Medikamentenlieferungen der Türkei an IS dokumentiert

ANF haben Dokumente erreicht, die Medikamentenlieferungen der Türkei in die ehemals von Ahrar al-Sham, Jabhat al-Nusra und dem IS kontrollierte Region Girê Spî in Nordsyrien belegen.

Der türkische Staat ließ den Dschihadisten von Ahrar al-Sham, Jabhat al-Nusra, dem Islamischen Staat (IS) und anderen Gruppen von Anfang an alle mögliche Unterstützung zukommen. Dabei ging es vor allem um die Vernichtung der Revolution von Rojava und die Durchsetzung der eigenen neoosmanischen Ambitionen. Laut ANF vorliegenden Dokumenten wurden am 7. Juli 2013 aus einem Medikamentendepot in Reyhanlı in der Provinz Hatay große Mengen Medikamente als „Hilfe für die Bedürftigen“ in das damals unter der Kontrolle von Ahrar al-Sham, al-Nusra und dem IS stehende Girê Spî (Tell Abyad) geschickt.

Der Medikamententransport wurde demnach einen Tag vor dem Massaker der Dschihadisten gegen Kurd*innen in Girê Spî am 19. Juli 2013 auf den Weg gebracht. Dem Dokument nach war der Transport an eine Person nahmen al-Shaban adressiert und von einer Person namens Firdaws Ogoev bewilligt. Beide Personen unterzeichneten den Lieferschein.

Bei den Medikamenten handelt es sich um Narkose- und Schmerzmittel, die bei Operationen verwendet werden, sowie Mittel gegen Infektionen von Wunden.

2012 war Girê Spî an die Dschihadisten gefallen

Während die Kurd*innen ihre Kerngebiete mit der Revolution von Rojava selbst verwalteten, marschierten protürkische Milizen am 19. September 2012 in Girê Spî ein. 2013 befand sich Girê Spî unter der Kontrolle verschiedener dschihadistischer Fraktionen wie Jabhat al-Nusra, dem IS und Ahrar al-Sham.

Zu dieser Zeit formierten die Kurden in Girê Spî, Raqqa, Şehba und Minbic die Gruppe Cephet al-Akrad. Sie sollte dazu dienen, die Gebiete vor den Milizen zu schützen und war offiziell Teil der FSA.

Das Massaker vom 20. Juli

Die Lieferung von Medikamenten, die vor allem für die Behandlung von Kriegsverletzungen verwendet werden, einen Tag vor dem Beginn des Angriffs auf Kurden in Girê Spî, deutet darauf hin, dass sie Teil der Kriegsvorbereitungen war.

Die Dschihadisten verkündeten am 19. Juli über die Lautsprecher der Moschee, die Kurden müssten die Region verlassen. Anschließend brachen sie in die Wohnungen der Kurden ein, die Männer wurden ermordet, Frauen und Kinder als Geiseln genommen. Die YPG berichten, dass zwischen dem 20. Juli und dem 5. August siebzig Menschen getötet und 400 Frauen entführt worden sind. Die Dschihadisten führten mit türkischer Unterstützung ethnische Säuberungen in der Region durch.