Einer der Betroffenen des PKK-Verbots: Apê Vahap

Vahap Göğebakan ist seit 32 Jahren Aktivist des kurdischen Vereins in Berlin, alle kennen ihn als Apê Vahap (Onkel Vahap). Wie so viele Kurdinnen und Kurden in Deutschland ist er einer der Betroffenen des PKK-Verbots in Deutschland.

Apê Vahap stammt aus dem Dorf Gogebaqan in Meletî-Arxa (tr. Göğebakan in Malatya-Akçadağ). 1969 ist er nach Deutschland gekommen und ist sich erst hier seiner kurdischen Identität bewusst geworden. „Ich habe erst sehr spät erfahren, dass ich Kurde bin. Alle bezeichneten mich als Kurde, aber ich sah mich als türkischer Moslem. Damals empfand ich es als ehrverletzend, Kurde zu sein“, sagt er heute.

Nach Deutschland kam Apê Vahap als Arbeiter. Er ging in linke Vereine und erst 1989 fand er den Weg in den kurdischen Verein in Berlin. Seitdem ist er Aktivist der kurdischen Bewegung und verbringt heute die meiste Zeit in den Räumlichkeiten der Freien Kurdischen Gemeinde e.V. (Navenda Kurdistaniyen Azad li Berlin). Obwohl er nicht mehr der Jüngste ist, versäumt er keine der stattfindenden Demonstrationen und Aktivitäten. Man sieht ihn Parolen rufen, Fahnen tragen oder am Steuer des Autos, das die notwendigen Materialien zur Demonstration bringt.

1993 war Apê Vahap dabei, als gegen das Verbot einer Newroz-Veranstaltung an der Technischen Universität Berlin protestiert wurde. Als die Polizei die Anwesenden angriff, versuchten einige junge Kurden aus Protest eine Selbstverbrennung. Von diesem Tag erzählt Apê Vahap: „Universitäten waren für mich wie ein heiliger Ort, das ist noch immer so. Und Europa galt für mich als Wiege der Demokratie und Freiheiten. Dass den Kurden das Feiern verboten und die Türen einer Universität verschlossen werden, war für mich unvorstellbar. Ich war erschüttert. Wie der Protest dann angefangen hat, habe ich gar nicht mitgekriegt. Als ich gegen die Selbstverbrennungen intervenierte, wurde ich auch von den Flammen erfasst.“

Die Kurden werden mit dem PKK-Verbot beleidigt“

Zum PKK-Verbot in Deutschland sagt Apê Vahap: „Unter dem Decknamen des PKK-Verbots werden die Kurden beleidigt. Momentan hat die feindliche Haltung den Kurden gegenüber einen Höhepunkt erreicht.“

Die PKK ist 1993 vom Bundesinnenminister verboten worden. Die Kurd:innen reagierten darauf sowohl mit Sorge als auch mit Verblüffung. Apê Vahap war vor allem enttäuscht: „In der damaligen Zeit gab es Sympathie für die Demokratie Europas. Der türkische Staat sagte: ,Europa organisiert die Kurden“. Er machte Propaganda, dass Europa auf der Seite der Kurden steht. Ich persönlich habe daran geglaubt, dass Europa und Deutschland den Kurden helfen wird und geholfen hat. Als dann plötzlich das Verbot kam, haben wir gesehen, dass Europa nicht helfen will, sondern den Todesbefehl für die Kurden unterschrieben hat. Mit dem Verbot haben wir auch gesehen, dass die Vernichtung der Kurden und ihr Auseinanderreißen von Europa betrieben wird.“

