Bundesregierung: Kein Kontakt mit Rojava

Die Bundesregierung will keine offiziellen Kontakte mit Rojava bezüglich der Auslieferung deutscher IS-Dschihadisten, da sie die Selbstverwaltung in Nordsyrien nicht anerkennt.

Kathrin Vogler und Helin Evrim Sommer, beide Abgeordnete der Bundestagsfraktion DIE LINKE, haben die Bundesregierung nach den von den YPG und QSD gefangengenommenen deutschen IS-Mitgliedern und nach diesbezüglichen Gesprächen mit der Selbstverwaltung von Rojava beziehungsweise Nord- und Ostsyriens gefragt. Im Namen der Bundesregierung antwortete Staatssekretärin Michelle Müntefering, dass sie eine Struktur, die sich „Selbstverwaltung von Rojava“ nennt, nicht anerkenne und deshalb bezüglich der Auslieferung deutscher Staatsbürger keine offiziellen Kontakte hergestellt werden.

Der BND ist vor Ort

Auf die Erklärung Münteferings, die Vertretung der Bundesrepublik Deutschland sei geschlossen, daher sei es nicht möglich festzustellen, ob sich unter den gefangenen IS-Angehörigen Deutsche befinden, sagte Helin Evrim Sommer: „Sie haben vorhin gesagt, dass Sie die Identität der deutschen Staatsbürger, der sogenannten IS-Kämpfer, die dort von der kurdischen Selbstverwaltung festgehalten werden, nicht richtig überprüfen konnten. Ich habe gestern eine Delegation aus Nordsyrien empfangen und diese hat mir mitgeteilt, dass dort genau 50 deutsche Staatsbürger festgehalten werden. Darüber hinaus ist der BND vor Ort und prüft das. Haben Sie überhaupt keine Kenntnis davon, dass das deutsche Staatsbürger sind?“

Was tut die Bundesregierung gegen den IS?

Weiter fragte die Linkspolitikerin: „Teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass das kurdisch geführte Militärbündnis der Demokratischen Kräfte Syriens, abgekürzt SDF, die Hauptlast in den Bodenkämpfen gegen den sogenannten Islamischen Staat in Syrien getragen hat? Was hat die Bundesregierung bislang unternommen, um den NATO-Bündnispartner Türkei von einer Militärintervention in Nordsyrien abzuhalten, um den militärischen Sieg über den IS nicht zu gefährden bzw. zu verhindern, dass festgenommene IS-Kämpfer bei möglichen Kampfhandlungen freikommen könnten?“

Müntefering erklärte dazu, der Kampf gegen den IS sei nicht vorbei. Deutschland werde weiterhin Mitglied der Koalition bleiben. Man arbeite aber nicht direkt mit den Demokratischen Kräften Syriens zusammen.

Die Antwort Münteferings impliziert die Möglichkeit inoffizieller Kontakte, wie sie durch Verhöre von gefangenen IS-Dschihadisten durch den Bundesnachrichtendienst und die Errichtung entsprechender Stellen im Bundeskriminalamt bereits bestehen. Die Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien hat wiederholt gewarnt, insbesondere im Falle weiterer Eskalationen in der Region nicht dafür garantieren zu können, dass die IS-Dschihadisten nicht aus der Gefangenschaft fliehen könnten. US-Präsident Trump hat sogar in seinem üblichen anmaßenden Ton mit der Freilassung der Dschihadisten gedroht, sollte sich Europa seiner Verantwortung nicht stellen.

Kritische Kommentatoren bewerten die Haltung der Bundesregierung als zynisches Machtspiel. Der Bundesregierung scheint es offensichtlich wichtiger zu sein, jegliche diplomatische Aufwertung der Nord- und Ostsyrienföderation zu vermeiden, als das Risiko auszuschließen, dass hunderte Dschihadisten freikommen und ihr mörderisches Treiben fortsetzen.