15 Jahre Haftandrohung wegen Gebetsraum auf Friedhof

Weil sie für den Friedhof, auf dem ihr Sohn begraben ist, Gebetsräume zur Verfügung stellte, drohen der 81-jährigen Dilşah Özgen bis zu 15 Jahre Haft.

1999 hat die 81-jährige Dilşah Özgen, Mitglied im Rat der Friedensmütter von Amed (Diyarbakir), ihren Sohn Ferdi Özgen bei einem Gefecht mit türkischen Sicherheitskräften im nordkurdischen Qabilcewz (Sason) verloren. Im August 2016 spendete sie der Verwaltung des Friedhofes Licê, auf dem Ferdi Özgen begraben ist, vier Container, die zu Gebetsräumen umfunktioniert wurden. Die türkische Justiz wirft Dilşah Özgen nun vor, mit dieser Tat „wissentlich und absichtlich“ eine terroristische Organisation unterstützt zu haben. Der 81-Jährigen drohen bei einer Verurteilung bis zu 15 Jahre Gefängnis.

Im Rahmen des Verfahrens gegen Dilşah Özgen sind auch die Hersteller der Container sowie der Inhaber der Transportfirma und deren Mitarbeiter angeklagt. Sie werden neben dem Vorwurf der Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation ebenfalls der „wissentlichen“ Unterstützung bezichtigt. Die Hauptstaatsanwaltschaft von Diyarbakir fordert 7,5 bis 15 Jahre Haft.

In der Anklageschrift heißt es: „Die Container sind trotz Lieferung am 3. August 2016 entgegen dem üblichen Zahlungsfluss erst sechs Tage später am 9. August 2016 bezahlt worden. Dass der Firmeninhaber E.A. einer ihm unbekannten Person Container liefert und sich erst eine Woche darauf bezahlen lässt, rückt zu Recht ins Zentrum der Aufmerksamkeit.“ Der erste Verhandlungstag ist angesetzt auf den 10. Juli vor der 8. Strafkammer von Diyarbakir.

Zwei Söhne ums Leben gekommen, Ehemann „verschwunden“

Dilşah Özgen, 81-jährige Mutter von sechs Kindern, hat ihren Sohn Mefair Özgen 1992 verloren. Der ín Istanbul verletzt von Polizisten gefangengenommene Mefair Özgen ist ohne Narkose operiert worden. Drei Monate später ist er an den Folgen der Operation verstorben. Özgens Ehemann Fikri Özgen ist am 27. Februar 1997 von einem Besuch eines weiteren Sohnes im Gefängnis von Çankırı nicht zurückgekehrt. Er ist in Amed „verschwunden“. Ihr Sohn Ferdi Özgen starb bei einem Gefecht mit türkischen Sicherheitskräften im Jahr 1999 in der Kreisstadt Qabilcewz (Sason) der Provinz Êlih (Batman).