IS-Dschihadist: Wir planten unsere Angriffe in der Türkei

Abu Ali al-Baki war Mitglied der aktivsten IS-Zelle in der Region Cizîrê in Rojava. Er sagt aus, dass die Angriffe der Zelle in der Türkei geplant wurden und sich die IS-Dschihadisten dort frei bewegen konnten.

Das IS-Mitglied Abu Ali al-Baki ist vom Militärgeheimdienst der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) festgenommen worden. Die Nachrichtenagentur ANHA sprach mit ihm über die Massaker, an denen er beteiligt war, und die Unterstützung der Türkei für den „Islamischen Staat“.

Als die QSD Deir ez-Zor, Hajin und al-Bagouz befreit hatten, verließ Abu al-Beki die Region und stellte sich in der Türkei. Anschließend wurde er nach Efrîn geschickt und gelangte über die Vermittlung der protürkischen „Schutzschild Euphrat“-Milizen schließlich nach Nordostsyrien.

Mitglied der gefährlichsten Zelle

Abu Ali al-Baki heißt mit echtem Nahmen Bashar al-Khalaf Derwesh und stammt aus einem Dorf in der Nähe von, Til Temir in Nordsyrien. Er hatte sich mit drei seiner Brüder al-Nusra angeschlossen und war 2014 zum IS gewechselt. Beim IS nahm er an vielen Angriffen in Nord- und Ostsyrien sowie im Irak teil. Die Zelle, in der al-Baki agierte, gilt als die gefährlichste Zelle Nordostsyriens. Wie er selbst berichtet, befindet sich sein Cousin Nazir Khalaf (Abu Shihab al-Din) im Moment als Kommandant der Tebok-Brigade des IS in Efrîn. Diese Brigade führt im Auftrag des MIT Razzien in Efrîn durch. Die Mehrheit der Mitglieder dieser Spezialeinheit stammt aus Hesekê, Til Temir und Şedadê in Nordostsyrien. Al-Baki spricht von engen Beziehungen der Einheit zum türkischen Geheimdienst MIT.

70 Verwandte von al-Baki haben sich dem IS angeschlossen

Die enge Verbindung zwischen großen Teilen von al-Bakis Familie und dem IS ist weithin bekannt. Über 70 Mitglieder der Familie sind beim IS. Ein Teil von ihnen wurde getötet, der andere Teil, etwa 40 Personen, lebt in Riha (Urfa) und Kilis auf türkischem Staatsgebiet. Sie alle hatten sich ebenso wie al-Baki auf Betreiben des außenpolitischen IS-Verantwortlichen Ibrahim al-Raqawi der Terrormiliz angeschlossen.

In Kilis medizinisch behandelt

Als al-Baki bei einem Angriff des IS auf Til Temir verletzt wurde, wurde er über den Grenzübergang Bab-al-Hawa in die Türkei gebracht und dort medizinisch behandelt. Al-Baki berichtet, dass für ihn der für Besucher in Kilis zuständige Abu Dschihad al-Idlibi verantwortlich gewesen sei. Auf die Frage, ob sich der IS denn in der Türkei überhaupt bewegen konnte, antwortet al-Baki: „Wir konnten uns in der Türkei entspannt bewegen.“ Nach seiner Behandlung kehrte er wieder zum IS nach Syrien zurück.

Wie wurden die Dschihadisten in die Türkei geschickt?

Mit der Befreiung der Gebiete in Deir ez-Zor traten viele IS-Dschihadisten die Flucht in die Türkei an. Al-Baki war vor allem in Şedadê stationiert, von dort floh er nach Sor und dann ins Dorf Abu Hamam. Noch vor der Befreiung der Region wurde al-Baki gemeinsam mit seinem Bruder Derwish Hidir Khalaf Derwish und zwei weiteren Dschihadisten nach Kilis in die Türkei geschickt. In der Türkei wurde er vom IS-Geheimdienstverantwortlichen Abu Asad al-Kilesi empfangen.

