Murat Karayilan: Dafür gibt es die PKK

Zu den Vergewaltigungen kurdischer Frauen durch türkische Unteroffiziere und anderen Methoden der Kriegsführung erklärt Murat Karayilan (PKK): „Für all das wird Rechenschaft gefordert werden. Dafür ist die PKK auf die Bühne der Weltgeschichte getreten."

Murat Karayilan, Mitglied des Exekutivkomitees der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), hat sich im Radiosender Dengê Welat zu den Vergewaltigungen kurdischer Frauen durch türkische Unteroffiziere und anderen Methoden der Kriegsführung geäußert. Auf die Frage, was das kurdische Volk gegen diese Spezialkriegspolitik tun sollte, antwortete Karayilan:

In Kurdistan greift der Feind nicht nur die Guerilla und politisch Aktive an. Gleichzeitig geht er mit Spezialkriegsmethoden gegen die Gesellschaft vor. Die ersten Zielgruppen innerhalb der Gesellschaft sind die Frauen und die Jugend. Der Feind will die Gesellschaft zu Fall bringen. Er will keine widerständige Gesellschaft, sondern ein marodes, kapitulierendes Volk. Dafür hat er umfassende Konzepte der psychologischen Kriegsführung.

Die Frauenbefreiungsbewegung stellt sich unter der Devise „Wir verteidigen uns selbst“ gegen diese Politik. Diese Haltung ist sehr sinnvoll und wichtig. Wenn es keine ernste Selbstverteidigung gibt, kann der Feind noch viel Schlimmeres anrichten. Deshalb müssen das gesamte kurdische Volk, alle kurdischen Institutionen, patriotische Parteien und die linken, sozialistischen und demokratischen Gruppen der Türkei den Spezialkrieg des türkischen Kolonialismus bekämpfen, sie müssen sich wehren. Die Gesellschaft soll ihrer Menschlichkeit beraubt werden. Der Feind vergewaltigt und fördert Prostitution, er bringt die Menschen zu Fall und macht Agenten aus ihnen. Damit tötet er sie Stück für Stück.

Zuletzt wurde in den Medien über den grauenhaften Vergewaltigungsfall in Kercews berichtet. Aus diesem und den vorangegangen Fällen weiß man, dass Unteroffiziere der türkischen Armee dabei die Hauptrolle spielen. Es ist klar geworden, dass der Staat diese Unteroffiziere nicht nur für den Krieg bezahlt. Sie haben gleichzeitig den Auftrag, mit der Würde und Ehre des gesamten kurdischen Volkes zu spielen und sie zu beschmutzen. Auf diese Weise soll die Gesellschaft kaputt gemacht werden. Deshalb appelliere ich an das kurdische Volk und vor allem an die jungen Männer und Frauen: Seid diesen Unteroffizieren gegenüber wachsam. Sie sind keine normalen Menschen, sie sind niederträchtig. Wenn es Kurden sind, sind sie Verräter. Sind es Türken, sind sie Repräsentanten des Kolonialismus. Sie müssen in der Gesellschaft angeprangert und isoliert werden. Sie haben es auf Geld abgesehen. Sie bekommen Geld dafür, dass sie Blut vergießen und mit den Werten der Gesellschaft spielen. Dagegen muss sich unser Volk wehren.

In der letzten Zeit schweigt die Gesellschaft bei solchen Vorfällen. Das darf nicht sein, man darf nicht schweigen. Die Frauenbewegung kämpft dagegen, aber dieser Kampf muss von der gesamten Gesellschaft geführt werden. Alle müssen sich dazu positionieren. Und alle sollten wissen, dass sich kein Vertreter des türkischen Kolonialismus aufrichtig gegenüber kurdischen Jugendlichen verhält. Sie wollen die kurdischen jungen Menschen – ob Mann oder Frau – zu Fall bringen. Sie wollen sie zu Agenten machen. Durch Vergewaltigungen wollen sie sie von der gesellschaftlichen Ethik entfernen und vom richtigen Weg abbringen. Dafür benutzen sie Heroin, Marihuana oder Prostitution. Auch die Eltern sollten ihre Kinder vor dem Feind warnen und ihnen ein Bewusstsein für diese Gefahren vermitteln. Die Mütter sollten ihre Kinder auf diese Weise erziehen. Der Feind will mit der Persönlichkeit der kurdischen Menschen spielen. Die Manipulation der Persönlichkeit ist die widerlichste und unmenschlichste Methode überhaupt. Und genau das ist es, was der türkische Kolonialismus heute tut.

In der Türkei gibt es in verdeckter Form mehr Rassismus als im Apartheid-Regime. Wann immer eine Kurdin oder ein Kurde ermordet wird, werden zuerst in der öffentlichen Darstellung die Tatsachen verdreht und hinterher wird alles vertuscht. Kurdische Menschen werden aus einem Hubschrauber geworfen und selbst Leute in Ministerposition verteidigen das im Parlament. Menschen werden aus einem Hubschrauber geworfen und grausam misshandelt, und diese Grausamkeit wird legitimiert.

Oder ein anderes Beispiel: Im Dorf Awyan in Colemêrg ist eine Kurde namens Şerali Dereli vor seinem Haus erschossen worden. Auf seine Familie wurde Druck ausgeübt und der Fall wurde vertuscht. Kurz danach wurde ein 16-Jähriger erschossen und es wurde behauptet, dass es ein Unfall war. Es wird immer ein Weg gefunden. Der türkische Staat betrachtet den Mord an Kurden als sein Recht und findet immer einen Grund dafür. Dann werden die Tatsachen verdreht und die Sache wird unter den Teppich gekehrt. In den Medien tauchen solche Fälle gar nicht mehr auf. Erst wenn sich Protest regt und die Angelegenheit weiter verfolgt wird, kommt es vielleicht zu Ermittlungen, mehr aber auch nicht.

Dabei ist außerdem auffällig, dass Journalisten, die solche Fälle aufdecken, verhaftet werden. Zum Beispiel sind die Journalistinnen und Journalisten, die den Hubschrauber-Fall öffentlich gemacht haben, im Gefängnis. Auch gegen die, die den Vergewaltigungsfall in Kercews aufgedeckt haben, wird offenbar ermittelt. Der türkische Staat macht eine rassistische Politik in Kurdistan und kehrt das mit verschiedenen Methoden unter den Teppich.

Für all das wird Rechenschaft gefordert werden. Dafür ist die PKK auf die Bühne der Weltgeschichte getreten. Die PKK ist dafür da, solche Sachen zu rächen. Unser Volk sollte das wissen. Wir werden nicht zu dem Vorgehen schweigen, das der Feind als angemessen für unser Volk betrachtet. Wir fordern Vergeltung und das werden wir weiterhin tun. Die PKK ist entstanden, um eine historische Abrechnung mit dem türkischen Kolonialismus einzufordern. In unserem Kampf geht es darum, Rechenschaft zu verlangen und Gerechtigkeit und Freiheit herzustellen.