Türkei: Kampf gegen Kastrationsgesetz und Todesstrafe

Die KCDP, ein Bündnis gegen Gewalt an Frauen in der Türkei, kündigt einen entschlossenen Kampf gegen einen Gesetzentwurf an, der sowohl chemische Kastration und Hinrichtung als auch die frühe Verheiratung von Mädchen ermöglicht.

Nach Angaben der Plattform „Wir stoppen die Frauenmorde“ (Kadın Cinayetlerini Durduracağız Platformu, KCDP) sind im Juni 39 Frauen in der Türkei ermordet worden. Die KCDP stellt eine steigende Anzahl von Frauenmorden und Morden an Kindern im Zusammenhang mit Entführungen fest.

Fidan Ataselim ist Generalsekretärin der Plattform. Gegenüber der Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA) erklärte sie, dass bei einem Großteil der Morde an Frauen weder der Täter noch der Hintergrund der Ermordung ermittelt wurden. Derartige Fälle würden leicht vertuscht und es bestünden ernsthafte Zweifel daran, dass die Fälle vor Gericht eine wirkliche Chance haben, Konsequenzen nach sich zu ziehen, so Ataselim.

Die Todesstrafe ist das Kind der Blutrache

Ataselim kommentierte die aktuell in der Türkei geführte Debatte um chemische Kastration und Hinrichtung mit den Worten: „Solche Erklärungen sind gefährlich. Die Regierung muss für den Schutz von Frauen und Kindern sorgen, solange sie noch leben. Es müssen Präventivmaßmaßnahmen ergriffen und das internationale Recht muss umgesetzt werden. Es gibt ein Strategiepapier der Kinderschutzdienste, aber nicht einmal das wurde in die Praxis umgesetzt. Momentan wird die nach den jüngsten Frauen- und Kindermorden tosende Wut in der Gesellschaft missbraucht und als Lösung dafür die Wiedereinführung der Todesstrafe in die Diskussion eingebracht. Eine Hinrichtung kann niemals eine Lösung sein. Es entsteht eine neue Form der Lynchkultur. Die aktuelle Debatte vertieft die Rachsucht.“

Vor allem für Frauen werde die bevorstehende Zeit schwer werden, so Ataselim: „Um die Grundsteine des neuen Regimes zu legen, werden sich die Herrschenden zunächst gegen die Teile der Gesellschaft richten, die sie für machtlos halten oder von denen sie glauben, dass sie als Erste Widerstand leisten werden. Die ersten Anzeichen dafür haben wir schon gesehen, als trotz heftiger Einwände die Befugnis zur Eheschließung an die Muftis übertragen wurde. Das ist ein kritisches Muster. Es bedeutet, dass die Regierung meint, über alles in unserem Leben entscheiden zu können.“

„Wir werden vor dem Parlament stehen“

Die frauen- und kinderfeindlichen Gesetze, die mit der Eröffnung des Parlaments eingebracht werden sollen, sind nach Ansicht von Fidan Ataselim fatal: „Die Frauen werden dagegen auf jeden Fall Widerstand leisten. Sie werden ihren politischen Willen zeigen. Wir werden, wenn das Parlament eröffnet wird, als erste davorstehen.“