PKK-Verbot: Demokratieabbau im Dienste der deutschen Außenpolitik

Am Samstag fand in Berlin die vom Rechtshilfefond Azadî und dem Verein für Demokratie und internationales Recht (MAF-DAD) getragene Konferenz „25 Jahre PKK-Verbot – 25 Jahre Repression und Demokratieabbau im Dienste der deutschen Außenpolitik“ statt.

Am Samstag fand im Karl-Liebknecht-Haus in Berlin die vom Rechtshilfefond Azadî und dem Verein für Demokratie und internationales Recht (MAF-DAD) getragene Konferenz „25 Jahre PKK-Verbot – 25 Jahre Repression und Demokratieabbau im Dienste der deutschen Außenpolitik“ statt.

In seiner Eröffnungsrede begründete der Azadî-Vorsitzende Elmar Millich die Notwenigkeit der Konferenz auch mit der in den letzten zwei Jahren stark angestiegenen Repression gegen die kurdische Befreiungsbewegung in Deutschland; vor allem seit dem Erlass des Bundesinnenministeriums vom März 2017, dass auch die Symbole der kurdisch-syrischen Organisationen PYD/YPG/YPJ unter das PKK-Verbot fallen. Im Einführungsreferat schilderten drei Aktivist*innen ihre persönlichen Erfahrungen mit der Repressionspolitik hauptsächlich aus den 1990er Jahren.

Historie des Betätigungsverbots, politische und praktische Folgen

Die Rechtsanwältin Edith Lunnebach, damals Strafverteidigerin im sogenannten Düsseldorfer PKK-Prozess von 1989 bis 1994 schilderte, wie durch den Neubau eines als Hochsicherheitstrakt gestalteten Gerichtbaus die Gefährlichkeit der PKK in den Köpfen der deutschen Gesellschaft verankert werden sollte. Erstmalig wurden Angeklagte auch in Glaskäfigen von ihren Anwält*innen getrennt – heute trauriger Standard bei Prozessen wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung nach §129b.

Die europäische Dimension der PKK-Verfolgung

Über juristische Erfolge im Kampf gegen staatliche Angriffe in Belgien berichtete der Rechtsanwalt Jan Fermon. Seit 2010 läuft dort ein Verfahren gegen führende kurdische Exilpolitiker aus dem Umfeld des kurdischen Nationalkongresse KNK wegen angeblicher Unterstützung der PKK. Auch der aus Brüssel sendende kurdische Fernsehsender ROJ TV wurde damals in diesem Verfahrenszusammenhang geschlossen. 2017 entschied das Appellationsgericht, welches darüber zu entscheiden hat, ob hinreichend Verdachtsmomente zur Aufnahme des eigentlichen Hauptverfahrens vorliegen, negativ. Die PKK bzw. deren militärischer Arm sei eine bewaffnete Konfliktpartei im Sinne des internationalen Völkerrechts. Das schließt nach belgischem Recht eine Verfolgung als terroristische Organisation aus. Fermon führte aus, dass die Einstufung einer bewaffneten Gruppierung als Kombattanten im Sinne des Völkerrechts ausschließlich von zwei Kriterien abhinge. Dem territorialen Ausmaß und der Intensität der bewaffneten Auseinandersetzung, sowie dem militärischen Organisationsgrad der bewaffneten Formation. Beide Kriterien würden von der PKK erfüllt, womit eine Einstufung als Terrororganisation auszuschließen sei. Aufgrund einer von der Staatsanwaltschaft eingelegten Beschwerde wurde das belgische Verfahren an das Appellationsgericht zur Neuverhandlung zurückverwiesen. Mit einem Urteil ist im März 2019 zu rechnen.

Die niederländische Anwältin Tamara Buruma berichtete über den aktuellen Stand des Verfahrens der PKK vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg, die PKK von der EU-Terrorliste zu streichen. Mit einem Urteil sei noch im November dieses Jahres zu rechnen.

Repression gegen die kurdische Bewegung in Deutschland

Rechtsanwalt Lukas Theune, der in mehreren Verfahren Kurdinnen und Kurden in Deutschland vertritt, die nach § 129b angeklagt sind oder verurteilt wurden, legte dar, warum sich der Bundesgerichtshof in einem letztinstanzlichen Urteil die belgische Sicht auf die kurdische Befreiungsbewegung nicht zu eigen gemacht habe. Ausschlaggebend für die Urteilsbegründung des BGH war, dass die Türkei der entsprechenden Genfer Konvention nicht beigetreten sei und sich bislang auch kein Völkergewohnheitsrecht ausgebildet habe, dass die belgische Einschätzung zwingend mache.

Aktivitäten des türkischen Geheimdienstes MIT in Deutschland

In einem weiteren Beitrag berichtete die Abgeordnete der Linkspartei in der Hamburger Bürgerschaft Cansu Özdemir über die Aktivitäten des türkischen Geheimdienstes MIT in Deutschland. Neben der klassischen Geheimdienstarbeit zeige das vom türkischen Präsident Erdoğan betriebene Konzept der „Entteritorialisierung der Türkei (Die Türkei ist, wo Türken wohnen)“ in Deutschland Erfolg. Aufgrund einer hohen Denunziationsbereitschaft in der nationalistischen türkischen Community halten sich viele in Deutschland wohnende türkischstämmige Personen mit Meinungsäußerungen über die Türkei zurück, weil sie Probleme bis hin zu Verhaftungen etwa bei der Einreise dort fürchten. Özdemir berichtete ebenfalls über massive Bedrohungen politisch aktiver Kurd*innen in Deutschland vor allem in den sozialen Netzwerken, die durchaus ernst zu nehmen seien. Auch wenn die Polizei meist untätig bliebe, riet die Abgeordnete in solchen Fällen zur Strafanzeige auf, damit sich die Behörden im Worst-Case-Fall nicht aus der Verantwortung stehlen könnten.

Die Dünnhäutigkeit der Sicherheitsbehörden, auch nur Diskussionsveranstaltungen zum Thema PKK zuzulassen, zeigte sich am Vortag der Veranstaltung. Die Polizei trat an die für die Konferenzräumlichkeiten zuständige Verwaltung des Karl-Liebkecht-Hauses heran, die Veranstaltung aus Sicherheitsgründen abzusagen. Nur durch Intervention von Bundestagsabgeordneten der Linkspartei konnte dies verhindert werden.