Über den legendären ezidischen Kommandeur Berxwedan Tolhildan

Eine kurze Geschichte über einen ezidischen Kämpfer, dessen Familie und Heimat in die Gefangenschaft des IS fiel: Berxwedan Tohildan wirkte maßgeblich bei der Befreiung von Şengal und der Gründung der ezidischen Widerstandseinheiten mit.

Der Kommandant der Widerstandseinheiten Şengals (YBŞ) Berxwedan Tolhildan (Adnan Süleyman) fiel am 23. Januar 2015 im Kampf gegen den sogenannten „Islamischen Staat“ (IS). Er war Gründungsmitglied der YBŞ und beteiligte sich an der Rettungsaktion für die Eziden, als die YPG und HPG im syrisch-irakischen Grenzgebiet für die vom IS umzingelten Eziden einen Fluchtkorridor  freikämpften.

Tolhildan wurde im Dorf Girzerik nähe Şengal geboren. Bereits nach der Grundschule fing er an zu arbeiten, um einen Beitrag zur ökonomischen Grundsicherung seiner Familie zu leisten. Bis vor den Ereignissen am 3. August 2014, als der IS die Eziden in Şengal angriff, war Tolhildan bei der irakischen Armee als regulärer Soldat aktiv. Als der IS bis auf zwei männliche Verwandte alle Mitglieder seiner Familie als Geiseln nahm, eilte Tolhildan in Richtung Şengal-Gebirge.

In Freiheit, im Krieg, im Fest

Es ist möglich, den gefallenen Berxwedan Tolhildan während der Befreiung Şengals von der Terror-Herrschaft des IS zu beobachten. Für eine TV-Dokumentation war Tolhildan für die Sicherheit des Filmteams verantwortlich und wurde dabei selbst aufgezeichnet. Unter anderem ist zu sehen, wie Tolhildan den Menschen zum ezidischen Fest gratuliert und ihnen erklärt: „Sagt euren Familien, wir befreien Şengal, sie sollen zurück in ihre Heimat.“

„Auf unseren Hilfeschrei reagierte nur die PKK“

Auf der ersten offiziellen Versammlung der YBŞ fungierte Tolhildan als Sprecher und erklärte: „Lasst uns für die Befreiung Êzîdxans [Land der Eziden] kämpfen. Für unsere eigene Freiheit und die Befreiung unseren Bodens bot uns außer der PKK keine andere Partei, weder irgendeine Regierung noch eine andere Kraft, Hilfe. Ohne die Freundinnen und Freunde der PKK hörte niemand die Schreie unseres Volkes. Sie kamen und ließen ihr Leben in den Şengal-Bergen.“

Auf einer Sitzung, diesmal eine Volksversammlung, gab Tolhildan die folgende Botschaft: „Şengal ist nicht mehr die Stadt, die sie vorher war. Niemand verteidigte das Volk in Şengal. Heute hat Şengal die YBŞ. Seht euch im ganzen Şengal-Bebirge und seiner Umgebung um, überall dort ist jetzt die YBŞ und der Widerstand. Kein Staat, keine Regierung und keine andere Kraft verteidigte das ezidische Volk, wie es die YBŞ tat. Wir haben heute eine Kraft, die unser heiliges Land im Êzidxan verteidigt, und zwar die YBŞ.“

„Die Jugend muss den Weg der Emanzipation gehen“

Bei derselben Volksversammlung, die im Kontext des IS-Angriffs und der Kriegssituation gehalten wurde, sagte Tolhildan weiter: „Unabhängig davon wo und in welchen Staaten die ezidischen Jugendlichen leben, wir rufen sie dazu auf, sich in diesem Kampf zu engagieren. Kommt und verteidigt euer Êzidxan. Heute verteidige ich Şengal und kann dabei mein Leben verlieren. Doch mit diesem Tod für die Verteidigung meines Volkes gegen Terroristen wird zugleich auch meine Unsterblichkeit eingehen. Daher sollten alle Kräfte Êzidxans diesen Weg beschreiten.“

Heute, fünf Jahre nach seinem Tod, können in Şengal und ganz Êzidxan die Spuren von Tolhildan beobachtet werden. Zum Beispiel werden die Kämpfer der YBŞ und YJŞ in der nach ihren ersten gefallenen Kommandanten benannten „Akademie Berxwedan Tolhildan“ ausgebildet.