Syrien: Zurück auf Anfang!

Der Journalist Nazım Daştan analysiert die Offensive der syrischen Armee im Süden des Landes und mögliche neue Konfliktfelder im Syrien-Krieg.

Entgegen der Erwartung, dass sich der seit sieben Jahren währende Konflikt in Syrien mit dem Sieg über den Islamischen Staat (IS) in Raqqa dem Ende nähern würde, ist der Krieg mit neuen Militäroffensiven von inneren und äußeren Kräften erneut entflammt. Weiterhin mischen Akteure wie die USA, Russland, Israel, England, Frankreich, die Türkei und der Iran im Syrien-Krieg mit. Infolge einer Übereinkunft zwischen den USA und Russland haben sich die Kräfte des syrischen Regimes von der Grenze zu Jordanien und Israel zurückgezogen. In der südlichen Provinz Daraa und der südwestlichen Provinz Quneitra, die nun Ziel der Offensiven des syrischen Militärs sind, waren und sind bewaffnete Gruppen wie Hayat Tahrir al-Sham (al-Nusra), die die Türkei seit Jahren unterstützt, sehr einflussreich.

Offensive im Süden Syriens

In dem Gebiet, wo zuvor eine Operation arabischer Einheiten mit Unterstützung der USA, Saudi Arabien, Jordanien und Ägypten erwartet wurde, sind in letzter Zeit erstaunliche Entwicklungen eingetreten. Unter der Bedingung, dass der Iran all seine Kräfte aus dem Gebiet zurückzieht, ist die Kontrolle über Daraa und Umgebung mit Unterstützung Russlands in die Hände des syrischen Regimes übergegangen. Mit dem Abkommen, in das auch Israel involviert ist, soll sowohl der Einfluss des Iran als auch der Türkei in der Region gebrochen werden.

Während mit dem Rückzug des Iran auf der einen Seite die Grenzen Israels gesichert werden sollen, ist auf der anderen Seite damit begonnen worden, die seit Beginn des Krieges von der Türkei unterstützen Milizen nach Idlib zu drängen.

In diesem Rahmen werden die von der Türkei in Syrien unterstützen Gruppen Schritt für Schritt unschädlich gemacht. Dies wirkt sich auf die Syrien-Politik der Türkei negativ aus. Die Gruppen, die zuvor aus Ghouta, Kalamun und Duma gedrängt wurden, werden nun auch von der südlichen Front vertrieben. Diese Gruppen ziehen entweder nach Idlib oder in die arabische Einheit über, die die USA versucht aufzubauen.

Idlib: Die nächste Station nach der Offensive im Süden

Im Rahmen der Übereinkunft für den Süden des Landes richten sich nach Daraa nun die Augen auf Quneitra. Nach dem Ende dieser Offensive wird erwartet, dass das nächste Zielgebiet das unter türkischer Kontrolle stehende Gebiet von Cerbalus bis Idlib sein wird. Aktuell wird bereits von Truppenverstärkungen der türkischen Armee sowie von vereinzelten Gefechten zwischen Türkei-nahen Gruppen und Kräften des syrischen Regimes im Süden von Idlib berichtet.

Wenn sich die Krise zwischen diesen beiden Seiten in der Region vertiefen sollte, könnte ein umfassender Krieg ausbrechen. Besonders die Region um den Flughafen und Militärstützpunkt Abu Duhur ist Ort der Spannungen. Berichten zufolge sollen Kräfte des syrischen Regimes in dieser Region einige Orte unter ihre Kontrolle gebracht haben.

Auswirkungen auf Efrîn

Ein möglicher Krieg in dem Gebiet würde die Abkommen der Verhandlungen von Astana zwischen Russland, Iran und der Türkei zunichtemachen, als auch die Situation von Efrîn beeinflussen. Eine mögliche Entwicklung in solch einer Eskalation wäre, dass Russland die Erlaubnis der Nutzung des syrischen Luftraums für die Türkei zurückziehen könnte. Solch eine Entwicklung könnte zu Gunsten der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) ausfallen und die Möglichkeit einer Befreiung Efrîns beinhalten. In diesem Szenario hätten die QSD die Gelegenheit nicht nur Efrîn, sondern auch die anderen Orte in der Region Şehba von den dschihadistischen Milizen zu befreien, die von der Türkei unterstützt werden.

MA