„Geschätzte Freundin“: Schmierentheater in Istanbul

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in Istanbul angekündigt, eine finanzielle Unterstützung der türkischen Politik einer demografischen Neuordnung in Nordsyrien prüfen zu wollen. Erdoğan nannte sie dafür „geschätzte Freundin“.

Bei ihrem Besuch in Istanbul hat Bundeskanzlerin Angela Merkel laut Medienberichten Bereitschaft für weitere Hilfe an das Erdoğan-Regime signalisiert. Es gehe um Möglichkeiten, die Türkei zu unterstützen bei der Versorgung von Menschen, die auf syrischem Gebiet in Zelten lebten. Hier stehe die Türkei vor einem „Riesenproblem", wird Merkel zitiert. Angesichts der Lage der Flüchtlinge im Winter werde die Bundesregierung prüfen, ob man dies finanziell fördern könne.

Deutschland und die EU unterstützen die Regierung in Ankara bislang bei der Versorgung der in der Türkei lebenden syrischen Flüchtlinge. Die von Merkel angekündigte Prüfung, ob Deutschland den Bau von Unterkünften für Flüchtlinge in Nordsyrien finanziell fördern könne, läuft auf eine Unterstützung der neoosmanischen Expansion und des von der Türkei vorangetriebenen Bevölkerungsaustausches hinaus. Die türkischen Invasionen in Nordsyrien haben vor zwei Jahren Hunderttausende Menschen aus Efrîn zu Flüchtlingen gemacht, seit Oktober vergangenen Jahres mussten mindestens ebenso viele Menschen aus der Region um Serêkaniyê (Ras al-Ain) und Girê Spî (Tell Abyad) fliehen. Die Vertriebenen sind von der Autonomieverwaltung Nord- und Ostsyriens provisorisch in Zeltstädten und öffentlichen Gebäuden untergebracht worden. In den türkischen Besatzungszonen werden von der Türkei Dschihadisten in den Häusern der vertriebenen Bevölkerung angesiedelt. Erst heute sind zwei Frauen von Milizionären ermordet worden, weil sie sich gegen die Vertreibung aus ihrem Haus in Serêkaniyê gewehrt hatten.

Lösung bei den Ausreisesperren?

Während ihres Besuchs bei Präsident Recep Tayyip Erdoğan, der die Kanzlerin als „geschätzte Freundin“ bezeichnete, sprach Merkel auch die Ausreisesperren an, mit denen deutsche Staatsangehörige in der Türkei festgehalten werden. Ihre Zahl ist seit dem Herbst nach Angaben des Auswärtigen Amtes auf derzeit 74 gestiegen. 59 Deutsche sitzen in türkischen Gefängnissen. Laut Agenturmeldungen habe Merkel mit dem türkischen Präsidenten vereinbart, dass von Fall zu Fall über Lösungen gesprochen werden solle. Ob dabei auch über konkrete Fälle gesprochen wurde, nach welchen Kriterien die Einzelfallprüfungen entschieden werden und wie schnell dies umgesetzt wird, ist nicht bekannt.