Qolan soll mittels Brandstiftung entvölkert werden

Im Dorf Qolan in der nordkurdischen Provinz Mûş werden seit zwei Wochen Häuser und Ställe von Unbekannten angezündet. Die Menschen im Dorf gehen von Brandstiftung aus und erklären, dass der Staat sie vertreiben will.

Im Dorf Qolan (türk. Kolan) in der nordkurdischen Provinz Mûş werden seit zwei Wochen Häuser und Ställe von Unbekannten angezündet. Die Menschen in dem 127-Einwohner-Ort etwa zwanzig Kilometer entfernt von Gimgim (Varto) gehen davon aus, dass die Brände absichtlich gelegt werden, und haben Anzeige erstattet. Daraufhin hat die Militärpolizei (Jandarma) das Dorf abgeriegelt. Während der Zugang zum Dorf von der Jandarma kontrolliert wurde, ist ein weiteres Haus abgebrannt. Eine von der HDP-Abgeordneten Şevin Coşkun geleitete Delegation wurde vom Militär am Besuch des Ortes gehindert. Das Dorf liegt im Gebiet einer laufenden Militäroperation.

In dem Dorf sind alle miteinander verwandt. Wie der Anwohner M.A. gegenüber der Tageszeitung Yeni Özgür Politika erklärte, befindet sich das Dorf seit langer Zeit im Visier staatlicher Kräfte. In den vergangenen Jahren haben in der Umgebung zahlreiche Militäroperationen stattgefunden, so M.A.: „Wir sind niemals auf die Machenschaften des Staates hereingefallen. Wir sollen eingeschüchtert werden, damit wir das Dorf verlassen. Ähnliche Vorfälle hat es schon früher gegeben. Menschen aus dem Dorf wurden verhaftet und mussten ins Gefängnis. Es sind ständig Soldaten hier, das hier ist Militärgebiet.“

Der Dorfbewohner verweist auf den nahegelegenen Gefallenenfriedhof „Şehîd Ismail und Şehîd Ronahî“ und sagt: „Wir sprechen hier von einem Ort, an dem sich viele Gefallenengräber befinden. Die Menschen im Dorf sind Patrioten. Der Staat signalisiert uns im Moment, dass wir das Dorf verlassen sollen.“

Die niedergebrannten Ställe sind von den Wohnhäusern weiter entfernt. M.A. erklärt, dass den Dorfbewohnern die Einkommensquelle entzogen werden soll: „In diesen Ställen wurde das Heu für den Winter gelagert. Es ist klar, warum die Ställe angezündet wurden. Die Menschen sollen in die Armut getrieben werden. Alle leben von der Viehhaltung, jetzt gibt es kein Futter und keine Ställe mehr. Die Dorfbewohner suchen jetzt nach Alternativen und fragen in den umliegenden Dörfern, ob sie in diesem Winter aushelfen können. Uns soll keine andere Möglichkeit gelassen werden, als das Dorf zu verlassen. Es handelt sich um eine große Intrige.“

Noch immer sind die Brandstifter unbekannt, fährt M.A. fort: „Die Menschen sind nervös. Die Häuser im Dorf stehen dicht beieinander. Die Feuer sind professionell gelegt worden.“

Der Friedhof mit den Gräbern von HPG-Gefallenen ist im September 2015 von F-16-Kampfflugzeugen und Hubschraubern bombardiert worden. Nach dem Luftangriff wurden die Moschee, das alevitische Cemevi und das Trauerhaus auf dem Friedhof von Soldaten und Sondereinheiten mit Baggern niedergerissen. In den 1990er Jahren sind Tausende Dörfer in Nordkurdistan zerstört und entvölkert worden.