Karlsruher Bürgermeister wendet sich an türkischen Generalkonsul

Aus Sorge über die aktuellen Entwicklungen in Karlsruhes Projektpartnerstadt Wan schreibt Oberbürgermeister Mentrup an den türkischen Generalkonsul Nevzat Arslan und bittet Außenminister Heiko Maas um Unterstützung.

Aus einer Pressemitteilung des Presse- und Informationsamtes der Stadt Karlsruhe ist zu entnehmen, dass sich der Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup mit einem Schreiben an den türkischen Generalkonsul Nevzat Arslan gewendet hat, um seine Besorgnis über die aktuellen Entwicklungen nach der Amtsenthebung der demokratisch gewählten Oberbürgermeisterin Bedia Özgökçe Ertan von Karlsruhes Projektpartnerstadt Wan (Van) auszudrücken. In der Mitteilung heißt es:

Nach der Amtsenthebung der demokratisch gewählten Oberbürgermeisterin von Karlsruhes türkischer Projektpartnerstadt Van wendet sich Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup in einem Schreiben an den türkischen Generalkonsul Nevzat Arslan und bittet ihn, seine Besorgnis über die aktuellen Entwicklungen in Van an die türkische Regierung weiter zu leiten. Ebenso bittet er Außenminister Heiko Maas um Unterstützung und um Information der Öffentlichkeit.

Wörtlich schrieb Mentrup an Nevzat Arslan: „Wie ich erfahren habe, wurde die demokratisch gewählte Oberbürgermeisterin unserer Projektpartnerstadt Van, Frau Bedia Özgökçe Ertan, ihres Amtes enthoben. Diese Entwicklung in Van verfolgen wir hier in Karlsruhe mit Besorgnis, gerade im Hinblick auf die Ereignisse im November 2016, als auch der damalige gewählte Oberbürgermeister Bekir Kaya und seine Co-Oberbürgermeisterin Hatiçe Çoban abgesetzt wurden. Dass Bekir Kaya bis heute in Haft ist und dass nun auch seine Nachfolgerin Bedia Özgökçe Ertan zwangsweise ihr Amt aufgeben musste, macht uns große Sorgen."

Durch die Projektpartnerschaft zwischen Karlsruhe und Van, die im September 2015 vom Karlsruher Gemeinderat beschlossen und im Rahmen des Delegationsbesuchs aus Van im August 2016 ratifiziert worden war, bestehe in Karlsruhe ein besonderes Interesse an der Situation vor Ort.

Vom 7. bis 12. Juli 2019 sei Bedia Özgökçe Ertan als Oberbürgermeisterin der Projektpartnerstadt in Karlsruhe zu Gast gewesen. Mentrup hat „sie als selbstbewusste und mutige Politikerin kennengelernt, die sich für die Stadt Van und deren Entwicklung mit Weitblick und großem persönlichem Engagement einsetzt. Ihr liegen die Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger sehr am Herzen. Viele Projekte im Bereich des Klimaschutzes, der ökologischen Entwicklung und der Stärkung der Infrastruktur zum Wohle der Menschen sind zwischen Van und Karlsruhe vorstellbar."

Als Oberbürgermeister von Vans Projektpartnerstadt und der Stadt, die bekannt ist als „Residenz des Rechts" und „Wiege der deutschen Demokratie", machen Mentrup nun „die Entwicklungen in Karlsruhes Projektpartnerstadt und anderen Städten der Türkei sowie die vielen Einschränkungen zivilgesellschaftlicher Aktivitäten sehr betroffen". Er sieht es „als unerlässlich, die Werte der Demokratie zu bewahren und zu schützen, der kommunalen Selbstverwaltung und ihren von den Menschen gewählten Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern kommt dabei eine besonders wichtige Rolle zu. Die erneute Absetzung demokratisch gewählter Oberbürgermeister steht im Widerspruch zu den Grundwerten der Demokratie wie Meinungsfreiheit, Rechtssicherheit oder Gewaltentrennung. Dies hat Auswirkungen auf das politische Klima im gesamten Land und betrifft auch unsere Projektpartnerschaft. Eine Partnerschaft begründet sich schließlich immer auf den Kontakt zwischen Menschen, getragen von demokratisch gewählten Stadtoberhäuptern. Mit der Absetzung meiner Amtskollegin Bedia Özgökçe Ertan wird dieser Kontakt wieder unterbrochen zum Nachteil der Bürgerinnen und Bürger beider Städte."

Die Begründung der Amtsenthebung mit dem allgemeinen Begriff Terrorgefahr entspricht nach Mentrups Auffassung „keinen rechtsstaatlich nachvollziehbaren Abläufen. Das extrem harte Einschreiten gegen kritische Stimmen und gewählte Stadtoberhäupter und somit gegen demokratisch gewählte Vertreterinnen und Vertreter der Bevölkerung ist eine drastische Beschränkung der Meinungsfreiheit; dieses Vorgehen scheint mir ebenso unverhältnismäßig wie das bewusste Unterbinden von Informationsmöglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger".

Mentrup bittet Arslan daher freundlich, seine „Besorgnis über die aktuellen Entwicklungen in Van an die entsprechenden Stellen innerhalb der türkischen Regierung in Ankara weiterzuleiten" und wäre Ihm dankbar, „nähere Informationen zu den Vorgängen in Van zu erhalten". Er schreibt: „Bitte setzen Sie sich für meine demokratisch gewählte Kollegin Bedia Özgökçe Ertan und eine Rückkehr zu rechtsstaatlich nachvollziehbaren Abläufen ein. Gerne hoffe ich, dass sich die Lage stabilisiert und wir bald wieder die Städtepartnerschaft mit Van lebendig und erfolgreich fortsetzen können".

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