München: Abschiebung von kurdischem Aktivisten verhindert

Nachdem bereits die Abschiebung des kurdischen Aktivisten Ramazan A. verhindert werden konnte, haben Flüchtlingsaktivist*innen auch die Rückschiebung von Yüksel T. erfolgreich verhindert. Beide Schutzsuchende sind wieder im Abschiebegefängnis Eichstätt.

In München ist es Friedensaktivist*innen gelungen, eine geplante Abschiebung nach Bulgarien zu verhindern. Es ist bereits die zweite erfolgreiche Widerstandsaktion dieser Art binnen zehn Tagen. Bei dem Schutzsuchenden, der am gestrigen Mittwoch vom Münchner Flughafen aus nach Sofia abgeschoben werden sollte, handelt es sich um Yüksel T. Aktivist*innen hatten die Crew der Lufthansa-Maschine auf die geplante Ausweisung des Kurden aufmerksam gemacht. Der Pilot weigerte sich daraufhin, das Flugzeug mit dem Schutzsuchenden an Bord zu starten. Da Piloten die Bordgewalt besitzen und nicht die Polizei, können sie den Transport von Gästen, die nicht freiwillig fliegen, ablehnen.

Wer ist Yüksel T.?

Der Aktivist Yüksel T. war im Jahr 2014 in eine Auseinandersetzung mit faschistischen Studenten an der Sütcü-Imam-Universität in Maraş verwickelt. Dabei wurde er so schwer verletzt, dass er drei Wochen im Koma lag. Noch heute leidet er unter gesundheitlichen Einschränkungen. Wegen der Auseinandersetzung wurde sein Studium aberkannt und er zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Da seine Einreise nach Deutschland nicht über dem direkten Weg erfolgte, soll Yüksel T. gemäß der Dublin-Verordnung dorthin deportiert werden, wo er zuerst europäischen Boden betrat -in seinem Fall Bulgarien. Das Nürnberger Bündnis für Frieden in Kurdistan kritisiert, dass die deutschen Behörden trotz der Menschenrechtsverletzungen an Flüchtlingen und der menschenunwürdigen Aufnahmebedingungen sogenannte Dublin-Abschiebungen nach Bulgarien noch immer durchführen. In einer Stellungnahme heißt es: „Korrekte Asylverfahren sind in Bulgarien nicht zu erwarten. Recherchen unserer Anwälte in Bulgarien zufolge wurde im Jahr 2017 kein Asylantrag von türkischen Staatsangehörigen positiv beschieden. Zahlen des bulgarischen Innenministeriums belegen, dass 2016 im Rahmen des Rückübernahmeabkommens 122 Personen ohne Asylverfahren in die Türkei überstellt wurden.“

Völkerrechtswidrige Zurückweisungen durch Bulgarien in die Türkei

Bulgarien gerät wegen der ungesetzlichen Behandlung an Flüchtlingen immer wieder in die Schlagzeilen. Vergessen ist nicht der Fall der beiden Eziden aus dem Şengal, denen es zwar gelang, vor der Terrormiliz „Islamischer Staat“ zu fliehen, aber nicht vor bulgarischen Sicherheitskräften. Die Männer waren im März 2015 von Grenzsoldaten brutal zusammengeschlagen worden. Ihre Leichen fand man später erfroren in einem nahegelegenen Wald. Bereits seit Jahren erhofft sich der kleine Balkanstaat insbesondere mit den berüchtigten und völkerrechtswidrigen Push-Back-Operationen Erfolg bei der „Abwehr“ von Schutzsuchenden. Als Push-Back wird das ungesetzliche Zurückdrängen von ausländischen Personen in Grenznähe bezeichnet, das eine Verletzung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung darstellt. Dieser Grundsatz untersagt die Rückführung von Personen in Staaten, in denen ihnen Folter oder andere Menschenrechtsverletzungen drohen. Pro Asyl fordert die Bundesregierung immer wieder auf, gegen Bulgarien aufgrund der Verstöße gegen die Menschenrechte aktiv zu werden und ein EU-Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten. Auch Azad Bingöl, Ko-Vorsitzender des kurdischen Gesellschaftszentrums in München, kritisiert, dass völkerrechtswidrige Zurückweisungen und die unmenschliche Behandlung von Flüchtlingen durch den EU-Mitgliedsstaat Bulgarien von Deutschland geduldet werden. Die Verantwortung in sogenannten Dublin-Fällen den Staaten an der EU-Außengrenze zuzuschieben, sei unannehmbar. Deutschland könne das Asylverfahren auch dann durchführen, wenn eigentlich ein anderer EU-Staat zuständig wäre. Dies ermöglicht das Selbsteintrittsrecht nach der Dublin-III-Verordnung. Die Rückführungen müssten deshalb gestoppt werden.

Die beiden kurdischen Aktivisten, deren Abschiebungen bisher verhindert werden konnten, befinden sich wieder in dem Abschiebegefängnis Eichstätt. Im Fall einer Ausweisung droht beiden in der Türkei langjährige Haft und auch Folter. Das Nürnberger Bündnis fordert die sofortige Freilassung der Inhaftierten. In einem Appell heißt es: „Es ist bekannt, dass der bulgarische Staat Geflüchtete in die Türkei überführt, wo jahrelange Haft und Folter drohen. Trotz Kenntnis um die Willkürjustiz des Regimes Erdogan schieben deutsche Behörden weiterhin gewissenlos ab. Die CSU arbeitet Hand in Hand mit dem Unrechtsregime in der Türkei.“