„Dies ist erst der Anfang der Heftanîn-Offensive“

Deniz Ararat war dabei, als Guerillakräfte die ersten türkischen Truppen, die versuchten Heftanîn zu besetzen, zurückschlugen. Sie überlebte verletzt und erzählt von ihren Erfahrungen und ihren gefallenen Genoss*innen.

Am 16. Juni weitete die Türkei ihre großangelegte Invasion gegen die Region Heftanîn in Südkurdistan deutlich aus. Bereits seit dem 23. August 2019 versucht die türkische Armee erfolglos, ein Bein auf den Boden von Heftanîn zu bringen. Deniz Ararat nahm an der Gegenoffensive der Guerilla teil - bis sie verletzt wurde. Gegenüber ANF hat sich die Kämpferin über den Widerstand von Heftanîn geäußert. Ararat sagt, insbesondere die Kämpfe des vergangenen Jahrs hätten die Grundlage für den heutigen Erfolg der Guerilla in Heftanîn gelegt. 

Der Angriff der türkischen Armee im August vergangenen Jahres begann mit der Attacke auf Geliyê Pisaxa im Partîzan-Gebiet. Wie Deniz Ararat rückblickend berichtet, habe die türkische Armee zunächst ein paar Gipfel einnehmen können, bis die Guerilla die Angriffe am gleichnamigen Tepê Partîzan heftig erwiderte und ihre Gegenoffensive an den Gipfeln Konferans, Sîser, Şehîd Mervan und Şehîd Şexmûs fortsetzte. Das türkische Militär musste sich daraufhin vom Tepê Şehîd Mervan wieder zurückziehen, erzählt Ararat. Dieser erste Widerstand habe garantiert, dass der heutige Kampf in Heftanîn noch wirksamer sei. Insbesondere in Xantûr und Şeşdara habe das türkische Militär keinen so heftigen Widerstand erwartet und wurde schwer getroffen. Die Gebiete Dûpişk und Şeşdara stellten wichtige Stellungen dar, um die Kämpfer*innen am Xantûr zu decken. Ararat berichtet, dass sie die meisten, die dort an vorderster Front kämpften, persönlich kannte.

„Das war erst der Anfang der Offensive Cenga Heftanîn“, sagt Ararat. „Die Guerilla wird den Kampf noch deutlich ausweiten.“ Deniz Ararat fühlt sich den Gefallenen von Heftanîn tief verbunden und stellt einige von ihnen vor.

Zelal – Kommandantin einer autonomen Fraueneinheit

Zelal ist erst vor kurzem gefallen. Sie war Kommandantin einer autonomen Fraueneinheit und hatte sich im Zagros-Krieg perfektioniert. Das zeigte sich deutlich in ihrer reifen Haltung und der Art zu reden. Als der Feind in Pisaxa ankam, hatte Zelal uns folgendes erklärt: ‚Hier ist das Paradies Kurdistans, der Feind will hier einmarschieren, wir müssen ihn aufhalten.‘ Alle Freundinnen und Freunde, die mal im Zagros waren, kennen die Schönheit der Region, aber die Schönheit von Heftanîn hat Zelal noch tiefer beeindruckt. Als der Feind Pisaxa erreichte, war sie nicht mehr zu halten. Der Feind durfte nicht hier sein. Als ich im Krankenhaus operiert wurde, hörte ich, dass unsere Aktionen in Şeşdara ausgeweitet wurden. Alle sagten ‚Zelal führt wieder den Tanz an‘. Dort wurde wahrhaftig ein außerordentlicher Widerstand geleistet. Freund*innen sind gefallen, aber der Feind stand trotz all seiner Technik unter Schock. Dieser Widerstand hat sich unter Zelals Führung entwickelt. Jede Aktion in Heftanîn trug ihren Stempel.

Nûcan begeisterte alle

Eine andere der Gefallenen ist Nûcan. Möglicherweise bin ich wegen ihr der Bewegung beigetreten. Als ich in Izmir zur Schule ging, lernte ich sie in der Jugendarbeit kennen. Dann habe ich sie in Rojava wiedergetroffen. Aber erst in Heftanîn lernte ich sie besser kennen. Wegen ihr sind bisher Hunderte der Guerilla beigetreten. Jeder Mensch hat manchmal Schwierigkeiten, aber es ist wichtig aus den Problemen zu lernen. Die Freund*innen im Kampfgebiet haben widerstanden; alle Freund*innen im Şeşdara-Widerstand haben gekämpft und viele sind gefallen. Wie viel man auch von ihnen erzählen mag, es reicht nicht aus. Diese Freund*innen wurden zur personifizierten Antwort auf die feindlichen Angriffe. Sie haben gezeigt, dass der Feind hier nicht einfach einmarschieren kann.

