Türkischer Staat organisiert IS in al-Bab

Ähnlich wie in den besetzten Gebieten in Efrîn und Şehba rekrutiert der türkische Staat auch in al-Bab IS-Mitglieder für seine Besatzungstruppen.

Wie bereits zwischen 2016 und 2017 reorganisiert der türkische Staat in den von ihm in Syrien besetzten Gebieten geflohene IS-Dschihadisten in die unter dem fadenscheinigen Etikett „Freie Syrische Armee“ (FSA) bezeichneten Milizen.

Al-Bab im Nordwesten Syriens ist mittlerweile zu einem Zentrum der Reorganisierung, Bewaffnung und Reaktivierung geflohener IS-Dschihadisten geworden. Ein Teil der in Efrîn, Şehba und dem Rand von Minbic einsickernden IS-Dschihadisten wurde nach Recherchen vor Ort auch nach Idlib weitergereicht. Mittlerweile konnte die Identität mehrerer in Efrîn, al-Bab, Azaz und Cerablus vom türkischen Staat eingesetzten IS-Dschihadisten ermittelt werden. Die Dschihadisten wurden zunächst in al-Bab gesammelt und dann auf Anordnung des türkischen Geheimdienst MIT in unterschiedliche Regionen verteilt. Al-Bab wurde aufgrund seiner zentralen Lage und der chaotischen Situation als Verteilungszentrum ausgewählt. Die IS-Dschihadisten bilden Zellen für Anschläge und Attentate.

Der Elbeyli-Grenzübergang bei Çobanbey (al-Rai) steht unter der Kontrolle des MIT und wird für den Wechsel von Dschihadisten zwischen Syrien und der Türkei genutzt.

Die Al-Amshad-Miliz

Aus Idlib wurden in den vergangenen zwei Monaten Mitglieder des sogenannten „Islamischen Staat“ und des Al-Qaida-Ablegers al-Nusra mit ihren Angehörigen nach Efrîn gebracht. Dieses Vorgehen findet unter der Zustimmung Russlands statt. Die Al-Amshad-Miliz führte im März ein Treffen mit den IS-Dschihadisten durch, die von Idlib nach Efrîn gebracht wurden. Auf dem Treffen in Efrîn-Şiyê wurde der Beitritt der IS-Dschihadisten zu al-Amshad beschlossen und sofort mit der Umsetzung begonnen. Dies stellt keine Überraschung dar, da sich al-Amshad bereits zuvor größtenteils aus IS-Mitgliedern, die aus Deir ez-Zor, Şêxler und Shuyukh im Kanton Kobanê und anderen Regionen geflohenen waren, zusammensetzte. Bisher waren IS-Mitglieder vor allem auch in die Sultan-Murad-Brigaden, Ahrar al-Sham, Ahrar al-Sharqiya, Furqat al-Hamza und den Sultan-Sulaiman-Schah-Brigaden aufgenommen worden.

Besonders radikale IS-Dschihadisten nach Efrîn geschickt

Der MIT hatte in Azaz und al-Bab etliche besonders radikale IS-Dschihadisten, die nicht unter Kontrolle zu bringen waren, in Gefängnissen festgehalten. Diese Dschihadisten wurden im März nach Efrîn verlegt. Manche von ihnen konnten innerhalb weniger Stunden, andere innerhalb weniger Tage fliehen.

Identifizierte IS-Dschihadisten im Dienst protürkischer Milizen

Khalid Tirki al-Hasan: 1989 geboren. War als IS-Mitglied im Dorf al-Quriye in Deir ez-Zor. Ging Ende 2017 in die Türkei, schloss sich dort der „Schutzschild Euphrat“-Miliz Isud al-Qaqa an. Ist jetzt aktives Mitglied der von der Türkei gesteuerten Milizen in Nordsyrien.

Hutham Resul-Rahmawi: Er stammt aus dem Dorf Tahtaniye in Shuyukh. Schloss sich in Minbic dem IS an. Nach der Befreiung von Minbic ging er nach Cerablus zur Miliz Ahrar al-Sham an. Im Moment ist er für Ahrar al-Sham in Efrîn.

