Şengal-Proteste in Rojava

In Rojava sind am Sonntag tausende Menschen auf die Straße gegangen, um auf die bedrohliche Situation in Şengal aufmerksam zu machen. Die irakische Armee hat in den letzten Tagen rund 8000 Soldaten in das ezidische Siedlungsgebiet in Südkurdistan verlegt.

In Rojava sind an diesem Sonntag tausende Menschen auf die Straße gegangen, um auf die bevorstehende Besatzung von Şengal durch die irakische Armee und bewaffnete Einheiten der südkurdischen Regierungspartei PDK aufmerksam zu machen. Bei den Protesten in Kobanê, Til Koçer und Tell Brak wurde gegen das im Oktober zwischen der irakischen Zentralregierung und der PDK geschlossene Abkommen über die Kontrolle des ezidischen Siedlungsgebiets protestiert und die Anerkennung des demokratischen Autonomierates von Şengal (MXDŞ) gefordert.

In Kobanê hatten sich etliche Menschen am Qada Jina Azad, dem Platz der freien Frau versammelt, um im Anschluss mit einer Demonstration durch die Stadt zu ziehen. Die zentrale Botschaft, die auch auf dem Fronttransparent stand, war klar: „Nieder mit Besatzung und Verrat, es lebe die Selbstverwaltung“. Am Şehîd-Egîd-Platz mündete der Marsch in eine Kundgebung. Die erste Rede hielt Barîn Kobanê im Namen des Kantonsrats.

Kobanê

„Diejenigen, die heute die Kontrolle über Şengal beanspruchen, sind jene Kräfte, die sich gestern beim ezidischen Genozid durch den IS durch Flucht entzogen haben. Niemand soll erwarten, dass die Überlebenden des Völkermords die Entscheidung über ihre Zukunft denen überlassen, die sie dem sicheren Tod überließen. Wir alle wissen, dass diese Kräfte die Freiheit der Völker Şengals vernichten wollen“, sagte Kobanê. Nach ihr ergriff Muhammed Şahin als Ko-Vorsitzender des Exekutivrats der Autonomieverwaltung in der Euphrat-Region das Wort. Der Politiker erinnerte an die tausenden Toten des IS-Überfalls auf Şengal am 3. August 2014 und die verschleppten Frauen und Kinder. „Unzählige Frauen sind auf sogenannten Sklavenmärkten verkauft worden, viele von ihnen werden bis heute vermisst. Wir begreifen dieses große Unrecht an den Angehörigen des Ezidentums, einer uralten monotheistischen Glaubensgemeinschaft, als einen äußerst brutalen, genozidalen Angriff auf die historischen Wurzeln des kurdischen Volkes“, erklärte Şahin. Diejenigen, die den Genozid und Femizid in Şengal zuließen, würden sich mit dem Abkommen zwischen Bagdad und Hewlêr nun eines weiteren großen Unrechts schuldig machen.

Kobanê

„Wir verurteilen dieses Komplott gegen Şengal und rufen die Völker dieser Welt auf, die Menschen in der Region bei der Verteidigung ihrer Existenz und ihren Errungenschaften für ein Leben in Freiheit und Würde zu unterstützen. Über die Zukunft eines Volkes darf niemand anderes entscheiden als das Volk selbst“, sagte Şahin.

In Tell Brak fand ebenfalls eine Demonstration statt. Abdullselam El-Hesani vom zivilen Kreisrat unterstrich in einer Ansprache, dass das Abkommen über Şengal auf Druck der Türkei und der USA unter Schirmherrschaft der UN zustande kam. „Dies verdeutlicht ein weiteres Mal, dass Şengal zu den Hauptangriffszielen des türkischen Staates gehört. Die Türkei hat es wie hier auch in den dortigen Gebieten auf die friedliche Koexistenz abgesehen. Sie will nicht nur die Stabilität in Nordostsyrien, Şengal und dem restlichen Kurdistan vernichten, sondern darüber hinaus im gesamten Mittleren Osten.“ Regionale wie internationale Staaten würden mit ihrem Stillhalten in dieser Frage dem türkischen Aggressor den Rücken stärken, so El-Hesani.

Tell Brak

An der Protestveranstaltung in Til Koçer beteiligte sich vor allem Frauen, die lautstark Parolen gegen die Besatzungsvorbereitungen gegen Şengal skandierten. Nawaf Khedan, der Ko-Vorsitzende des Kreisrats, bezeichnete das Abkommen als einen „Angriff auf die Rechte des ezidischen Volkes“. Khedan forderte die Bevölkerung Nord- und Ostsyriens auf, ihre Stimme geschlossen für Şengal zu erheben.

Protest in Til Koçer