Karasu: Türkei kann uns weder vertreiben noch besiegen

In der „Le Temps“ äußert sich Mustafa Karasu zu einer möglichen Militäroffensive der Türkei: „Sie kann uns weder vertreiben, noch kann sie uns besiegen“, so das Mitglied des KCK-Exekutivrates.

In einem Artikel von Boris Mabillard in der in der Schweiz erscheinenden Zeitung Le Temps über die Besatzungsabsichten der Türkei und die von den USA ausgelobten Kopfgelder für die Ergreifung führender PKK-Mitglieder kommt unter anderem Mustafa Karasu als Mitglied des KCK-Exekutivrats zu Wort.

Mabillard beschreibt in dem Artikel eigene Beobachtungen aus den Qendîl-Bergen und verweist auf die zunehmenden Luftangriffe der türkischen Armee. Das Regime in Ankara verberge nicht seine Absicht, die PKK mit einer finalen Operation zu vernichten. Die kurdische Bergregion Qendîl beschreibt er mit folgenden Worten: „Qendîl ist wie ein zusammengeknülltes Taschentuch. Wird es auseinandergefaltet und werden die Schluchten geebnet, ist die Oberfläche drei Mal so groß. Die Reliefs, der Schnee und die weiten Schluchten schützen die PKK, die sich hier seit 2000 niedergelassen hat.“

In dem Artikel wird auf die Kontrollpunkte der Guerilla verwiesen und ein Guerillakämpfer mit dem Namen Zagros, der auf die unbemannten Luftfahrzeuge zeigt, wird mit den Worten zitiert: „Das sind die Predator, die die USA der Türkei gegeben haben. Sie verzeichnen Bewegungen. Die erste Maßnahme, um sich zu schützen, ist die vollständige Bewegungslosigkeit. Das ist einfach, aber sehr effektiv.“

Mustafa Karasu erklärt in dem Artikel: „Die türkische Armee hat ungefähr zwanzig Militärbasen auf irakischem Territorium. Sie spioniert uns aus, aber sie bekommt uns nicht unter Kontrolle. Wir sind sehr beweglich und haben Taktiken dagegen entwickelt.“

Für Karasu stellt sich nicht die Frage, ob die Türkei angreift, sondern wann sie es tut. „Aber sie kann uns weder von hier vertreiben, noch kann sie uns besiegen. Seit dreißig Jahren gibt es keinen militärischen Sieg.“

Zu der Auslobung von Kopfgeldern zur Ergreifung führender PKK-Mitglieder erklärt Karasu: „Washingtons Botschaft hat zwei Seiten. Zum einen gibt sie der Türkei Sicherheit und soll sie beruhigen, zum anderen wird der Türkei Bewegungsfreiheit für den Beginn einer großen Militäroffensive gegeben.“ Die USA verfehlten damit jedoch ihr Ziel, weil die regionale Stabilität von der Türkei bedroht werde, so Karasu.

Weiter wird Karasu zitiert: „Im Kampf gegen den Islamischen Staat sind wir direkt mit den USA koordiniert. Wären wir nicht gewesen, wäre Hewlêr (Erbil) unter IS-Kontrolle geraten. Ohne unsere Kampfeinheiten kann die Welt nicht von den Dschihadisten befreit werden.“

Karasu erinnert an die Anschuldigungen der USA und sagt: „Wenn man Terrorismus über den Tod unschuldiger Zivilisten, von Frauen und Kindern, definiert, dann passt diese Definition vollständig auf das Vorgehen des türkischen Staates. Es gibt unzählige Beweise für den türkischen Staatsterrorismus. Wenn die Türkei vor einem unabhängigen Gericht auf der Anklagebank sitzen würde, wären wir bereit, uns vor Gericht zu rechtfertigen. Während wir gegen die Dschihadisten kämpfen, werden sie von der Türkei unterstützt. Sind wir die Terroristen? Diesen Begriff, mit dem wir etikettiert werden, akzeptiere ich nicht.“

Und wird Ankara einen Schritt zurück machen? Karasus Antwort lautet: „Ich sehe nichts, was auf eine politische Änderung im Umgang der türkischen Regierung mit den Kurden hindeutet. Unser Vorsitzender Abdullah Öcalan ist inhaftiert, was als Geste guten Willens getan werden müsste, ist eine Lockerung der Haftbedingungen. Aber unsere Ziele beunruhigen Ankara, weil wir für eine Demokratisierung des Mittleren Ostens, für Frauenrechte, für Minderheiten und gegen Nationalismus kämpfen.“