Hamza Mamdouh al-Matrud: Stammt aus dem Dorf al-Shair in Hama. War zwei Jahre lang beim IS, wechselte danach in den von der Türkei kontrollierten Gebieten in Şehba zu den protürkischen „Schutzschild-Euphrat“-Milizen über. Hat an der Besatzung Efrîns teilgenommen und hält sich jetzt in Cindirês auf.

Sahad al-Sahad: Stammt aus Deir ez-Zor und war einer der Kommandanten der IS-Presseabteilung. War für die Vorbereitung und Verbreitung von IS-Propagandafilmen verantwortlich. Reiste in die Türkei und schloss sich den türkischen Besatzungstruppen in Şehba an. Nahm an der Besetzung von Efrîn Teil und war auch hier für Propagandaaufnahmen zuständig.

Abud Ali Ubeyd al-Adi: War zuvor in der „Polizei“ des IS in Deir ez-Zor. Ist jetzt Mitglied einer der „Schutzschild-Euphrat“-Milizen in Efrîn.

Tarik Abdullah Aqrep: Stammt aus dem Dorf Lobine bei Kobanê und nutzte beim IS den Codenamen Abu Abdullah. War ab 2014 beim IS-Nachrichtendienst und schloss sich später der Miliz Furqat al-Hamza an, bei der er jetzt als Kommandant in Efrîn tätig ist.

Ali Yusuf al-Selami: Stammt aus Shuyukh, schloss sich dem IS an und nahm an den Angriffen auf Kobanê und Minbic teil. Ging später in die besetzen Gebiete in Şehba. Ist jetzt einer der Kommandanten der protürkischen Ash-Shuyukh-Brigade in Efrîn.

Musenna Ayid al-Mikhandi: Stammt aus al-Dschura in Deir ez-Zor, nahm dort für den IS an verschiedenen Angriffen teil. Ging später in die von der Türkei besetzte Region Şehba und war Teil der dortigen Milizen. Befindet sich jetzt als Teil der Besatzungstruppen mit seiner Familie in Efrîn.

Fadi Hesan al-Hesan: Stammt aus dem Dorf Rahiya al-Zahir in Qamişlo. Nahm als IS-Mitglied an den Angriffen auf Til Hemis und al-Hol teil. Schloss sich später den protürkischen „Schutzschild-Euphrat“-Milizen an und ist jetzt in Efrîn.

Sayyef Polat: Stammt aus Bizea bei al-Bab. War vor der Besetzung von al-Bab durch den IS Mitglied der „FSA“. Im IS wurde er unter dem Namen Abu-Bakr zum Gouverneur von al-Bab ernannt. Nun ist er in der Leitung von Furqat al-Hamza; der Miliz, welcher der türkische Staat das größte Vertrauen schenkt.

Shawqat Khodscha Samawi: Stammt aus Shuyukh und ist 50 Jahre alt. War einer der Kommandanten des IS-Geheimdienstes. Im Moment agiert er in Cerablus als Kommandant protürkischer Milizen.

Mahmut Herdan: Stammt aus Deir ez-Zor. Nahm beim IS den Codenamen Abu Naci al-Ansari an. Ist jetzt bei der protürkischen Miliz Ahrar al-Sharqiya in Efrîn tätig.

Isa al-Muhammed: Stammt aus Girê Spî (Tall Abyad). Schloss sich 2016 dem IS an und nahm den Codenamen Abu Muhammed Shemaliye an. War zunächst normales IS-Mitglied und wurde später in einer Gemeinde bei Raqqa zum Emir ernannt. Anschließend wurde er IS-Verantwortlicher für Landwirtschaft in Deir ez-Zor. 2017 ging er nach Azaz, wo er sich einer von der Türkei gesteuerten Miliz anschloss.

