Nach Anschlag auf HDP: Wut ebbt nicht ab

Erneut waren in Deutschland viele Menschen auf der Straße, um gegen den Anschlag auf die HDP zu protestieren und an Deniz Poyraz zu erinnern. Die 38-Jährige wurde vor drei Tagen von einem türkischen Faschisten erschossen.

Nach dem Anschlag im Parteibüro der HDP im westtürkischen Izmir, bei dem am Donnerstag die 38-jährige Deniz Poyraz getötet wurde, regiert innerhalb der kurdischen und linken türkeistämmigen Exil-Community weiterhin Trauer und Wut. Bei Kundgebungen lokaler kurdischer Vereine und Ortsverbänden des europaweiten „Bündnisses der demokratischen Kräfte“ (ADGB) verurteilten am Sonnabend zahlreiche Menschen das tödliche Attentat und machten die türkische Regierung verantwortlich. Staatlich dirigierte Hetze und Hass gegen die HDP hätten schon längst ein unerträgliches Ausmaß erreicht und würden ihre Mitglieder sowie Anhänger:innen immer öfter zur Zielscheibe von Gewalt machen. An den Aktionen beteiligten sich auch internationalistische und antifaschistische Gruppen.

Nursel Aydoğan: Diesem Staat entgeht nichts

„Die hemmungslose Repression gegen die HDP hat mit dem Anschlag von Izmir einen weiteren Höhepunkt erreicht”, sagte die im Exil lebende ehemalige HDP-Abgeordnete Nursel Aydoğan bei einer Demonstration in Düsseldorf. „Der türkische Staat behauptet, nichts gewusst zu haben. Wir glauben nicht, dass diesem Staat, dem kein einziger Flügelschlag eines Vogels entgeht, nicht in der Lage gewesen sein soll, diese Tat im Herzen von Izmir zu verhindern“, führte Aydoğan weiter aus. „Es ist der Staat selbst, der diesen Anschlag in Auftrag gegeben hat.” Man wisse das, weil am Tattag eine rund 40-köpfige Vorstandssitzung der HDP-Izmir in dem Parteibüro stattfinden sollte, jedoch kurzfristig verlegt worden war. „Dass der Staat der Täter ist wissen wir aber auch, weil wir seine blutdurchtränkte Geschichte kennen.“ Über tausend Menschen waren trotz sommerlicher Hitze zu der Demonstration durch die Düsseldorfer City gekommen, um ihre Solidarität mit der HDP auszudrücken – auch aus Städten wie Essen und Köln.

 

Bielefeld

In Bielefeld hatte das kurdische Gesellschaftszentrum zusammen mit dem Bündnis OWL und der Föderation demokratischer Alevit:innen zu einer Demonstration geladen. „Wir solidarisieren uns mit der HDP, wir kennen die Mörder und werden Deniz Poyraz nicht vergessen!“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Vom Hauptbahnhof aus ging es in Richtung Innenstadt. Dort mündete der Marsch in eine Kundgebung.

Hildesheim

 

In Hildesheim fand ebenfalls eine Demonstration statt. Danach gab es eine Kundgebung.

Hamburg: Wo bleibt der Aufschrei in der Weltöffentlichkeit?

Auch in Hamburg wurde gegen den tödlichen Anschlag auf die HDP demonstriert. Der Marsch begann am Hauptbahnhof und zog bis zum Dammtor, immer wieder wurde „Terrorist Erdogan” skandiert. Das zentrale Thema der Demonstration war der türkische Expansionismus, der sich derzeit wieder verstärkt in Südkurdistan bemerkbar macht. Seit zwei Monaten greift die türkische Armee in einer grenzüberschreitenden Besatzungsoperation täglich zivile Siedlungs- und Guerillagebiete an, entvölkert Dörfer und vertreibt die angestammte Bevölkerung – was die Zustimmung der USA sowie der Autonomieregierung in Hewlêr (Erbil) voraussetzt. „Bis heute gab es deswegen keinen Aufschrei in der Weltöffentlichkeit”, kritisierte die Buchautorin und Aktivistin Anja Flach. Die kurdische Gesellschaft sehe sich nach etlichen Invasionen und Besetzungen ihrer Heimat erneut mit einer geballten Ladung zugespitzter Ignoranz konfrontiert. „Das werden wir nicht akzeptieren”, sagte Flach. Die Künstlerin Leman Stehn trug im Namen des Bündnisses ADGB eine Erklärung vor.

Frankfurt: Schulter an Schulter Faschismus besiegen

In Frankfurt am Main wurde eine Kundgebung abgehalten. An der Veranstaltung am Römer nahm unter anderem auch der kurdische Musiker Ozan Emekçi, der seit vierzig Jahren in Deutschland lebt. Der Künstler sprach sich für einen gemeinsamen Widerstand aller Demokratiekräfte aus: „Nur, wenn wir unseren Kampf Schulter an Schulter austragen, können wir den Faschismus besiegen.”

 

Bürgerschaftsabgeordneter bei Kundgebung in Bremen

In Bremen hatten das Demokratisch-Kurdische Gesellschaftszentrum und der Frauenrat Sêvê zu einer Kundgebung vor dem Landesparlament geladen. Der Bremer Bürgerschaftsabgeordneter der Linken, Mazlum Koc, verurteilte den Anschlag auf die HDP und sprach den Angehörigen von Deniz Poyraz sein Mitgefühl aus. 

Weitere Aktionen

In Saarbrücken waren ebenfalls Menschen für die HDP auf der Straße. Ebenso wurde in Schweden, Großbritannien, Frankreich, Österreich und der Schweiz protestiert.