Neue Phase im Besatzungsplan gegen Südkurdistan

In der neuen Phase des Besatzungsplans der AKP-MHP-Regierung für Südkurdistan wird neben einer Siedlungspolitik in Kerkûk ein innerkurdischer Krieg angestachelt.

Der türkische Staat versucht seine Besatzungspläne im Irak und Südkurdistan mit einer strategischen Zusammenarbeit mit der PDK auf eine neue Stufe zu heben.

Am 12. Mai fanden Wahlen im Irak statt. Die Aufgabe der Regierungsbildung wurde dem am 2. Oktober gewählten Premierminister des Iraks Adil Abdelmahdi übertragen. Abdelmahdi stellte am 25. Oktober sein Kabinett zur Abstimmung vor. Das Parlament bestätigte 14 Minister und legte bei acht Ministern ein Veto ein. Das Parlament hätte vor zwei Wochen einberufen werden sollen, um über die acht neuen Minister abzustimmen, tat dies jedoch nicht. Es kam dann am Dienstag vergangener Woche zusammen, allerdings ist vollkommen unklar, was dabei herauskam. Es hatte schon vor der Feststellung der acht Minister eine Krise um die Besetzung der Posten des Innenministers und des Justizministers gegeben.

Die Akteure und die Ursache der Krise

Muqtada al-Sadr, Führer des Sairun-Bündnisses, welches die Mehrheit bei den irakischen Wahlen bekam, hatte erklärt, er persönlich werde kein Teil der neuen Regierung sein, stelle aber Bedingungen zur Form dieser auf. Unter anderem wollte er, dass einige Ministerposten nicht von Parteimitgliedern, sondern von reinen Bürokraten besetzt werden. Als der Gründer und Führer von Hashd al-Shaabi und Verantwortliche für Justiz unter Nuri al-Maliki, Falih Fayaz als Kandidat für das Amt des Innenminister aufgestellt wurde, legte Sadr Widerspruch ein. Sadr erinnerte daran, unter welchen Bedingungen er Abdelmahdi Unterstützung gegeben habe und kündigte an, er würde ihm diese entziehen. Der dem Iran nahestehende Vorsitzende der Koalition für Rechtsstaatlichkeit Nuri al-Maliki protestierte: „Wir werden nicht erlauben, dass Falih Fayaz oder andere Kabinettsmitglieder ausgetauscht werden.“ Diese Haltung von Hadi al-Amiri und Nuri al-Maliki, denen doch die Bedingungen Sadrs von Anfang an klar waren, werden in der Öffentlichkeit als Versuche interpretiert, die Bildung einer Regierung, die nicht unter ihrer Kontrolle steht, zu sabotieren und dass dies auch ein Produkt des Konfliktes zwischen dem Iran und USA gemeinsam mit Saudi-Arabien sei.

Die Rolle Barzanîs

Eine weitere Dimension gewinnt die Krise, wenn man sich vor Augen führt, dass zuvor am 22. November Mesud Barzanî in Bagdad war. Es gibt Meinungen, dass sich Mesud Barzanî, Hadi al-Amiri und Nuri al-Maliki in der Frage der Besetzung des Innenministerpostens abgesprochen hätten. Die YNK versucht diese Meinungen als Tatsache darzustellen. Es heißt Barzanî, al-Maliki und al-Amiri hätten Abdul-Mahdi unter Druck gesetzt und sich auf die Verweigerung der Besetzung des Amtes des Justizministers durch einen Kandidaten der YNK, wie es nach dem irakischen Proporzsystem vorgesehen gewesen wäre, geeinigt. So geschah es auch, und das Justizministerium blieb der YNK vorenthalten. Die YNK erklärte daraufhin, sie werde sich aus der irakischen Regierung und dem irakischen Parlament zurückziehen.

Risiko des schnellen Zusammenbruchs

Diese doppelte Krise brachte Abdelmahdis Regierung – noch bevor zwei Monate vergangen waren – an den Rand des Zusammenbruchs. Die YNK schickte eine Delegation zur Lösung der Krise nach Bagdad. Es fanden einige Treffen statt, deren Ergebnisse allerdings der Öffentlichkeit nicht bekannt gegeben wurden. Die PDK schickt am Anfang der nächsten Woche eine Delegation nach Bagdad, um die möglichen Ergebnisse, welche die Verhandlungen erzielt haben, zu vereiteln.

Barzanîs Agenda

Doch auf Barzanîs Agenda stand nicht nur zu verhindern, dass die YNK das Justizministerium bekommt. Barzanî wollte zeigen, dass trotz der Tatsache, dass Barham Salih gegen Barzanîs Willen das Amt des Präsidenten bekleidet, er selbst weiterhin die Autorität und der Ansprechpartner für Südkurdistan ist. Außerdem hatte er vor, das Abkommen zwischen einigen Fraktionen der PDK und der Türkei in Bezug auf Kerkûk durch ein Treffen mit dem Führer der vom türkischen Geheimdienst MIT gegründeten Turkmenenfront ITC, Erşad Salihi, in Bagdad offiziell zu machen.

Die YNK in einen Kampf mit der PKK hineinziehen

Die PDK begnügte sich aber nicht damit in Bagdad Einfluss zu nehmen, sondern startete auch ein Täuschungsmanöver in Südkurdistan. Das Innenministerium der Regionalregierung entschied, die Partei Tevgera Azadî zu schließen, aber man ließ diese Entscheidung den stellvertretenden Ministerpräsidenten Qubat Talabani verkünden. Damit zielte man auf folgendes ab:

* Die YNK und die kurdische Freiheitsbewegung gegeneinander in Stellung zu bringen

* Die YNK zur Kooperation mit der Türkei zu bringen

* Die YNK dazu zu bringen, die Schließungsentscheidung trotz des offiziellen Status von Tevgera Azadî umzusetzen und so Probleme zwischen Bagdad und der YNK zu erzeugen.

* Qubat Talabani in eine schwierige Position gegenüber Bagdad zu bringen und Unstimmigkeiten innerhalb der YNK anzuheizen.

Aufteilung in der Familie

Während sich die YNK mit diesen Problemen zu beschäftigen hatte, schloss die PDK in Höchstgeschwindigkeit ihre Gespräche ab und teilte die Regierung von Südkurdistan untereinander auf. Die Präsidentschaft, der Ministerpräsident und das Amt des Staatssekretärs für Nationale Sicherheit gingen alle an Barzanî. Die YNK stellt sich dem entgegen, während die PKD mit ihrem Festhalten daran eine Fortsetzung der doppelten Verwaltung Südkurdistans vorantreibt.

Der Türkei reicht dieses Agieren durch Marionetten nicht

Auch wenn der türkische Staat mit all diesem Bemühen der PDK zufrieden ist, so reicht ihm das nicht aus, er möchte selbst eingreifen. Der türkische Staat arbeitet daran, einen Krieg zwischen PDK, YNK und PKK auszulösen und die YNK von Bagdad zu trennen. Die YNK scheint nach einer kurzfristigen Fehlkalkulation diesen Plan erkannt zu haben, aber es ist nicht klar, ob sie Schritte einleiten wird, um diesen zu korrigieren.

Der türkische Plan ist schmutzig und mit großen Anstrengungen verbunden, aber ob er Erfolg haben wird, liegt bei den Kurden, der PDK und der YNK im Besonderen. Es liegt an ihrem Willen, ob sie sich dem Einfluss der Kolonialmächte widersetzen wollen oder nicht.