Verhandlungstermine in §129b-Verfahren gegen kurdische Aktivisten

Im Dezember stehen Verhandlungstermine in PKK-Prozessen gegen kurdische Aktivisten in Koblenz, Stuttgart und Frankfurt an. Der Rechtshilfefonds AZADÎ e.V. ruft zur solidarischen Prozessbeobachtung auf.

Im Dezember finden in Koblenz, Stuttgart und Frankfurt zahlreiche Verhandlungen gegen fünf kurdische Aktivisten statt. Die Angeklagten stehen wegen politisch motivierter 129b-Verfahren im Zusammenhang mit dem Betätigungsverbot der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vor Gericht. Der Kölner Rechtshilfefonds AZADÎ e.V. hat die Verhandlungstermine veröffentlicht und ruft dazu auf, die Prozesse möglichst zahlreich zu besuchen:

Özgür A., OLG Koblenz (Prozesseröffnung 28.11.2022)

  • Freitag, 16.12.

Die Verhandlung findet vor dem OLG Koblenz um 9:30 Uhr, Saal 10 EG, Regierungsstraße 7, statt.

Mazlum D., OLG Stuttgart (Prozesseröffnung 21.2.2022):

  • Donnerstag, 8.12.
  • Dienstag, 13.12.
  • Donnerstag, 15.12.
  • Dienstag, 20.12. und
  • Donnerstag, 22.12.

Die Verhandlungen finden jeweils ab 9:30 Uhr, Saal 3, vor dem OLG Stuttgart-Innenstadt, Olgastr. 2, statt.

Ali E., OLG Stuttgart (Prozesseröffnung 2.11.2022):

  • Mittwoch, 07.12., 9:30 Uhr
  • Donnerstag, 08.12., 9:00 Uhr
  • Mittwoch, 14.12., 9:30 Uhr
  • Dienstag, 20.12., 9:30 Uhr und
  • Mittwoch, 21.12., 9:00

Die Verhandlungen finden vor dem OLG Stuttgart-Innenstadt, Olgastr. 2, statt.

Merdan K., OLG Stuttgart (Prozesseröffnung 17.3.2022):

  • Dienstag, 6.12.
  • Dienstag, 13.12.
  • Donnerstag, 15.12.
  • Dienstag, 20.12. und
  • Donnerstag, 22.12. (der vermutlich aufgehoben wird)

Alle Verhandlungen beginnen um 9:30 Uhr, Saal 2, vor dem OLG Stuttgart-Stammheim, Asperger Str. 47.

Abdullah Ö., OLG Frankfurt/M. (Prozesseröffnung 11.4.2022):

Voraussichtlich

  • Donnerstag, 8.12.
  • Montag, 12.12.
  • Dienstag, 13.12.
  • Mittwoch, 14.12. und
  • Montag, 19.12.

Alle Verhandlungen beginnen um 9:30 Uhr vor dem OLG Frankfurt/M., Saal 223, Konrad-Adenauer-Str. 20.

Zum Hintergrund der antikurdischen Repression

Zu den Hintergründen der politisch motivierten Repression deutscher Verfolgungsbehörden gegen Kurdinnen und Kurden teilt AZADÎ e.V. mit: „Die strafrechtliche Verfolgung kurdischer Aktivist:innen begann bereits Ende der 1980er Jahre entweder nach § 129a StGB (Mitgliedschaft in einer ‚terroristischen‘ Vereinigung), oder ab Mitte der 1990er Jahre nach § 129 StGB (Mitgliedschaft in einer ‚kriminellen‘ Vereinigung). Der Bundesgerichtshof entschied im Oktober 2010, nach türkischen linken und tamilischen Organisationen, auch die PKK als eine ‚terroristische Vereinigung im Ausland‘ gem. § 129a/b einzustufen. Hunderte politisch aktiver Kurdinnen und Kurden sind seit Ende der 1980er Jahre von deutschen Strafverfolgungsbehörden angeklagt und von Staatsschutzsenaten der Oberlandesgerichte verurteilt worden.

In den meisten 129b-Verfahren geht es nicht um individuelle Straftaten von Angeklagten, sondern um deren politische Gesinnung. Grundlage ist das umstrittene Betätigungsverbot der PKK von 1993 und die laut § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB erforderliche Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) zur strafrechtlichen Verfolgung von Funktionsträger:innen (Gebiets-, Regions- und Sektorleiter). Eine generelle Ermächtigung hat das Ministerium am 6. September 2011 ausgestellt, die bis heute automatisch gegen diesen Personenkreis angewendet wird. Jederzeit können aber auch Einzelermächtigungen erteilt werden gegen Menschen, deren Funktion die Behörden als weniger hochrangig einstufen. Nach unserer Kenntnis sind nach derzeitigem Stand 59 Aktivist:innen von abgeschlossenen bzw. laufenden §129a/b-Verfahren betroffen; neun Personen befinden sich in deutschen Gefängnissen in Straf- bzw. U-Haft.

Im Zuge von Ermittlungsverfahren nach §129a/b gegen vier Aktivisten fanden am 18. Oktober 2022 in deren Privatwohnungen im Saarland sowie im Kurdischen Gesellschaftszentrum Saarbrücken e.V. Durchsuchungen statt. In diesen Fällen hat das Bundesjustizministerium Einzelermächtigungen erteilt. Außerdem wurde am 24. Oktober 2022 auf Veranlassung der deutschen Strafverfolgungsbehörden per Europäischem Haftbefehl eine Kurdin auf dem Flughafen Brüssel fest- und in Auslieferungshaft genommen. Sie war auf dem Rückweg von Rojava in ihren Heimatort im Saarland. Ihr wird vorgeworfen, sich an Aktivitäten der PKK-Jugendorganisation beteiligt zu haben (§129b StGB).“

129-Verfahren wegen angeblicher DHKP-C-Mitgliedschaft

Außerdem macht AZADÎ e.V. auf ein §129b-Verfahren gegen einen 58-Jährigen aufmerksam, der angeblich Mitglied in der DHKP/C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei/Front) sein soll. Der Prozess gegen den Metallarbeiter läuft vor dem 2. Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf. Die Verhandlungstermine sind am:

  • Freitag, 9.12.
  • Donnerstag, 15.12.

Beide Verhandlungen beginnen um 11:00 Uhr in Saal A01 vor dem OLG Düsseldorf-Innenstadt, Cecilienstraße 3.