Erdoğan beim Lügen ertappt

Während des Deutschland-Besuches des türkischen Präsidenten wurde über die Presse der AKP lanciert, Erdoğan habe ein Auslieferungsgesuch für 136 Personen übergeben. Die Bundesregierung hat dies dementiert.

Der türkische Präsident Erdoğan ließ über die dem AKP-Regime nahestehende Zeitung Yeni Şafak verbreiten, er habe während seines Besuchs Ende September in Berlin Bundeskanzlerin Merkel eine Liste mit 136 Namen von Personen übergeben, deren Auslieferung er von Deutschland verlange. Unter diesen Personen sollte sich zum Beispiel der ehemalige Chefredakteur der Zeitung Cumhuriyet, Can Dündar, befunden haben. Die Bundesregierung hat nun in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der innenpolitischen Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, erklärt, dass ihr „weder im Vorfeld noch während des Staatsbesuches des türkischen Präsidenten in Deutschland vom 27. bis 29. September 2018 Listen mit Namen von Personen, die von der Türkei als Terroristen gesucht werden und deren Auslieferung verlangt wird, übergeben“ worden seien.

Ulla Jelpke kommentiert die Antwort der Bundesregierung:

„Offenbar hat Erdoğan bei seinem Berlin-Besuch geblufft, um die Bundesregierung beim Betteln um Wirtschaftshilfe unter Druck zu setzen. Umso beschämender ist es, dass die Bundesregierung erst auf parlamentarische Nachfrage die Existenz einer türkischen Auslieferungsliste dementiert hat. Angesichts der vielen nach Deutschland geflohenen türkischen und kurdischen Oppositionellen, bei denen Meldungen über eine solche Liste für große Verunsicherung gesorgt haben, wäre eine sofortige Zurückweisung von Erdoğans Lügenmärchen angebracht gewesen."

Erdoğans Falschbehauptung hat aber auch eine innenpolitische Dimension. Sie entpuppt sich offenbar als ein für den türkischen Diktator typisches Täuschungsmanöver, um innenpolitisch als starker nationaler Führer dazustehen, während die Türkei in einer politischen und ökonomischen Krise steckt.