriff auf Nordsyrien als Invasion bezeichneten. Im September forderte er mehr Unterstützung für die syrischen Flüchtlinge in der Türkei. Andernfalls würde er die Grenzen Richtung Europa wieder öffnen. 

Idlib ist die letzte große Dschihadisten-Bastion in Syrien. Die Lage dort eskaliert zusehends. Am Donnerstag starben bei russischen Luftangriffen Dutzende türkische Soldaten. Die Türkei unterstützt in dem Konflikt den Al-Qaida-Ableger Hayat Tahrir al-Sham (HTS), ein von al-Nusra dominiertes Dschihadistenbündnis, während Moskau auf der Seite des Regimes steht.

Mit Russland als Schutzmacht der syrischen Regierung hatte Ankara ein Abkommen getroffen, um in Idlib eine Deeskalationszone einzurichten. Dort wurden insgesamt zwölf türkische Beobachtungsposten eingerichtet. Eigentlich gilt auch eine Waffenruhe. In den vergangenen Wochen rückten syrische Regimetruppen mit russischer Unterstützung jedoch im Rahmen ihrer Offensive immer weiter vor und eroberten zahlreiche Orte wieder zurück.

Erdogan hat wiederholt eine Invasion in Idlib angedroht, sollte sich die syrische Armee nicht zurückziehen. Ein entsprechendes Ultimatum in Richtung Damaskus soll Ende Februar auslaufen. Gleichzeitig laufen Verhandlungen mit Russland.