PKK-Prozess: Stigmatisierung in Stammheim

Gestern hat der Prozess gegen fünf Angeklagte im Zusammenhang mit der PKK in Stuttgart-Stammheim begonnen. Rechtsanwalt Martin Heiming sieht die Unschuldsvermutung verletzt und verweist auf den zweifelhaften Kronzeugen.

Am Dienstag hat die Hauptverhandlung gegen fünf kurdische Angeklagte in einem der neuen Hochsicherheitssäle in Stuttgart-Stammheim begonnen. Einem der Angeklagten wird Mitgliedschaft in der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vorgeworfen, drei weitere Männer und eine Frau werden beschuldigt, die PKK unterstützt zu haben. Im Zentrum der Vorwürfe steht die Behauptung eines Kronzeugen, alle Angeklagten hätten ihn einem gemeinsamen Tatplan folgend über mehrere Stunden seiner Freiheit beraubt, er sei bedroht und geschlagen worden. Außerdem seien ihm von drei Angeklagten 280 Euro abgenommen worden.

Höchst problematischer Kronzeuge

Der Heidelberger Rechtsanwalt Martin Heiming, der den Hauptangeklagten Veysel S. verteidigt, erklärte zu Prozessbeginn: „Es ist seit fast einem Jahrzehnt traurige Gewohnheit geworden, dass die Bundesanwaltschaft der Linie des Erdoğan-Regimes folgend kurdische Aktivisten und Politiker unter dem stigmatisierenden Vorwurf des Terrorismus anklagt. Den Prozess gegen angebliche Mitglieder und Unterstützer der PKK jedoch in dem ‚sichersten Gerichtsgebäude für Terrorverfahren in Deutschland‘ (so die FAZ vom 5. April 2019) stattfinden zu lassen, suggeriert eine nicht-existente Gefährlichkeit der Angeklagten und verletzt die Unschuldsvermutung. Dies gilt umso mehr, als die Beschuldigungen im Wesentlichen auf den zweifelhaften Angaben eines höchst problematischen Zeugen beruhen.“

Der Zeuge, nach eigenen Angaben selbst langjähriges Mitglied der PKK, hat bereits in mehreren europäischen Ländern vergeblich um Asyl ersucht. Von den deutschen Strafverfolgungsbehörden forderte er anfangs eine Aufenthaltserlaubnis im Tausch gegen Angaben über die PKK. Aus Sicht der Verteidigung sind seine Bekundungen infolgedessen auch ersichtlich von dem Versuch geprägt, einen privaten Konflikt mit der Angeklagten in einen Zusammenhang mit der PKK zu stellen.

Rechtsanwalt Heiming erklärt dazu: „Wir haben die Sorge, dass das Interesse der Strafverfolgungsbehörden an der Kriminalisierung kurdischer Aktivisten dazu führt, dass sie sich für die Rachegelüste eines abgewiesenen Liebhabers instrumentalisieren lassen.“ Der Umstand, dass ein möglicherweise eskalierter Beziehungskonflikt nunmehr als „Terrorprozess“ in einem Hochsicherheitssaal in Stuttgart-Stammheim verhandelt werden soll, bestätigt diese Befürchtung.