Tausende fordern Gerechtigkeit in Paris

Auf einer europaweiten Demonstration in Paris ist die Bestrafung der Mörder von Sakine Cansız, Fidan Doğan und Leyla Şaylemez gefordert worden. Weitere Forderungen waren die Freiheit Öcalans und der Schutz von Rojava vor einer türkischen Invasion.

Ungefähr 15.000 Menschen haben auf einer Demonstration in Paris die Bestrafung der Verantwortlichen für das tödliche Attentat auf drei kurdische Revolutionärinnen vor sechs Jahren gefordert. Seit dem Mord an Sakine Cansız, Fidan Doğan und Leyla Şaylemez am 9. Januar 2013 durch den türkischen Geheimdienst finden jedes Jahr im Januar Demonstrationen mit internationaler Beteiligung in Paris statt.

Die diesjährige Demonstration stand unter dem Motto „Wir kennen die Mörder, sie müssen vor Gericht gestellt werden“. Der von den französischen Behörden als einziger Tatverdächtiger ausgemachte Ömer Güney ist unter zweifelhaften Umständen vor Beginn des Prozesses gegen ihn in der Haft verstorben. Für Frankreich hat sich die Angelegenheit damit erledigt, die Hinterbliebenen der ermordeten Frauen fordern weiterhin, dass die französische Justiz die Hintermänner des Attentats zur Rechenschaft zieht.

Öcalan, Hungerstreik und Rojava

Ein weiteres wichtiges Thema auf der Demonstration, die vom Gare du Nord zum Place de la Republique zog, war der von der HDP-Abgeordneten Leyla Güven initiierte Hungerstreik, dem sich immer mehr Menschen in den türkischen Gefängnissen und anderswo anschließen. Bei der Abschlusskundgebung wurde Solidarität mit Leyla Güven eingefordert, die seit 66 Tagen als politische Geisel des türkischen Staates im Gefängnis von Amed (Diyarbakir) mit ihrem Hungerstreik die Isolation des PKK-Gründers Abdullah Öcalan zu durchbrechen versucht. Entsprechend lautete eine der zentralen Forderungen, dass Öcalan, von dem es seit September 2016 kein Lebenszeichen mehr gibt, freigelassen werden muss. Außerdem wurde die Einrichtung einer Flugverbotszone für Nordsyrien gefordert, um eine weitere Invasion der türkischen Armee im Nachbarland zu verhindern.

Rojava ist ein Öcalan-Projekt

Auf der Abschlusskundgebung wies Aliye Varto von der Kurdischen Frauenbewegung in Europa (TJK-E) darauf hin, dass sich Frauen weltweit nach der Ermordung der PKK-Mitbegründerin Sakine Cansız mit ihrem Kampf solidarisiert haben. Ebenso haben sich die Ideen Abdullah Öcalans, die mit dem Projekt eines demokratischen Zusammenlebens in Rojava eine konkrete Umsetzung gefunden haben, international verbreitet, so die Vertreterin der kurdischen Frauenbewegung.

Widerstand als einzige Alternative

Im Namen der Angehörigen der drei ermordeten Frauen wurden Redebeiträge von Hasan Doğan, dem Vater von Fidan Doğan, und von Cumali Şaylemez, dem Vater des jüngsten Mordopfers Leyla Şaylemez, gehalten. „Für das kurdische Volk ist Widerstand die einzige Alternative. Nur wer kämpft, kann gewinnen“, erklärte Hasan Doğan.

Linkspartei: Wir schulden den Kurden etwas

Als Koordinatorin der französischen Linkspartei sagte Danielle Simonnet in einem Redebeitrag: „Bei dem Dreifachmord handelt es sich um einen Feminizid. Wir kennen die Schuldigen und ihre Auftraggeber, aber Frankreich ist seiner Aufgabe nicht nachgekommen, sie vor Gericht zu stellen.“

Die Linkspolitikerin ging in ihrer Rede auch auf die drohende Besatzung von Rojava durch den türkischen Staat ein und forderte die französische Regierung zum Handeln auf: „Frankreich muss intervenieren, denn wir schulden den Kurden etwas. Rojava bietet einen Friedensperspektive und ist mit seinem feministischen Ansatz eine Quelle der Inspiration für uns.“ Simonnet kündigte an, in der kommenden Woche mit einer Abordnung ihrer Partei die Hungerstreikenden in Straßburg zu besuchen und am 25. Januar zur nächsten Gerichtsverhandlung von Leyla Güven in die Türkei zu fahren. Außerdem forderte sie die Streichung der PKK von der EU-Terrorliste und beendete ihre Rede mit den Worten: „Öcalan ist der kurdische Mandela. Er muss für den Frieden freigelassen werden.“

Hungerstreikende: Wir wollen Öcalans Stimme hören

Im Namen der kurdischen Hungerstreikenden in Straßburg nahmen Mustafa Sarikaya und die ehemalige HDP-Abgeordnete Dilek Öcalan an der Demonstration teil. In einem Redebeitrag erläuterten sie die Hintergründe ihrer Aktion, mit der das europäische Antifolterkomitee CPT dazu bewegt werden soll, seinen Auftrag zu erfüllen und die Gefängnisinsel Imrali zu inspizieren, auf der Öcalan seit zwanzig Jahren inhaftiert ist. „Wir wollen Öcalans Stimme hören. Solange das nicht geschieht, werden wir unseren Hungerstreik fortsetzen“, erklärte Mustafa Sarikaya.

Kommunistische Partei: Keine Lösung ohne Kurden

Ein weiterer Redebeitrag erfolgte von Pierre Laurent, dem Generalsekretär der Kommunistischen Partei Frankreichs, der eine Flugverbotszone für Rojava und internationalen Schutz der Kurden durch den UN-Sicherheitsrat forderte. Die stellvertretende Pariser Oberbürgermeisterin Hélène Bidard ging in ihrer Rede auf den Kampf der kurdischen Frauen ein und sagte: „Der Frühling der Frauen lässt sich nicht aufhalten.“

Grußbotschaft der KCK

Auf der Abschlusskundgebung wurden außerdem eine Videobotschaft der Gemeinschaft der Kommunen Kurdistans (KCK) abgespielt und zahlreiche weitere Redebeiträge gehalten.