Nûcan Serdoz (r.) mit Zozan Çewlîk, der Kommandantin des Hauptquartierts der YJA-Star

Agît Zaxo – Ein junger Kämpfer aus Südkurdistan

Ein weiteres Beispiel ist der Freund Agît Zaxo. Über ihn muss bei jeder Gelegenheit berichtet werden. Er war ein junger Genosse und stellte sich mit einer mittelschweren Waffe dem Feind entgegen. Er kämpfte gegen Cobra-Kampfhubschrauber und wich trotz seines jungen Alters keinen Schritt zurück. Nachdem die Stellung seiner Einheit lokalisiert worden war, wurden sie aus der Luft angegriffen. Dabei sind sie gefallen. Als Agîts Kommandant neben ihm fiel, schrieb er in sein Tagebuch: „Wenn ich falle, begrabt mich mit dem Patronengurt des Genossen Arnûs“. Und bevor er selbst fiel, hatte er sich den Patronengurt seines Genossen umgeschnallt. Angesichts einer solchen Situation fühlt man sich schuldig. Diese Schuld kann nur durch die Ausweitung von Aktionen abgetragen werden. Er ist mit dem Patronengurt seines Genossen gefallen, das zeigt die Verbundenheit mit den Gefallenen. Diese Tatsache ist sehr wichtig. Trotz seiner jungen Jahre hat er dies schnell begriffen und gelernt, die Waffe zu benutzen. Er war eng verbunden mit seinem Land, seinen Genoss*innen und voller Hoffnung. Die südkurdische Regierung hat unter der Jugend die Behauptung verbreitet, die PKK vertrete nur den Norden. Anführer wie Agît Zaxo machen diese Propaganda zu Nichte. Der Genosse Agît hat das verstanden und für den Beitritt seines Onkels und weiterer acht Jugendlicher gesorgt.

Zagros – Aus Ostkurdistan nach Heftanîn

Ein weiterer gefallener Freund war Zagros. Zagros stammt aus Ostkurdistan. Er war schon 15 oder 16 Jahre bei der Bewegung. Er war es, der die Aktion auf dem Partîzan-Gipfel anführte, bei der 20 Soldaten getötet wurden. Die Freund*innen hatten den Feind von dem Gipfel verjagt und wurden bei ihrer Rückkehr zum Ziel eines Luftangriffs. Zagros war immer bereit zum Kampf gegen den Feind. Er sagte: ‚Wir müssen dem Feind so eine Antwort geben, dass er sich nicht mehr hier halten kann‘.

Amara – Nicht einmal der Schatten des Feindes darf auf dieses Gebiet fallen

Amara stammte aus Serhat. Sie war gerade frisch nach Heftanîn verlegt worden und war begeistert von der Region. Sie sagte: ‚Hierauf darf nicht einmal der Schatten des Feindes fallen. Wir dürfen das nicht zulassen. Wir dürfen es den Agenten nicht erlauben, hier herumzulaufen. Dieser Boden ist heilig‘. Sie war auf dem Partîzan-Gipfel im Pisaxa-Gebiet. Sie fiel ebenfalls bei der dortigen Aktion.

Amara Roj

Biharîn und Diren

Biharîn und Diren waren zwei junge Freundinnen. Trotz Aufklärungsflügen und Luftüberwachung konnten die beiden kaum ruhig bleiben. Sie haben alles getan, was notwendig war. Sie stoppten von Qesrok bis Konferans kein einziges Mal. Sie haben wirklich Großes geleistet. Insbesondere Biharîn war eine Anführerin der Heftanîn-Offensive. Sie war jung, aber wenn man ihre Praxis betrachtete, dann glaubte man, sie täte dies schon viele Jahre lang. Sie war in höchstem Grad mit der Bewegung und den Gefallenen verbunden. Sie war begeistert von Heftanîn und sie sagte, sie werde dortbleiben.

Ali Firat – „Ich will den Feind überrennen und fragen, was er in Kurdistan verloren hat“

Ein weiterer der Gefallenen ist Ali Firat. Er war neu in der Region und pflegte zu sagen: ‚Ich darf nicht bei Luftangriffen fallen. Ich muss die Stellungen des Feinds erstürmen und fragen, was diese Faschisten in Kurdistan verloren haben‘. Diesen Traum machte er wahr. Er war ebenfalls Teil der Aktion auf dem Partîzan-Gipfel, bei der 20 Soldaten getötet wurden. Seine Einheit bestand aus drei Freund*innen. Ali, Dinya und noch einem weiteren Freund. Ali sagte: ‚Ich will nicht einfach so fallen und die Genoss*innen und die Bewegung leer ausgehen lassen‘. Nach dieser Aktion nahm er an vielen weiteren Angriffen am Partîzan-Gipfel teil. Er fiel bei einem Luftangriff, kurz nach seiner Rückkehr von einer Scharfschützenaktion. Er war auch Kommandant. Mutig und opferbereit. Er kam aus einer patriotischen Familie und war früher schon im Kampf gegen den IS verwundet worden. Dennoch nahm er am Widerstand von Heftanîn teil und kämpfte heldenhaft.

Berfîn und Bêrîtan – Die Kämpferinnen stürzten sich in feindliche Stellungen

An der Aktion am Konferans-Gipfel nahm auch die Genossin Berfîn teil. Sowohl dort als auch auf dem Tepê Partîzan hatte sie lange Zeit verbracht. Auch Bêrîtan kämpfte in derselben Region. Die beiden Freundinnen erstürmten feindliche Stellungen, warfen sich auf den Feind und zerstörten die Befestigungen. Auf diese Weise sind sie gefallen. Diese Haltung zeigt die Rolle der Frauen in Heftanîn. Dort gab es sehr wenig männliche Freunde, den Großteil der Last trugen die Frauen.

Rûbar bestand darauf, an der Aktion teilzunehmen

Ich muss auch von Rûbar sprechen. Seine Cousine Amara fiel auf dem Partîzan. Obwohl er eine andere Aufgabe hatte, bestand er darauf, an der Aktion am Konferans-Gipfel teilzunehmen. Bei der Aktion erstürmte er vorneweg feindliche Stellungen und fiel dort. Diese Freund*innen wurden zur Vorhut der Offensive Cenga Heftanîn. Jetzt nimmt ihre Zahl immer weiter zu“.