„Wenn du den Mund aufmachst, bist du tot“

Die HDP-Politikerinnen Meryem Aşkara und Berivan Kutlu sind in ihrer Wohnung in Şirnex von zwanzig maskierten Polizisten einer Sondereinheit misshandelt worden.

Am Dienstag sind im Rahmen des politischen Vernichtungsfeldzugs des türkischen Staates gegen die kurdische Opposition 23 Personen bei Polizeiüberfällen auf Privatwohnungen in Şirnex (türk. Şırnak) festgenommen worden. Meryem Aşkara wurde zusammen mit der abgesetzten Bürgermeisterin von Cizîr (Cizre), Berivan Kutlu, festgenommen und dabei schwer misshandelt. Nach dem polizeilichen Verhör wurde sie wieder freigelassen und konnte von dem Geschehen berichten. Sie hat Prellungen an den Armen und an den Rippen, kann nur schwer Luft holen und kaum laufen.

Die Polizei drang in die Wohnung ein, indem sie die Tür aufbrach, erzählt Meryem Aşkara: „Im gleichen Moment hielten sie uns Waffen an den Kopf. Sie packten mich an den Haaren und zerrten mich in die Küche. Meine Freundin Berivan Kutlu wurde in einen anderen Raum gebracht. Auch sie wurde geschlagen, ich konnte ihre Schreie hören. Es wurde etwa zwanzig Minuten lang ununterbrochen Gewalt gegen uns angewendet. Eine derartige Barbarei habe ich das erste Mal erlebt. Die Wohnung wurde auf den Kopf gestellt, aber sie fanden rein gar nichts. Alle trugen Skimasken. Und wir haben geschrien. Sie sagten zu uns, dass sie uns töten, wenn wir schreien. Zwei Polizisten der Sondereinheit brachten mich auf den Balkon und drohten: ,Wenn du den Mund aufmachst, bringen wir euch um.' Alles, was ich zu meiner Verteidigung tun konnte, war Schreien. Mein Vater und mein Bruder hörten uns und kamen nach oben. Auch sie wurden angegriffen.“

Meryem Aşkara wurde an den Rippen und Armen verletzt. „Ich kann meine Arme kaum bewegen. Atmen und Laufen fällt mir schwer“, erzählt sie. Sie hat sich ein ärztliches Attest besorgt und die Polizisten angezeigt. Drei Polizisten der Sondereinheit haben eine Gegenanzeige gestellt und behaupten, die beiden Frauen hätten sie angegriffen.

Dazu stellt Meryem Aşkara fest: „Zwanzig Angehörige einer Spezialeinheit haben zwei Frauen angegriffen. Dieser Angriff galt dem Kampf und der Identität von Frauen. Er zeigt die zunehmende Schwäche der AKP. Sie hat nichts mehr in der Hand und kann nur noch angreifen, weil sie uns und unseren Kampf fürchtet. Sie wird unseren Kampf jedoch nicht aufhalten können. Ich appelliere an alle Frauen, sich zu wehren und noch mehr gegen diese Barbarei anzukämpfen.“

Berivan Kutlu befindet sich weiterhin in Polizeigewahrsam. Die Akte steht unter Geheimhaltung, was den Festgenommenen vorgeworfen wird, ist unklar.