Stellungnahme: Wir lassen uns nicht kriminalisieren!

Dutzende internationalistische und antifaschistische Initiativen und Organisationen beziehen in einer gemeinsamen Stellungnahme Position gegen den Ausschluss von drei Vereinen aus den „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ in Dresden.

Anlässlich des Ausschlusses von drei kurdischen Vereinen aus den „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ in Dresden hat Women Defend Rojava Deutschland gemeinsam mit zahlreichen weiteren internationalistischen und antifaschistischen Gruppen, Initiativen und Organisationen eine Stellungnahme veröffentlicht:

Wir lassen uns nicht kriminalisieren!

Drei kurdische oder mit der gesellschaftlichen Selbstverwaltung und Selbstbestimmung solidarische Gruppen wurden von den „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ in Dresden ausgeladen. Wir als internationalistische und antifaschistische Gruppen, Kampagnen und Initiativen sind empört und alarmiert von den momentanen Kriminalisierungsversuchen. Sie werden aktuell in Dresden ein weiteres Mal sichtbar, sind aber keinesfalls alleinstehend. Sie stehen in einer Reihe mit den versuchten Verboten verschiedener Fahnen, der Kriminalisierung und Verfolgung kurdischer Aktivist*innen, der versuchten Abschiebung der HDP-Aktivistin Nazdar Ecevit und vielen weiteren Beispielen.

Antirassismus als selbstverständliche demokratische Haltung

Nach unserem Verständnis als Antifaschist*innen ist Antirassismus eine selbstverständliche demokratische Haltung. Antirassismus funktioniert nur, wenn er auf den Perspektiven von Menschen, die Rassismus erleben, sowie einer klaren antiimperialistischen Haltung als auch einer kritischen Reflexion des eigenen Handelns basiert. Bei einer antirassistischen Haltung muss der Anspruch sein, dass eigene rassistische Strukturen überwunden werden, eine klare Kritik daran folgt und vor allem das Ziel verfolgt wird, gemeinsam gegen die Unterdrückung und für ein Ende des kapitalistischen Systems zu kämpfen. Der Ausgangspunkt für antirassistisches Handeln muss immer die Suche nach Demokratie sowie Selbstbestimmung und der Gestaltung einer befreiten Gesellschaft sein. Wir fragen uns, was der Antirassismusbegriff der Ausrichtenden der Dresdner „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ ist. Welcher Begriff von Antirassismus schließt Gruppen aus, die einen klaren Vorschlag zur demokratischen und friedvollen Lösung gesellschaftlicher Fragen wie patriarchaler Gewalt, gesellschaftlicher Ungleichheit und der Zerstörung der Natur unterbreiten?

Ausschluss statt Kommunikation

Die kurdische Gesellschaft hat mit dem Vorschlag des Demokratischen Konföderalismus auf genau dieser Grundlage eine Möglichkeit geschaffen, der Gesellschaft selbst die Autonomie zu geben. Der Demokratische Konföderalismus ist eine Möglichkeit, basisdemokratische Lösungen für die gesamte Gesellschaft zu finden. Wir fragen uns, ob das der Terror sein soll, der hier unterstellt wird.

Wir fragen uns auch, was der gesellschaftliche Lösungsansatz sein soll, wenn keine Gespräche miteinander geführt werden, sondern Ausschluss die erste und einzige Reaktion ist.

Im Gegenteil ist unser Eindruck, dass die Ausrichtenden in diesem Fall der rassistischen und verleumdenden Rhetorik des türkischen Staates auf den Leim gehen, statt nach fairer und ehrlicher Kommunikation zu suchen.

Solidarität mit den betroffenen Vereinen

In einer Stellungnahme der drei betroffenen Vereine heißt es „Dieser Umgang ist kein isolierter Vorgang und betrifft nicht allein einzelne Mitarbeitende in der Verwaltung oder der Organisation. Er ist kein Einzelfall oder Versehen. Er steht viel mehr exemplarisch für die Diskriminierung und die Kriminalisierung von Kurd*innen und die Angriffe, Verleumdungen und Einschüchterungsversuche gegen Kurd*innen in Deutschland. Er ist ein Musterbeispiel hierfür und als solches möchten wir ihn verstanden wissen.“

Wir möchten dem nichts hinzufügen. Wir erklären uns solidarisch mit der Initiative für Frieden in Kurdistan (IFK), dem Dresdner Verein deutsch-kurdischer Begegnungen e.V. und dem Frauenrat UTA. Wir fordern ein Ende der Kriminalisierung der Kurd*innen und ihrer basisdemokratisch-politischen Arbeit in Deutschland und darüber hinaus. Wir fordern im demokratischen Sinne einen gemeinsamen Diskurs über die Bedeutung von Antirassismus in der postmigrantischen Gesellschaft. Dieser kann nur mit der Teilhabe von unterdrückten Stimmen funktionieren! Für eine antirassistische und antifaschistische Gesellschaft!

Unterzeichnende

Women Defend Rojava – Deutschland, Ackerbesetzung Neu-Eichenberg, Antifaschistische Aktion Lüneburg/Uelzen, BIPOC+ Feminismen* Tübingen, Berlin Leftist Youth, Berlin Migrant Strikers, CoLiberation Berlin, Colectivo Latinx Bremen, Ende Gelände Tübingen, Feministischer 8. März Lüneburg, Feministische Antifa-Jugend in Reinickendorf und Umkreis (F_AjuRU), FIN – Feministische Initiative Neuruppin, Fridays for Future Tübingen, Gemeinsam Kämpfen – Feministische Organisierung für Selbstbestimmung und Demokratische Autonomie, Gruppe Freund*innen der kurdischen Freiheitsbewegung in Braunschweig, [iL*] – Interventionistische Linke, Internationalistische Jugendkommune Sara Dorşîn, JXK Berlin, Kurdisches Zentrum Heilbronn, LAK Antifa – Linksjugend [solid] Berlin, LiJA – Lichtenberger Jugendantifa, Lokale Initiative für Demokratischen Konföderalismus Witzenhausen, Migrantifa Bremen, Migrantifa Tübingen, Rojava Solibündnis Leipzig, SKR - Solidaritätskomitee Rojava – Flensburg, Solidarische Jugendbewegung, Widerstandskomitee Berlin, YJK-E – Verband der Frauen aus Kurdistan in Deutschland e.V., YXK Berlin