Hamburg: Veranstaltung zu Erdoğans „Neuer Türkei”

In Hamburg hat im Rahmen des Tatort Kurdistan Cafés eine Veranstaltung zum Thema „Erdoğans ‚Neue Türkei‘ und der Krieg gegen die Kurd:innen” stattgefunden

Unter dem Titel Erdoğans „Neue Türkei“ und der Krieg gegen die Kurd:innen fand am Mittwoch eine Infoveranstaltung in Hamburg im Centro Sociale im Rahmen des Tatort Kurdistan Cafés statt. Dieses konnte seit der Corona-Pause das erste Mal wieder Open Air stattfinden. Anlass der Veranstaltung waren nicht nur die Angriffe der türkischen Regierung auf Südkurdistan, welche seit 23. April 2021 anhalten, sondern auch die Berichterstattung der #Delegation4Peace, die sich in den vergangenen Wochen ein Bild der aktuellen politischen Lage in Südkurdistan verschaffte.

Anja Flach vom Frauenrat Rojbîn und der Organisierung Gemeinsam Kämpfen Hamburg startete die Veranstaltung mit einer geopolitischen Einordnung der Angriffe in Gegenwart und Vergangenheit mithilfe von Karten. Deutlich wurde, dass die Türkei ihre Angriffspolitik aktuell im Vergleich zu den 1990er Jahren verändert hat. Damals hatte sie große Militäroperationen durchgeführt, sich aber auch wieder zurückgezogen. Der jetzige Angriff ist jedoch darauf angelegt, die Medya- Verteidigungsgebiete und ganz Kurdistan dauerhaft zu besetzen. Sie schreckt, um ihre Ziele durchzusetzen, auch nicht vor dem Einsatz international geächteter chemischer Waffen zurück, während u.a. die Bundesregierung dazu schweigt.

Veranstaltung Erdoğans „Neue Türkei“ und der Krieg gegen die Kurd:innen vor dem Centro Sociale

Ali Çiçek von Civaka Azad (Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V.) führte eine politische Analyse der nunmehr zwei Monate andauernden Angriffe aus. Der Beginn des Krieges wurde nicht zufällig gewählt, denn es ist der Jahrestag des Beginns des Genozid an den Armenier:innen durch die Türkei vor 106 Jahren. Genauso wenig zufällig scheint, dass Erdoğan einen Tag zuvor mit dem US-amerikanischen Präsidenten Biden telefonierte. Offensichtlich, dass er sein O.K. für die Angriffspläne gegeben hat. Erdoğans Vision, so Ali Çiçek, sei, bis 2023 die Gebiete des Osmanischen Reichs erneut zu annektieren. Auch die anhaltenden Operationen in Nordsyrien dienen diesem Ziel. Als Mitglied der NATO brauche die Türkei keinen internationalen Gegenwind gegenüber ihrer Besatzungspolitik zu befürchten.

Ali Çiçek von Civaka Azad analysiert die politische Situation

Um sich einen persönlichen Eindruck von der aktuellen politischen Lage zu verschaffen, besuchte letzte Woche die Friedensdelegation #Delegation4Peace Südkurdistan. Sie bestand aus ca. 150 Menschen aus ganz Europa. Neben Vertreter:innen feministischer Organisierungen wie „Gemeinsam Kämpfen“ waren Journalist:innen, Politiker:innen, politische Gruppen wie Linksjugend Solid und Ende Gelände sowie weitere Privatpersonen beteiligt. Nicht alle Delegierten konnten Südkurdistan erreichen. Um ihr Ankommen zu verhindern, wurden einige von ihnen acht Stunden am Düsseldorfer Flughafen von der Bundespolizei festgehalten. Betroffen war unter anderem die Ko-Vorsitzende der Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft, Cansu Özdemir. PCR-Tests waren inzwischen abgelaufen, so dass auch weitere Flieger nicht erreicht wurden.

Der angekommenen Delegation gelang es nach anfänglichen Hindernissen, mit Politiker:innen der PDK, YNK und Gorran zu sprechen. Tief beeindruckt war der Delegierte Hugo Peckes von einem Treffen mit dem geistlichen Oberhaupt der Eziden, Scheich Baba.

Die Delegation besuchte historische Orte, Camps für Geflüchtete und versuchte, Dörfer in den Bergen zu erreichen, um mit Menschen ins Gespräch zu kommen, die bereits Opfer der türkischen Angriffspolitik geworden waren. Daran wurde sie allerdings gehindert.

In Hewlêr (Erbil) sollte eine Pressekonferenz vor der UN-Niederlassung stattfinden, was von Peschmerga der PDK verhindert wurde. So fand die Pressekonferenz spontan erfolgreich in der Hotellobby statt. Dort gab die Delegation die Kampagne „DEFEND KURDISTAN gegen die türkische Besatzung“ aus.

Die Friedensdelegation hat im Rahmen der internationalen Initiative „DEFEND KURDISTAN gegen die türkische Besatzung!” für den 3. Juni zu einem Aktionstag aufgerufen. Auf der Veranstaltung wurde am Ende auf die Demonstration am 3. Juli in Hamburg hingewiesen, die um 15 Uhr vor dem Mercado in Altona beginnen soll.