Defend Kurdistan: Aktivisten stürmen Bühne bei „Buch Wien“

Ziviler Ungehorsam für Rojava und Iran bei der „Buch Wien“ in Österreich: „Wenn die Welt zu den aktuellen Verbrechen im Mittleren Osten schweigt, nehmen wir uns selbst die Bühne und erheben unsere Stimme.“

Kurdische und internationalistische Aktivisten haben bei der Buchmesse „Buch Wien“ die Bühne gestürmt, um auf den Angriffskrieg der Türkei auf Rojava und die Repression des iranischen Regimes gegen die Revolutionsbewegung in Ostkurdistan (Rojhilat) und Iran aufmerksam zu machen. Zu den Hintergründen der Aktion erklärte die Gruppe: „Wenn die Welt zu den aktuellen Verbrechen im Mittleren Osten schweigt, nehmen wir uns selbst die Bühne und erheben unsere Stimme. Wir erheben unsere Stimme in Solidarität mit den revolutionären und feministischen Kämpfen, die in uns die Hoffnung auf eine andere Welt frei von Unterdrückung, Ausbeutung und Herrschaft aufrechterhalten. Eine Welt fern von Staat, Macht und Gewalt, in der alle Menschen selbstbestimmt und frei leben können. Diese Kämpfe werden aktuell vom türkischen und iranischen Regime angegriffen. Es liegt an uns, internationale Solidarität zu organisieren.“

Die Aktion wurde von Mitgliedern der Kampagne „Defend Kurdistan“ organisiert und fand während eines Bühnengesprächs im Rahmen der „Buch Wien“-Messe statt, das live im ORF-Radio übertragen wurde. Ein Aktivist der Gruppe verlas einen Text, der auch auf Flyern zu lesen war, die von der Bühne geworfen wurden. Einleitend hieß es darin: „In der Nacht vom 19. auf 20. November startete die türkische Luftwaffe einen neuen Besatzungskrieg in Rojava/Nord- und Ostsyrien. Bisherigen Angaben zufolge bombardieren türkische Flugzeuge und Drohnen insbesondere zivile Infrastruktur. Der türkische Staat begeht Massaker, um Angst und Schrecken in der Bevölkerung zu verbreiten und erneute Fluchtwellen auszulösen.“

Weiter hieß es in dem Statement: „In Südkurdistan/Nordirak setzt die türkische Armee täglich massiv Giftgas gegen kurdische Freiheitskämpfer:innen ein. Bisher haben europäische Staaten wie Deutschland eine offizielle Untersuchungskommission verhindert, weil sie die Gas- und Ölvorkommen im Nordirak über die Türkei an den deutschen anbinden und so die Energiekrise lösen wollen. Zeitgleich eskaliert die Repression des iranischen Regimes gegen den feministischen Aufstand im Iran, der nun seit mehr als zwei Monaten anhält.“ Der Aktivist erinnerte an einen Beschluss des iranischen Parlaments, dass die Justiz über alle festgenommenen Demonstranten - laut Menschenrechtsorganisationen sind das mindestens 14.000 Menschen - „ein göttliches Urteil“ sprechen soll - Todesurteile im Schnellverfahren sozusagen, und fügte hinzu: „Die kurdische Stadt Mahabad, eines der Epizentren des Aufstands, wird nun belagert und vom faschistischen iranischen Regime mit schweren Waffen angegriffen.“


Doch es seien nicht nur wirtschaftliche und geopolitische Interessen im Spiel, so der Aktivist mit Blick auf den Umgang des Westens mit den Geschehnissen in Kurdistan. „Die kurdische Freiheits- und Frauenbewegung baut in ganz Kurdistan eine alternative Gesellschaftsform auf, die auf Basisdemokratie, Frauenbefreiung und Ökologie basiert. Diese Werte und Prinzipien passen nicht in die Pläne der Großmächte, die nur am Gewinn für Konzerne interessiert sind. Deshalb sollen alle Aufstände und alternativen Gesellschaftskonzepte, die in Kurdistan erkämpft werden, niedergeschlagen werden.“ Alle Menschen, die „feministisch, demokratisch und ökologisch denken“ seien aufgerufen, sich mit den kämpfenden Menschen in Kurdistan zu solidarisieren und gegen die „faschistischen Angriffe des iranischen und türkischen Staates“ aufzustehen.

Sama Maani begrüßt Aktion

Der iranisch-österreichische Schriftsteller und Psychoanalytiker Sama Maani begrüßte die Aktion. Der Grazer war Talk-Gast des Bühnengesprächs, das durch die Aktion von „Defend Kurdistan“ gestört wurde. „Ich war im Herzen sehr stark bei diesen Aktivisten, weil seit Wochen Iranerinnen und Iraner hier in Wien und überall auf der Welt uns den Kopf zerbrechen, wie wir für diese feministische Revolution im Iran möglichst viel Aufmerksamkeit erregen. Und das ist jetzt einfach passiert.“