Nach Frankreich wollen auch andere Staaten IS-Kinder

Am Freitag hat die nordsyrische Autonomieverwaltung fünf Kinder von französischen IS-Eltern an Frankreich übergeben. Wie das Büro für Außenbeziehungen mitteilt, laufen auch mit anderen Staaten Gespräche über Rückführungen von IS-Kindern.

Vergangenen Freitag hat die Autonomieverwaltung von Nord- und Ostsyrien fünf Kleinkinder von Mitgliedern der Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ mit französischer Staatsbürgerschaft an Frankreich übergeben. Wie Kemal Akif, Sprecher des Büros für Außenbeziehungen der Autonomieverwaltung am Sonntag im nordsyrischen Qamişlo mitteilte, laufen auch mit anderen Staaten Gespräche über die Rückführung von IS-Kindern. Darüber, um welche Länder es konkret geht, machte Akif zunächst keine Angaben. 

Bei drei der fünf Kinder, die vor zwei Tagen an eine Delegation des französischen Außenministeriums übergeben wurden, handelt es sich nach Recherchen des „Stern“ um die Kinder des deutschen IS-Dschihadisten Martin Lemke, der Ende Januar von den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) im Osten Syriens gefangengenommen wurde. Auch französische Medien berichteten bereits darüber.

Konkret handele es sich um die drei Söhne der Französin Julie Maninchedda, die mit dem Deutschen verheiratet war. Der 28-jährige Dschihadist aus Sachsen nannte sich beim sogenannten IS „Abu Yasir al-Almani“ und hatte mehrere Ehefrauen. Drei weitere Kinder befinden sich in der Obhut der nordostsyrischen Behörden im Flüchtlingslager Hol (al-Haul).

Mehr als 1000 Deutsche nach Syrien/Irak gereist

Laut Bundesinnenministerium sitzt derzeit „eine größere zweistellige Zahl von Männern, Frauen und Kindern aus Deutschland” im Gewahrsam von kurdischen Kräften in Nordsyrien.

Nach Kenntnis der Sicherheitsbehörden waren die Männer und Frauen seit 2013 aus Deutschland in Richtung Kriegsgebiet Syrien/Irak ausgereist, um sich dort an der Seite von terroristischen Gruppen am „Dschihad“ zu beteiligen. Laut Ministerium liegen allerdings nur gegen sehr wenige von ihnen Haftbefehle vor. Gegen eine weitere ähnlich kleine Gruppe laufen Ermittlungsverfahren. Seit 2013 sollen mehr als 1000 Menschen aus Deutschland in Richtung Kriegsgebiet Syrien/Irak ausgereist sein. Rund ein Drittel dieser Personen ist laut Bundesinnenministerium bereits nach Deutschland zurückgekehrt. 270 Frauen und Kinder aus Deutschland oder in vielen Fällen auch dort geborene Kinder deutscher Eltern, sind noch in der Region. 75 Prozent dieser Kinder sind nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden unter drei Jahre alt. Es ist davon auszugehen, dass sie im „Dschihad”-Gebiet geboren wurden.

42 deutsche IS-Anhänger in Nordsyrien, Irak, Türkei und Griechenland in Haft

Die nordsyrische Autonomieverwaltung fordert seit Monaten die Herkunftsstaaten der gefangenen IS-Dschihadisten zur Rückführung auf. Im Herbst wurde eine Anzahl von ca. 800 ausländischen IS-Gefangenen in Nordsyrien genannt, dazu kamen weit über tausend Frauen und Kinder. Mit der Zerschlagung des letzten IS-Rückzuggebiets in al-Bagouz haben sich Zehntausende IS-Mitglieder den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) ergeben. Die meisten stammen nicht aus Syrien und stellen weiterhin ein erhebliches Gefahrenpotential dar.

Auf einer vertraulichen Liste des Auswärtigen Amtes befanden sich im Februar 42 Namen deutscher IS-Anhänger, die sich in Nordsyrien sowie im Irak, der Türkei und Griechenland in Haft befinden. Gegen 18 von ihnen wurde ein Haftbefehl erwirkt. Die Bundesregierung beruft sich zum Thema der Rückführung deutscher Islamisten weiterhin auf rechtliche Schwierigkeiten. Außenminister Heiko Maas (SPD) erklärt, es sei „außerordentlich schwierig, Rückholungen zu realisieren". Man habe „im Moment wenig Möglichkeit, in Syrien zu überprüfen, ob tatsächlich deutsche Staatsangehörige betroffen sind“, behauptete Maas trotz der Tatsache, dass der BND regelmäßig gefangene IS-Mitglieder in Nordsyrien befragt.