Erfolgreicher Aktionstag: „Das PKK-Verbot muss weg“

Bundesweit sind an diesem Samstag Menschen auf die Straße gegangen und haben sich am Aktionstag „Unsere Utopie gegen ihre Repression“ gegen das Betägigungsverbot der PKK beteiligt. Die zentrale Botschaft lautete: „PKK? Na klar!“

Initiiert von der Initiative „Unsere Utopie gegen ihre Repression“ sind an diesem Samstag bundesweit Menschen im Rahmen eines dezentralen Aktionstages auf die Straße gegangen, um sich gegen das Verbot der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê, PKK) in Deutschland auszusprechen. Am 26. November jährt sich das PKK-Betätigungsverbot zum 27. Mal. Seit dem Verbotserlass durch den damaligen Bundesinnenminister Manfred Kanther werden nirgendwo außerhalb ihrer Heimatgebiete politisch aktive Kurdinnen und Kurden einer so systematischen Repressions- und Kriminalisierungspolitik ausgesetzt wie in Deutschland. Das PKK-Verbot schränkt nicht nur die politischen Teilhaberechte der kurdischen Community in Deutschland massiv ein, sondern stellt auch ein Hindernis für eine politische Lösung der kurdischen Frage im Allgemeinen dar. Grund genug für zahlreiche Menschen heute, „PKK? Na klar” zu fordern.

Doktrin der Bundesregierung: Am „Partner Türkei“ festhalten

Auf einer Kundgebung in Nürnberg wurde in Redebeiträgen, auf Flyern und Plakaten auf die verschiedenen Aspekte dieses europaweit einzigartigen Verbots hingewiesen: Es beginne mit der Einschränkung elementarer politischer Rechte und reiche über die ganze Palette ausländerrechtlicher Repression wie der Ablehnung von Einbürgerungen, Aberkennung von Staatsbürgerschaften, Widerruf von Asylanerkennungen oder Verfügung von Ausweisungen.

Die Folge der jahrzehntelangen Verfolgung und Diffamierung von PKK-Sympathisant*innen sei ein anti-kurdischer Rassismus, der sich breit gemacht habe und immer wieder zu Übergriffen führe, betonte eine Sprecherin des Soli-Bündnisses.

Es wurde an die 42-jährige Geschichte der PKK erinnert und an 2014, als Volker Kauder, der damalige Chef der CDU-Bundestagsfraktion, nach der Rettung von Tausenden Ezid*innen durch die Guerilla der PKK und der YPG/YPJ die Unterstützung der PKK im Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat forderte. Die Tageszeitung TAZ titelte in dieser Zeit: „Die PKK gehört zu Deutschland“.

Doch bewirkte auch die damalige Stimmung keine Neubewertung der PKK. Diese Weigerung sei der außenpolitischen Doktrin der Bundesregierung geschuldet, am „Partner Türkei“ festzuhalten, auch wenn sich dieser längst als wichtigster Unterstützer des Dschihadismus erwiesen hat. Obwohl jedem klar sein dürfte, dass mit Kriminalisierung und Verboten noch nie ein gesellschaftlicher Konflikt gelöst wurde, hält man in Berlin an dem anachronistischen Relikt aus einer anderen Zeit fest, war in einem Flyer für Passanten zu lesen.

Die Interventionistische Linke (iL) fasste zusammen, was die Arbeiterpartei Kurdistans für fortschrittliche Menschen bedeutet: „Die PKK steht für Widerstand und gelebte Utopie in einer Gesellschaft, die sich am Rand des Abgrunds befindet. Wir sind der Meinung: Kurden und Kurdinnen haben ein Recht auf Selbstverteidigung. In einer Welt, in der mit deutschen Leopard-2-Panzern in Syrien Menschen getötet werden und Rüstungsexporte in die Türkei deutschen Konzernen Milliarden Gewinne einbringen, in einer Welt, in der Deutschland mit Erdogan paktiert, um Geflüchtete von Europa fern zu halten und in der kapitalistische Interessen darüber entscheiden, welche Gewalt moralisch richtig oder falsch ist, in solch einer Welt halten wir es für richtig, nicht länger tatenlos zu zusehen. Dabei hat uns die PKK schon einiges voraus. Die Repression gegen Sympathisant*innen der PKK ist ein Angriff gegen die fortschrittliche Gesellschaft und betrifft uns somit alle. Wir setzen unsere Utopie gegen ihre Repression. Wenn wir unsere Kämpfe verbinden und damit beginnen, gemeinsam für eine feministische, ökologische und demokratische Gesellschaft einzustehen, dann können wir eine neue Welt schaffen. Deshalb: Weg mit dem Verbot der PKK!“