Abdurrezzak al-Cerrah: Stammt aus dem Dorf Hesveya Mezin bei Hesekê. Schloss sich dem IS an und nahm den Codenamen Abu Besam an. Ging später in den Norden Aleppos und schloss sich der Sultan-Murad-Brigade an. Ist jetzt einer der Kommandanten der von der Türkei gesteuerten Liwa al-Rafidain in Azaz.

Tariq Khaled al-Zaher: Stammt aus Cerablus. Schloss sich dort gemeinsam mit den FSA-Gruppen dem IS an. Wechselte beim Angriff des türkischen Staates auf Şehba die Uniform und agiert seit dem 24. August 2016 als Mitglied der protürkischen „Schutzschild-Euphrat“-Milizen.

Ismail Firaz al-Ebar: Stammt aus dem Dorf Sibakhan bei Deir ez-Zor und ist 53 Jahre alt. Gehörte zu den Befehlshabern des IS. Nachdem er sich zwei Jahre in Deir ez-Zor aufhielt, ging er im Auftrag des IS nach Nordaleppo. Dort schloss er sich den protürkischen „Schutzschild-Euphrat“-Milizen an.

Basil Nayif al-Shahab: Stammt aus dem Dorf Qurteba bei Til Hemis und ist unter dem Codenamen Abu Zed Altai bekannt. In den ersten Jahren kämpft er für al-Nusra, anschließend für den IS. Wurde im Kampf um Minbic verletzt und vom IS nach Mosul in Krankenhaus geschickt. Danach ging er nach al-Bab. Zurzeit ist er der Kommandant der Sultan-Murad-Brigade in al-Bab.

Nawaf al-Khalufi: Stammt aus dem Dorf Um-Kehif bei Til Hemis und ist unter dem Codenamen Abu Mihim bekannt. Schloss sich dem IS an, als dieser nach Til Hemis kam. Anschließend kämpfte er in Til Hemis, Hol und Şeddadê für den IS. Nach der Vertreibung des IS ging er nach Şehba. Nach der türkischen Besetzung von Şehba wechselte er die Uniform und tritt nun als FSA-Mitglied auf.

Ismail Mahali Turkmeni: Stammt aus dem Dorf Bozhöyük. Wurde als IS-Dschihadist in al-Bab am Auge verletzt, ging nach Cerablus und schloss sich der Ismail-Arab-Miliz an. Mittlerweile ist er einer der Kommandanten der Sultan-Murad-Brigaden.

Mohamad Ali-Dschaban: Stammt auf dem Gebiet Meskene. Floh nach der Befreiung von Tabqa in besetzte Gebiete in Şehba. Mittlerweile ist er Teil der Sultan-Murad-Brigaden.

Mohammad Birrahim al-Hidir: Stammt aus der Region Imal bei Deir ez-Zor, schloss sich als FSA-Mitglied nach der Besetzung großer Teile der Region dem IS an. Im Moment hält er sich in al-Bab als protürkischer Milizionär auf. Ist bekannt unter dem Namen Stik.

Fadil Hamza al-Hindawi: Stammt aus Sirrîn bei Kobanê. Schloss sich dem Geheimdienst von Ahrar al-Sham an. Später wechselte er zum IS und arbeitete zusammen mit Abu Hamza al-Ansari am Euphrat-Staudamm. Nahm am IS-Angriff auf Kobanê teil. Nach der Befreiung von Kobanê floh er nach Minbic und anschließend nach Cerablus. Im Moment arbeitet er im Geheimdienst protürkischer Milizen.

Ahmed Salih al-Togan: Stammt aus dem Dorf Til el-Eben bei Hesekê. Ist im IS unter dem Codenamen Abu Asad bekannt. War Sprengstoffverantwortlicher des IS für den Kizwan-Berg. Im Moment ist er Teil protürkischer Milizen.

Mohamad Emin al-Aswad: Stammt aus Hesekê/Til Hemis. Nahm beim IS den Codenamen Abu Hamam al-Sharabi an. Ist seit einiger Zeit in den von der Türkei besetzten Gebieten in Nordsyrien im Nachrichtendienst der Miliz Fasil Icnet al-Hesake tätig. Die Miliz steht im Dienst des türkischen Staates.