Organisations- und Versammlungsfreiheit sind Grundrechte

Mit dem Verbot der PKK wurden die Kurd:innen kriminalisiert. Ihre Aktivitäten wurden verboten oder verhindert, sie wurden angegriffen und zu Geld- und Haftstrafen verurteilt. Als Apê Vahap von der erfahrenen Repression erzählt, weist er auch auf das willkürliche Vorgehen der Polizei hin: „Die Polizei war heuchlerisch. Auf der einen Seite hat sie die Kurden kriminalisiert, auf der anderen Seite die eigenen Gesetze verletzt. Sie behindert Demonstrationen, obwohl die Organisations- und Versammlungsfreiheit Grundrechte sind. Beispielsweise zettelt sie Provokationen an, wenn wir demonstrieren. Oder sie erfindet irgendwelche Gründe und sagt: ,Diese Aktion kann hier nicht stattfinden.' Sie gibt keine Genehmigung und sagt: ,Ihr seid Terroristen und PKK-Anhänger.' Auf der einen Seite heißt es, dass auch Kurden Rechte haben, aber auf der anderen Seite wird alles kriminalisiert, wenn der Name PKK auftaucht.“

Geldstrafen für Bücher über Kurdistan

Auch Apê Vahap ist Opfer des PKK-Verbots. Seine Wohnungstür wurde aufgebrochen, als er nicht zu Hause war, ein anderes Mal wurde er zu einer Geldstrafe verurteilt, weil ein Buch über den Befreiungskampf bei ihm gefunden wurde. Wie viele Verfahren schon gegen ihn gelaufen sind, weiß er gar nicht mehr genau, aber es müssen über 4000 Euro sein, die er bereits an Geldstrafen gezahlt hat:

„Ich bin bestraft worden, weil ich Schriften über die Freiheit Kurdistans gelesen haben. Meistens waren es Geldstrafen. Nachdem 1993 das PKK-Verbot erlassen wurde, ist meine Tür aufgebrochen und meine Wohnung betreten worden. Es wurden erfundene Begründungen dafür genannt. In dem Verfahren, in dem meine Tür aufgebrochen wurde, habe ich überhaupt keine Strafe bekommen. Später sind sie noch einmal in meine Wohnung gekommen. Die Polizisten sagten: ,Schau, dieses Mal haben wir die Tür nicht aufgebrochen und gewartet, bis zu kommst.' Bei der Gerichtsverhandlung davor hatte ich gesagt: ,Warum ist meine Tür kaputt gemacht worden? Sollen sie doch kommen und Tee oder Kaffee trinken, sollen sie suchen und wieder gehen.' Ich weiß nicht, ob die Polizisten intern sanktioniert worden sind, aber ganz offensichtlich sind ihnen die Ohren langgezogen worden und beim nächsten Mal haben sie gesagt, dass sie auf mich gewartet haben. Die Begründung war, dass ich Zeitschriften kaufe und Demokratie und Freiheit in Kurdistan will. Oder es lag daran, dass ich es nicht akzeptiere, wenn Überzeugungen oder Völker beleidigt werden, und dass ich dagegen protestiere. Drei bis fünf Mal habe ich Geldstrafen wegen angeblicher Verstöße gegen das Vereinsgesetz bekommen. Dabei wurde nicht einmal konkret aufgeführt, in welchen Verein ich gegangen sein und wie ich gegen das Gesetz verstoßen haben soll. Einmal habe ich eine Strafe wegen einem Buch über die Kurden und die kurdische Geschichte bekommen.“

Das PKK-Verbot ist Unrecht

Apê Vahap betont, dass das PKK-Verbot in Deutschland Unrecht ist und endlich aufgehoben werden muss: „In Deutschland wird auf der einen Seite von dem Recht auf Muttersprache und Demokratie geredet, auf der anderen Seite werden die Verbote angezettelt. Wem haben die Kurden etwas getan? Wen verleugnen sie? Wenn irgendein Volk verleugnet und erniedrigt wird, dann sollte das verboten werden. Aber die Menschen, die hinter der kurdischen Sache stehen, beleidigen keine Glaubensgemeinschaften oder Völker, im Gegenteil, sie treten für die Rechte aller ein.“