Köln: Die PKK ist das Volk und das Volk ist hier

In Köln versammelten sich Aktivistinnen und Aktivisten auf dem Rudolfplatz, um ihrer Forderung nach einer Aufhebung des PKK-Verbots Nachdruck zu verleihen. Einige Demonstrierende hatten eine riesige Fahne in den kurdischen Farben grün, rot und gelb mitgebracht und riefen die Parole „Die PKK ist das Volk und das Volk ist hier”.

Bei der von zahlreichen linken, migrantischen und antifaschistischen Organisationen unterstützten Kundgebung wurde die deutsch-türkische „Sicherheitskooperation“ bei der sogenannten „Kurdenfrage” scharf verurteilt. In Redebeiträgen wurde auf das „Unheil” hingewiesen, das das 1993 von der Bundesregierung erlassene Betätigungsverbot für die kurdische Arbeiterpartei und andere der kurdischen Befreiungsbewegung zugehörige Organisationen gestiftet habe. Besonders hervorgehoben wurde der Aspekt, dass Deutschland mit dem Verbot und der Aufnahme der PKK in die EU-Terrorliste der Türkei zur Legitimation von Menschenrechtsverletzungen und der Unterdrückung einer ganzen Gesellschaft unter dem Etikett der vermeintlichen Terrorbekämpfung verholfen habe. Auch wurde auf den Anstieg rechter, rassistischer und antisemitisch motivierter Gewalt in Deutschland aufmerksam gemacht.

Für das musikalische Programm der Kundgebung sorgte der Künstler Hozan Cömert. Zu seinen Liedern wurden traditionelle Govend-Tänze angestimmt. Auch hier sorgten Aktivistinnen und Aktivisten für ein gelb-rot-grünes Fahnenmeer.

Berlin: PKK - Selbstverteidigung gegen faschistischen Terror und Genozid

In Berlin fand eine Demonstration statt, los ging es am U-Bahnhof Wittenbergplatz. Gisela Rhein von der Kampagne Women Defend Rojava erklärte in einem Redebeitrag: „Die Arbeiterpartei Kurdistans gibt es nun schon seit 42 Jahren. Sie gründete sich als organisierte Selbstverteidigung gegen den faschistischen Terror und Genozid, den der türkische Staat gegen die kurdische Gesellschaft verübte.” Weiter führte Rhein aus, dass die PKK sowohl in Şengal als auch in anderen Regionen Südkurdistans sowie in Rojava gegen den IS kämpfte und so die Menschheit vor weiterem Terror bewahrt habe. Eine Bewegung, die sich für eine Demokratisierung des Mittleren Ostens einsetzt, eine feministische, ökologische und demokratische Gesellschaft etablieren will, dürfe nicht länger von der Bundesregierung kriminalisiert werden.

Einen weiteren Redebeitrag gab es unter anderem von Dr. Elmar Millich, dem Vorsitzenden des Kölner Rechtshilfefonds für Kurdinnen und Kurden in Deutschland, AZADÎ e.V. Millich wies darauf hin, dass das PKK-Verbot die Grundrechte der in Deutschland lebenden Kurdinnen und Kurden außer Kraft setze, und forderte die sofortige Aufhebung.

Frankfurt

In Frankfurt fand ebenfalls eine Kundgebung statt. Eine Sprecherin des Internationalistischen Aktionsbündnisses rief zum gemeinsamen Kampf gegen die Verbotspolitik der Bundesregierung, die Kriminalisierung der kurdischen Befreiungsbewegung sowie verschärfte Polizeigesetze auf.

