Oslo: Türkei stört sich an Wandbild mit Öcalan-Zitat

Das türkische Außenministerium stört sich an einem Wandbild in Oslo mit einem Zitat Abdullah Öcalans zur Frauenbefreiung. Die norwegische Haupststadt aber will es nicht entfernen: Oslo stehe für Meinungsfreiheit und Demokratie.

Die norwegische Hauptstadt Oslo hat Forderungen der Türkei abgelehnt, ein Wandbild mit einem Zitat Abdullah Öcalans zur Frauenbefreiung zu entfernen. Das Bild werde weiter gegenüber dem norwegischen Parlament gezeigt, sagte Eivor Evenrud, Vorsitzende des Kultur- und Bildungsausschusses des Stadtrats von Oslo. „In Norwegen glauben wir an Meinungsfreiheit und Demokratie. Politiker können und werden ein Gemälde nicht ändern oder entfernen”, schrieb die Rødt-Politikerin im Kurznachrichtendienst Twitter.

Das rund zweieinhalb mal sechs Meter große Wandbild mit dem Titel „Rojava: The Women’s Revolution“ ist von der Künstlerin Gelawesh Waledkhani und entstand im Jahr 2020. Es soll kurdische Kämpferinnen darstellen, die sich am Kampf in Nordsyrien beteiligen, und enthält das berühmte Zitat „A society can never be free without women’s liberation“ (zu Deutsch: Eine Gesellschaft kann niemals frei sein ohne die Befreiung der Frauen) von Abdullah Öcalan. Der Vordenker der kurdischen Befreiungsbewegung gilt als Ideengeber für die Revolution von Rojava. Die Kunstwand, an der das Bild hängt, wird von der Kulturagentur Mesén betrieben. Dem öffentlichen Ausstellungsort liegt der Gedanke zugrunde, dass Kunst, die in Museen zu sehen ist, stets nur einem eingeweihten Publikum vorbehalten bleibt. Außerdem soll das Projekt zur Förderung der Meinungsfreiheit und der öffentlichen Debatte beitragen.

„Rojava: The Women’s Revolution“ von Gelawesh Waledkhani © Mesen

Das türkische Außenministerium in Ankara hatte die Entfernung verlangt. Dass die Stadtverwaltung von Oslo trotz einer Protestnote „an ihrer Haltung zur Unterstützung des Terrorismus festhält“, sei beispielhaft. Zudem sprach das Ministerium eine Drohung aus: „Wir möchten diejenigen, die den Terrorismus tolerieren, daran erinnern, dass auch sie eines Tages von dieser Geißel betroffen sein könnten.“

Die Angst vor Kunst

Es ist nicht das erste Mal, dass sich die Türkei außerhalb ihrer eigenen Staatsgrenzen in die Kunstfreiheit einmischt. Auch Erdogans Lobby in Deutschland interveniert regelmäßig. Vor rund einem Jahr hatte die Stadt Nürnberg ein Bild der Fotografin Laurence Grangien aus der Ausstellung „ROJAVA: Schein und Sein“ auf Druck des türkischen Generalkonsuls entfernen lassen. Das Foto zeigte eine Kurdin aus Nordsyrien mit einem Maschinengewehr neben einer Fahne der Parastina Jin und dem Abbild Abdullah Öcalans. Im Herbst 2018 stand eine Kunstausstellung in Duisburg wegen eines Erdogan-kritischen Bildes nach massiven Drohungen unter Polizeischutz. Das Bild des als „Bananensprayer“ bekannten Künstlers Thomas Baumgärtel zeigte den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in gebückter Haltung und mit nacktem Hintern, in dem eine Banane steckt.

2016 wollte die türkische Regierung ein Bild des Fotografen Demir Sönmez aus einer Open-Air-Ausstellung in der schweizerischen Stadt Genf entfernen. Darauf war ein Transparent zu sehen, das Erdogan für den Tod eines Minderjährigen verantwortlich macht. „Ich heiße Berkin Elvan, die Polizei hat mich auf Anordnung des türkischen Ministerpräsidenten getötet“, hieß es auf dem Banner. Berkin Elvan war 14, als er im Juni 2013 während der Gezi-Proteste von einer Gaskartusche der Polizei tödlich getroffen wurde.