Deutsche Technologie in türkischen Killerdrohnen?

Nach der Linkspartei thematisieren auch die Grünen den Einsatz türkischer Killerdrohnen gegen Zivilisten in Kurdistan. Die Bundestagsfraktion fordert Aufklärung über den Anteil deutscher Technologie an Kampfdrohnen.

Der türkische Staat verübt mit bewaffneten Drohnen nicht nur im Norden, sondern auch im Westen und Süden Kurdistans Massaker an der Zivilbevölkerung. Zuletzt sind am 25. Juni zwei Menschen bei einem Drohnenangriff in der Nähe der südkurdischen Metropole Silêmanî getötet worden. Acht Menschen wurden teilweise schwer verletzt, darunter Frauen und Kinder. Zwei Tage zuvor sind in Helîncê bei Kobanê drei kurdische Aktivistinnen mit der gleichen Methode getötet worden.

Die von der Türkei mit Killerdrohnen verübten Massaker sind von den Oppositionsparteien DIE LINKE und DIE GRÜNEN aufgegriffen worden. Der europapolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Andrej Hunko, hat die Bundesregierung dazu befragt. In der vergangene Woche erfolgten Antwort erklärt Staatsminister Niels Annen, der Türkei sei wiederholt deutlich gemacht worden, „dass dem Schutz der Zivilbevölkerung und der Einhaltung des humanitären Völkerrechts herausragende Bedeutung zukommt. Es ist zudem die Grundhaltung der Bundesregierung, dass jeder Einsatz von Waffen im Rahmen der einschlägigen Regeln des Völkerrechts stattzufinden hat“.

Die grüne Bundestagsfraktion hat unterdessen eine Anfrage an die Bundesregierung zum Export von Panzerabwehrraketen und Technologierechten zu deren Herstellung in die Türkei gestellt. Angesichts der in den letzten Jahren wiederholten völkerrechtswidrigen Interventionen des türkischen Militärs im Norden Syriens und der in letzter Zeit zunehmenden türkischen  Beteiligung an den Kämpfen in Libyen gewinne die Frage an Bedeutung, ob und zu welchen Zwecken die Türkei dabei auf militärische Fähigkeiten zurückgreifen kann, die auf einen Transfer von Technologierechten und Technologie aus Deutschland zurückzuführen seien, so die Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Konkret geht es in der vierseitigen Anfrage um die Gefechtsköpfe für die vom türkischen Militär als „UMTAS” oder „Mızrak-U” und „MAM-L” bezeichneten Panzerabwehrraketen, die von der türkischen Firma Roketsan hergestellt werden.

Zivilisten werden mit „MAM-L“-Raketen getötet

Die Grünen-Fraktion will wissen, für wie viele UMTAS-Gefechtsköpfe, mit denen die türkische Armee bei allen Wetterbedingungen Massenmorde durchführen kann, seit 2010 eine Ausfuhrgenehmigung erteilt worden ist. Außerdem wird nach den Kenntnissen der Bundesregierung gefragt, ob die türkische Firma Roketsan Gefechtsköpfe für die Panzerabwehrraketen MRAT und/oder LRAT auch in andere Produkte integriert – wie z. B. MAM-L (Smart Micro Munition).

Laut einer Antwort der Bundesregierung auf eine im September 2018 gestellte Anfrage der Linksfraktion ist zwischen Januar und Juni des Jahres die Genehmigung für zwei Rüstungsabkommen zwischen dem türkischen Staat und dem „intelligente Raketen“ produzierenden Konzern TDW erteilt worden. Beide Abkommen sollen einen Umfang von 290.000 Euro haben.

TDW ist eine in Deutschland ansässige Nebenfirma des Konzerns MBDA, der ein Raketensystem entwickelt hat und französische und italienische Partner hat. Wie ANF-Recherchen ergeben haben, hat TDW mit Zustimmung der Bundesregierung den Entwurf für die OMTAS-Raketen geliefert, die von der Erdogan-Regierung als Eigenproduktion bezeichnet werden.

Wie es heißt, ist die als Panzerabwehrrakete entwickelte OMTAS mit dem von TDW produzierten Tandem-Gefechtskopfsystem auch für Drohnen des türkischen Militärs nutzbar. Die 35 Kilogramm schweren Mittelstreckenraketen sind mit Hilfe deutscher Technologie mit einem Aktualisierungssystem ausgestattet worden, das selbst nach dem Abschuss noch eine Zieländerung vornehmen kann.