Demonstration in Hamburg

In Hamburg versammelten sich um 14 Uhr trotz starken Windes und Regen etwa 120 Menschen am S-Bahnhof Sternschanze, um eine Aufhebung des PKK-Verbots in Deutschland zu fordern. Über Lautsprecher wiederholten Aktivist*innen den Slogan „Unsere Utopie gegen eure Repression“ und prangerten die Heuchelei an, mit der der deutsche Staat Demokratie lobt und Terror verurteilt, aber mit der PKK die einzige politische Kraft als Terrororganisation verfolgt und unterdrückt, die wahrhaft die Demokratisierung des Mittleren Ostens zum Ziel hat und die beim Kampf gegen islamistischen Terror und Diktatur furchtbare Opfer gebracht hat und bringt. Nach einer Schweigeminute für diese Gefallenen setzte sich der Zug Richtung Schulterblatt in Bewegung.

Auf der Endkundgebung vor der Roten Flora wiederholten mehrere Redner aus der kurdischen und deutschen Linken die Forderung nach einem Ende der Verfolgung emanzipativer Politik durch deutsche Sicherheitsapparate. Unter den Klängen kurdischer Revolutionslieder löste sich die Kundgebung auf.

Duisburg: Der Wunsch nach Freiheit lässt sich nicht verbieten

Zu einer Kundgebung in Duisburg trafen zahlreiche Menschen aus dem kurdischen, türkischen und linken Spektrum vor dem Forum zusammen, darunter Mitglieder und Repräsentant*innen von ATIK, AGIF und der Partei DIE LINKE. Die kurdische Aktivistin Amara Tolhildan gab zu verstehen, dass sich der Wunsch nach Freiheit und legitimer Widerstand gegen den türkischen Faschismus durch Verbote nicht unterbinden lassen. „Die PKK ist keine Terrororganisation, sondern eine Befreiungsbewegung. Der eigentliche Terror geht vom türkischen Staat und seinen Verbündeten aus”, sagte Tolhildan. Weitere Redebeiträge kamen von Onur Güler (AGIF) und Süleyman Gürcan (ATIK).

Dortmund: Solidarität mit dem kurdischen Volk

In Dortmund wurde zu Solidarität mit dem Kampf gegen das PKK-Verbot aufgerufen. Nur ein gemeinsamer Widerstand gegen die Kriminalisierung der kurdischen Freiheitsbewegung könne zu einer freien Zukunft der Völker führen.  

Osnabrück

Auch in Osnabrück wurde mit einer Kundgebung gegen das Betätigungsverbot der PKK im Bundesgebiet protestiert. In Ansprachen wurde auf die kolonialen Expansionsbestrebungen der Türkei in Syrien hinigewiesen. Seit Beginn der Syrien-Krise habe der türkische Staat in Syrien interveniert, um seine neoosmanischen Träume umzusetzen, Gebiete seines Nachbarlandes unter seine Kontrolle zu bekommen. Tatkräftige Unterstützung bekomme die Türkei dabei durch Rüstungsexporte aus Deutschland, vor allem durch Leopard-2-Kampfpanzer, die aus den Beständen der Bundeswehr an den NATO-Partner geliefert worden sind. Die Panzer deutscher Herkunft werden von der türkischen Armee und ihren dschihadistischen Partnern bei der völkerrechtswidrigen Invasion gegen die Autonomiegebiete Nord- und Ostsyriens sowohl gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt, als auch gegen die QSD und YPG, die als wichtigste Verbündete der internationalen Anti-IS-Koalition, der auch Deutschland angehört, den IS bekämpfen. Deutsches Rüstungsgut wird aber auch in Nord- und Südkurdistan gegen die kurdische Bevölkerung sowie gegen die PKK eingesetzt, und das bereits seit Jahrzehnten.

Weitere Kundgebungen, Demonstrationen und Veranstaltungen im Rahmen des Aktionstages fanden unter anderem in Hannover, Darmstadt, Mannheim, Gießen, Stuttgart, Essen und Düsseldorf statt.