SPD auf Traditionswegen – Appeasement mit dem Faschismus

Die Anbiederungsversuche von Bundesaußenminister Heiko Maas an den AKP/MHP-Faschismus stehen nicht im Widerspruch zum Wesen der Sozialdemokratie, sondern sind Ausdruck ihres opportunistischen Charakters.

Am Montag traf sich der Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Çavuşoğlu (AKP) in Ankara. Ob Heiko Maas ähnlich wie sein Amtsvorgänger Sigmar Gabriel (SPD) dem „Freund Mevlüt“ Tee einschenkte, bleibt im Unklaren. Cavuşoğlu jedenfalls schwärmte von der „positiven Atmosphäre“. Der Besuch stellt für das ins Trudeln geratene Regime in Ankara eine willkommene Stütze dar. Ankara konnte sich bisher immer auf den traditionellen Bündnispartner Deutschland verlassen. Auch wenn die türkische Armee mit Dschihadisten gemeinsam Aserbaidschan hilft, einen Angriffskrieg auf Arzach (Berg-Karabach) zu führen, das Muslimbruderregime in Libyen mit dschihadistischen Söldnern und Waffen hochrüstet, Schiffe der Bundeswehr, die das Waffenembargo gegen Libyen kontrollieren sollen, bedroht, völkerrechtswidrig Teile Nordsyriens besetzt hält und die Bevölkerung terrorisiert und misshandelt, den Irak und Südkurdistan angreift, im Jemen interveniert und dschihadistische Mordtaten in Europa durch Boykottaufrufe und Propaganda anstachelt, ist die Achse Berlin-Ankara unverbrüchlich. Offenbar steht sie sogar fester als die Verbindung zwischen Berlin und Paris, zieht es die Bundesregierung doch vor, Frankreich mit der Unterstützung des türkischen Imperialismus zu düpieren.

Ökonomische, strategische und flüchtlingspolitische Interessen

Dass es dabei um ökonomische, strategische und insbesondere flüchtlingspolitische Interessen der Bundesregierung geht, steht außer Frage. Die Türkei ist einer der wichtigsten Absatzmärkte für die deutsche Kriegsproduktion und soll dies trotz aller anderen Bekundungen auch bleiben. Dabei geht es auch um die Rolle der Türkei als Türsteher und Abschreckung für Schutzsuchende aus dem Mittleren Osten auf dem Weg nach Europa. Ein Blatt, das Erdoğan bis zum letzten ausreizt. Währenddessen soll das Muslimbruderregime in Libyen eine ähnliche Rolle für Schutzsuchende aus dem afrikanischen Kontinent spielen. Dieses Regime hängt an der langen Leine Ankaras.

SPD unterscheidet sich kaum von Union

Aber zurück zur Kernfrage: Sicherlich ist von der CDU nichts anderes als Appeasement mit der türkischen Faschismus zu erwarten. Antimuslimische Äußerungen aus der Union können darüber nicht hinwegtäuschen. An die Sozialdemokraten werden allerdings immer noch andere Ansprüche und Hoffnungen verwiesen. Dabei waren es immer wieder Sozialdemokraten, die das Bündnis mit der Reaktion nie scheuten, um emanzipatorische Kräfte zu vernichten.

An der Seite des Osmanischen Reichs in den Ersten Weltkrieg

Wenn wir in die Geschichte der SPD zurückblicken, dann sollten wir den 4. August 1914 als Datum in Erinnerung behalten. Am 4. August 1914 stimmte die SPD den Kriegskrediten zu und verriet damit die zuvor gefassten Beschlüsse der sozialistischen Internationalen. Die Parteien in der Internationalen hatten beschlossen, sich in ihren Ländern gegen jeden Krieg zu stellen. Deutschland führte unter anderem gemeinsam mit dem Osmanischen Reich Krieg gegen die Entente.

Ebert: „Ich hasse die Revolution wie die Sünde“

Nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg setzte die SPD ihre Anbiederung an die Reaktion fort. Der spätere Reichskanzler Friedrich Ebert (SPD) versuchte alles, um die Monarchie zu retten, die Wucht der Revolution war jedoch zu stark. Er lehnte die Räte und Selbstorganisierung radikal ab. In seinem Satz: „Wenn der Kaiser abdankt, dann ist die soziale Revolution unvermeidlich; ich aber will sie nicht, ja, ich hasse sie wie die Sünde“, spiegelt sich die reaktionäre Haltung großer Teile der damaligen SPD wieder. Einmal an der Regierung ließ die SPD die linken Januaraufstände mithilfe protofaschistischer Freikorps 1919 blutig niederschlagen. Der SPD-Reichswehrminister Gustav Noske erhielt von Ebert den Oberbefehl über die Armee und charakterisierte sich selbst als „Bluthund der Gegenrevolution“.

Ermordung von Liebknecht und Luxemburg geht auf das Konto der SPD

Vor wenigen Tagen jährte sich der 15. Januar 1919 – mit der Ermordung der revolutionären Kommunisten Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht durch faschistische Freikorps wahrscheinlich auf Anordnung – sicher jedoch mit Billigung – des SPD-Politikers und späteren Reichswehrministers Gustav Noske geschehen. Noske hätte die Freilassung der beiden inhaftierten Revolutionäre jederzeit anordnen können. Mit der Unterstützung der Niederschlagung linker Bewegungen in der jungen Weimarer Republik und ihrer Unterstützung für das Militär und Großbürgertum und damit der Brutstätte des Faschismus beteiligte sich die SPD unwissentlich durch ihren Opportunismus an der Schaffung der Vorbedingungen für das Nazi-Regime. Auch nach der Zerschlagung des Nazi-Faschismus war die SPD in Deutschland als Frontstaat im Kalten Krieg eine wichtige Stütze zur Integrierung der Arbeiter*innen in die kapitalistische BRD. Der erste SPD-Vorsitzende Kurt Schumacher prägte das totalitarismustheoretische Credo der SPD und verharmloste die Verbrechen der Nazis, indem er Kommunisten als „rotlackierte Faschisten“ bezeichnet.

Der sogenannte Deutsche Herbst, in dem SPD-Bundeskanzler Helmut Schmidt die Erschießung von politischen Gefangen aufgrund der Schleyer-Entführung ernsthaft im Krisenstab diskutieren ließ, stellt erneut ein einschneidendes Beispiel des Charakters deutscher Sozialdemokratie dar. Dies sind nur einige wenige Beispiele aus der Geschichte der SPD, die sich noch nie zu fein war, den „Bluthund“ zu spielen und die Schmutzarbeit für die Reaktion zu machen.

Linke Bewegungen, die sich nicht korrumpieren lassen, werden als Feinde betrachtet

Die enge Verbindung mit dem deutschen Imperialismus legt der SPD das Appeasement mit dem Osmanischen Reich und später mit den türkischen Regimen praktisch in die Wiege. Dass dabei eine linke, revolutionäre Alternative im Mittleren Osten vernichtet werden soll, ist kein Zufall, sondern Methode. Linke Bewegungen, die sich nicht vereinnahmen und integrieren lassen, werden von in der SPD-Tradition strukturell als feindlich betrachtet. Nicht nur, weil sie den Opportunismus der Sozialdemokratie alleine durch ihre Existenz offen zu Tage bringen, sondern weil sie eine Bedrohung für die Quelle ihrer Macht, das Bündnis mit der Reaktion darstellen. Dies kann nicht einzelnen SPD-Politiker*in zum Vorwurf gemacht werden, wohl aber denjenigen, die dieses Appeasement mit dem Faschismus weiterhin dulden.