„Deutsche Justiz unterstützt den Despoten Erdoğan”

In Kassel sind am Dienstag Privatwohnungen von Aktivisten durchsucht worden. Bei einem der Betroffenen handelt es sich um Mazlum B., der die brutale Polizeigewalt vom 20. Juli dokumentierte, zu der es während dem Protest gegen einen Neonazi-Aufmarsch kam.

Nach der massiven Polizeigewalt am 20. Juli gegen Antifaschist*innen und den darauffolgenden Bedrängungsversuchen durch den hessischen Verfassungsschutz wurden am Dienstag das Demokratische Kurdische Gesellschaftszentrum und zwei Privatwohnungen von Aktivist*innen durchsucht. Bei einem der Aktivisten handelt es sich um Mazlum B., welcher die unverhältnismäßige und sehr brutale Polizeigewalt vom 20. Juli dokumentierte und diese auch veröffentlichte. Die Aufnahmen zeigten die mit massiver Gewaltanwendung durchgeführte Räumung von sitzenden Demonstrierenden, die mit anderen ihren Protest gegen einen Neonazi-Aufmarsch zum Ausdruck brachten. Insgesamt demonstrierten an diesem Tag in Kassel weit über 10.000 Menschen gegen den Aufmarsch der neonazistischen Kleinpartei „Die Rechte“. Mehr als 120 Organisationen und Initiativen vom Kasseler Bündnis gegen Rechts hatten zum Protest aufgerufen.

In einer Stellungnahme des kurdischen Vereins in Kassel heißt es, dass die Medienarbeit von Mazlum B. durch die Durchsuchung und Beschlagnahme von elektronischen Geräten und Speichermedien nahezu unmöglich gemacht wurde. Es liege der Verdacht nahe, dass sich die Beamt*innen vorrangig erhofften, weiteres Videomaterial aus seiner Pressearbeit zu erlangen.

Weiter heißt es in der Erklärung: „Vor dem Hintergrund der aktuellen Situation in Nord- und Ostsyrien, dem drohenden militärischen Einmarsch der Türkei, zeigt die Durchsuchung der Räumlichkeiten des kurdischen Kulturvereins einmal mehr, wie massiv die deutsche Justiz länderübergreifend den türkischen Despoten Erdogan im Kampf gegen den kurdischen Freiheitswillen unterstützt. Während die Bundesregierung den türkischen Staat weiterhin mit Rüstungslieferungen zur Hand geht, wird innerhalb der Bundesrepublik die emanzipatorische kurdische Freiheitsbewegung kriminalisiert und mit Repressionen überzogen. Mit dieser Kriminalisierung sollen auch die Demokratischen Kräfte Syriens denunziert werden, die im Nordosten des Landes eine demokratische Autonomie aufgebaut haben und das friedliche Zusammenleben der Menschen in der Region sichern.

Obwohl die Aktivist*innen nur als Zeug*innen im Verfahren benannt werden, wurde durch die Hausdurchsuchungen in den privatesten Rückzugsraum der Betroffenen eingebrochen. Die Verletzung des grundgesetzlich geschützten Raumes wurde begangen, wenngleich den Beiden kein strafrechtliches Vergehen vorgeworfen wird. Die einzige Begründung für ihr repressives Vorgehen ist, dass sie vermuten, dass eine dritte Person möglicherweise Zugriff auf die Speichermedien der Betroffenen gehabt haben könnte. Dieser Person wird aufgrund der Teilnahme an legalen Demonstrationen von der Staatsanwaltschaft München vorgeworfen, Mitglied der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu sein. Auffällig ist hierbei, dass die Person nachweislich an einigen der aufgelisteten Veranstaltungen nicht teilgenommen hat. Unter den aufgeführten Veranstaltungen sind neben verschiedenen Demonstrationen auch Konzerte an der Universität Kassel und ein Picknick in München aufgelistet.

Bei den jüngsten Durchsuchungen zeigte sich erneut das unverhältnismäßige Vorgehen der Kasseler Polizei. Sie kamen mit 13 Polizist*innen und Kampfhunden zu Mazlum B. In dem Durchsuchungsbescheid der Polizei wurde auch eine studentische Hochschulgruppe als Untergruppierung der kriminalisierten PKK deklariert. Auch dies zeigt den Versuch, jegliches politisches Engagement von Kurd*innen als terroristisch zu diffamieren. Es reiht sich ein in eine Geschichte der Verfolgung, der viele Kurd*innen bereits in der Türkei ausgesetzt waren und sind.”