Der PYD-Politiker Aldar Xelîl hat gegenüber ANF die Angriffe des türkischen Staates auf Şengal bewertet und ist dabei auf den Zweck der Bombardierungen und die Auswirkungen auf Rojava eingegangen. Zu den aufeinander folgenden Luftangriffen auf den YBŞ-Kommandanten Seîd Hesen und ein Krankenhaus in Şengal erklärt Xelîl, dass die Türkei Führungspersönlichkeiten der Ezid:innen ausschalten will: „Ganz offensichtlich hat sich der türkische Staat mit regionalen und internationalen Mächten auf ein Konzept geeinigt, um die Hoffnung und den Kampf des kurdischen Volkes zu unterminieren. Genau vor drei Jahren ist auch Mam Zekî gezielt in Şengal angegriffen worden. Das ist kein Zufall. Mit Mam Zekî sollte dem ezidischen Volk eine Führungspersönlichkeit im Widerstand genommen werden. Auf der Abschussliste des türkischen Staates befinden sich Menschen, die den ezidischen Kampf anführen. Es geht dabei nicht um eine bestimmte Organisation. Der türkische Staat will vielmehr verhindern, dass es im ezidischen Volk führende Kräfte gibt. Aus diesem Grund ist auch Seîd Hesen angegriffen worden.“
Mit der Bombardierung des Krankenhauses werde der ezidischen Gemeinschaft vermittelt, dass der türkische Staat alles zerstören wird, was sie sich selbst aufbaut, sagt der kurdische Politiker: „Nach internationalem Recht sind Krankenhäuser Orte, die nicht angegriffen werden dürfen. Der türkische Staat hat es trotzdem getan und beweist damit, dass er auf der Vernichtung des kurdischen Volkes und insbesondere der ezidischen Gemeinschaft beharrt.“
„Rojava steht immer auf der Seite der Menschen in Şengal“
Aldar Xelîl verweist auf die zeitgleichen Angriffe des türkischen Staates auf Südkurdistan, Şengal und Rojava: „Seit geraumer Zeit finden auch massive Angriffe auf die kurdische Guerilla statt. Die Angriffe auf Şengal, die Rojava und auf die kurdischen Berge folgen einem Gesamtkonzept. Wo auch immer der türkische Staat die Herrschaft ergreift, gerät auch Rojava in Schwierigkeiten. So wie Rojava beim IS-Angriff auf Şengal eingegriffen und die Region zusammen mit der Guerilla und anderen Kräften befreit hat, gilt heute dasselbe. Wenn Şengal zusammenbricht, bricht auch Rojava zusammen. Wenn Şengal trauert, trauert auch Rojava. Wenn der Feind in Şengal einen Schritt weiterkommt, wird damit Rojava belagert und schwer getroffen. Die Einkesselung von Rojava wird enger und es sind alle Formen des Angriffs denkbar. Genau in dieser Zeit wird dasselbe Konzept auch in Şengal umgesetzt. Wie beim Angriff des IS soll über die Eziden das kurdische Volk vernichtet werden. Rojava steht immer auf der Seite der Menschen in Şengal.“
„Der Irak ist kein souveräner Staat“
Zum Zeitpunkt der Luftangriffe auf Şengal Anfang der Woche hat der irakische Ministerpräsident Mustafa al-Kadhimi die Region besucht. Der PYD-Politiker Aldar Xelîl erklärt dazu: „Angeblich wollte al-Kadhimi die Massaker in der Region verurteilen, sich für das ezidische Volk einsetzen und die Haltung der irakischen Regierung zeigen. Genau zum Zeitpunkt seines Besuchs hat der türkische Staat Şengal angegriffen und al-Kadhimi hat keinen Kommentar dazu abgegeben. Also ist er Mittäter bei den Massakern. Der Irak gilt als souveräner Staat und bei den UN als unabhängiges Land. Wenn der türkische Staat jedoch tief ins Landesinnere eindringt und angreift, bedeutet das, dass von der Souveränität des Irak nichts mehr übrig ist. Al-Kadhimi agiert auch nicht als Ministerpräsident der irakischen Regierung. Das heißt, dass er als eine Seite des türkischen Staates vorgeht.“
„Şengal ist ein Symbol der Befreiung und der Würde“
Xelîl sagt, dass die ganze Welt sich für Şengal einsetzen muss: „Die gesamte Weltöffentlichkeit und alle internationalen Institutionen müssen sich gegen die Angriffe positionieren. Was will der türkische Staat von diesem Volk? Alle müssen dazu Haltung beziehen. Auch unser Volk in Kurdistan und im Ausland muss sich für Şengal einsetzen. Niemand sollte denken, dass Şengal ihn nichts angeht. Şengal ist der Ort, an dem sich der Widerstand und die Würde des kurdischen Volkes bewiesen haben. Diese Region symbolisiert den Befreiungskampf gegen Despotismus und Faschismus.“