Hamburg und Nürnberg: Das Problem heißt Rassismus

Wie in vielen anderen deutschen Städten gingen heute auch in Hamburg und Nürnberg viele Menschen als Reaktion auf das rassistische Massaker in Hanau auf die Straße. Skandalisiert wurde dabei auch der Umgang in Politik und Medien nach dem Rechtsterror.

Die nach den NSU-Morden gegründete antifaschistische Initiative „Schweigen durchbrechen“ hat heute in Nürnberg zu einer zweiten Demonstration nach dem Anschlag in Hanau aufgerufen. Unter dem Motto „Dem rechten Terror entgegentreten – für eine Gesellschaft der Vielen“ versammelten sich am Aufseßplatz rund 600 Menschen. Mehrfach wurden die Namen der Opfer vorgelesen und ihrer gedacht. Betont wurde immer wieder die Notwendigkeit, sich entschieden dem Rassismus entgegen zu stellen. „Jetzt ist es Zeit zu fordern und durchzusetzen, dass endlich die NSU-Akten geöffnet, dass NSU-Morde restlos aufgeklärt werden. Zudem muss ein Verbot aller rechtsradikalen Parteien und Organisationen erfolgen, keine Fernsehauftritte mehr, keine Vermietung von Räumen. Jetzt ist die Zeit für ‚Migrantifa‘.“

Skandalisiert wurde auch der Umgang in Politik und Medien nach dem Rechtsterror in Hanau. Unter den Opfern waren etliche Kurden, deren Familien vor antikurdischem Rassismus nach Deutschland geflohen sind. Doch lasse man in diesen Tagen ausgerechnet Erdoğan-Anhänger und Islamistenverbände zu Wort kommen, die sich sofort in einer Opferrolle suhlen. In einer deutschen Talkshow am Tag nach der Tat wird die türkisch-islamistische Bloggerin Kübra Gümüşay eingeladen, Angela Merkel spricht Recep Tayyip Erdoğan Beileid aus und landauf, landab werden Vertreter von Ditib-Gemeinden und AKP-nahen Verbänden aufgesucht und interviewt.

Konsequente Weigerung der Anerkennung kurdischer Identität

Eine Aktivistin fasste zusammen: „Das Ignorieren der kurdischen Identität der Opfer von Hanau steht in einer Linie mit der Stigmatisierung kurdischer Strukturen und der konsequenten Weigerung der Anerkennung kurdischer Selbstorganisierung. Warum wurde kein Vertreter von KON-MED e.V., dem größten Dachverband der Kurd*innen in Deutschland mit mehr als 200 angegliederten Vereinen eingeladen? Warum wurde nicht der Vertretung des europaweiten kurdischen Dachverbands KCDK-E kondoliert? Eher lässt man eine Vereinnahmung der kurdischen Opfer von Hanau durch Islamisten und Nationalisten zu, als den Weg in die kurdischen Vereine zu finden. Rassismus eines deutschen Faschisten hat Ferhat Ünvar und seine Freunde ermordet. Nach ihrem Tod werden sie zum zweiten Mal Opfer – Opfer von antikurdischem Rassismus.“

Hamburg: Das Problem heißt Rassismus

Etwa 2000 Menschen haben auf einer Demonstration in Hamburg als Reaktion auf das rassistische Massaker in Hanau zu migrantischer Selbstverteidigung und gesellschaftlicher, alltäglicher Solidarität aufgerufen. Die Demonstration, zu der KON-MED (Konföderation der Gemeinschaften aus Kurdistan), der Frauenrat Rojbîn, DIDF (Föderation der demokratischen Arbeitervereine) und ATIF (Konföderation der Arbeitervereine aus der Türkei) unter dem Motto „Gegen den rechten Terror“ eingeladen hatten, begann mit einer Auftaktkundgebung auf dem Hachmannplatz. In Redebeiträgen wurden die Namen der Todesopfer von Hanau verlesen und gefordert, endlich die Perspektive der Angegriffenen und Bedrohten, ihre Forderungen und Erfahrungen in den Mittelpunkt zu stellen.

Die Demonstration führte über die Mönckebergstraße. In Höhe der AfD-Zentrale in der Schmiedestraße, die von der Polizei geschützt wurde, wurde in Sprechchören deutlich gemacht: „Ganz Hamburg hasst die AfD!“ Die Abschlusskundgebung fand auf dem Gänsemarkt statt.