Koordination zwischen IS und Türkei dauert an

Abu Asad al-Kilesi wird im Moment in einem Krankenhaus in Riha (Urfa) behandelt. Seine Aufgabe ist es, für den Grenzübertritt der in die Türkei gekommenen Dschihadisten nach Efrîn zu sorgen und sie dort zur Miliz Ahrar al-Sharqiya zu schicken. Die Miliz stellt den IS-Dschihadisten falsche Dokumente aus. Al-Kilesi arbeitet unter Abu-Muaz, dem für die Regionen Hesekê und Şedadê verantwortlichen Dschihadisten-Kommandanten.

Al-Baki berichtet weiter: „Nach dem Treffen bin ich nach Efrîn gegangen. Ich habe in Efrîn dutzende Cousins. Mein Cousin Abu Cimo Ras Ayn ist Kommandant einer Einheit der Ahrar al-Sharqiya.“ Al-Baki räumt ein, dass sich viele IS-Kommandanten in Efrîn aufhalten und dort mit der türkischen Besatzungsmacht zusammenarbeiten. Auch al-Baki selbst war nach seiner Flucht in die Türkei von dort zur Miliz Ahrar al-Sharqiya nach Efrîn geschickt worden.

Idlib ist zum Zentrum für Angriffe auf Nord- und Ostsyrien geworden

Die Aussagen des ebenfalls inhaftierten Dschihadisten Abu Muaz bestätigen al-Bakis Angaben. Er berichtet, dass der IS ein Kommando namens „Scharia-Komitee“ in Idlib habe. Dieses Komitee koordiniert Angriffe auf Nord- und Ostsyrien. Abu Muaz betont, Idlib sei zum Zentrum für Angriffe auf Nord- und Ostsyrien geworden. Nach seinen Angaben befinden sich IS-Kommandanten im gesamten von der Türkei besetzten „Schutzschild Euphrat“-Gebiet. Sie hätten sich dorthin nach ihrer Niederlage in Deir ez-Zor zurückgezogen und dort Zuflucht gefunden. Muaz erklärt, dass sich der IS unter türkischer Besatzung reorganisiert. Insbesondere die Zusammenarbeit zwischen Ahrar al-Sharqiya und dem IS sei gut durch Dokumente belegt.

Nach der Niederlage des IS

Nachdem al-Baki eine Weile in Efrîn war, ging er unter falscher Identität nach Minbic und dann nach Raqqa. Da al-Baki in Raqqa unbekannt war, wurde er dort stationiert. Nach al-Baki kam auch sein Bruder Derwish Hidir auf dem gleichen Weg aus der Türkei und wurde in Raqqa in Stellung gebracht.

Bis zur Zerschlagung des IS-Geheimdienstes in der Region agierte die Zelle auf Befehl von al-Kilesi, anschließend riss die Verbindung ab und andere Strukturen griffen. Die Zelle um al-Baki verübte mehrere schwere Anschläge. So war al-Baki an dem Mordanschlag am 29. Dezember 2018 auf den Ko-Vorsitzenden des Legislativrats von Deir ez-Zor, Merwan al-Fatah, und dem Anschlag am 12. Januar 2019 auf eine Patrouille der internationalen Koalition in Şedadê beteiligt. All diese Angriffe wurden von Abd al-Rezaq Hamad al-Salama geleitet. Al-Baki spielte auch eine Rolle bei einem Anschlag auf drei Mitglieder der Sicherheitskräfte im Dorf Abyad, bei dem drei Mitglieder des Asayish getötet wurden.

Al-Bakis Zelle bestand aus drei weiteren Personen: Derwish Khalaf Derwish, Yahya Abd al-Rezaq (Tewil) und Abu Semah al-Odja. Die Kräfte der Inneren Sicherheit führen ihre Ermittlungen gegen die Zelle weiter. Die Zelle hat alle ihre Anschläge gemeinsam vorbereitet. Abu Ali al-Baki versuchte zuletzt eine neue Zellenstruktur aufzubauen, um die Zahl der Anschläge zu erhöhen.