Britische Regierung antwortet auf Imrali-Anfrage

Beschlüsse der Institutionen des Europarats sind für die Mitgliedsstaaten verbindlich, den Verletzungen durch die Türkei folgen trotzdem keine Konsequenzen. Die britische Regierung will die Türkei zur Einhaltung der Menschenrechte „ermutigen“.

Der Labour-Abgeordnete Lloyd Russell-Moyle hat eine parlamentarische Anfrage zur Situation auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali an die britische Staatssekretärin für auswärtige, Commonwealth- und Entwicklungsangelegenheiten gestellt. Russell-Moyle wollte von der britischen Regierung wissen, welche Konsequenzen sie aus dem Bericht des Antifolterkomitees des Europarats (CPT) zu den inakzeptablen Umständen auf Imrali zu ziehen gedenkt.

Staatssekretärin Wendy Morton lieferte erwartungsgemäß eine schwammige Antwort auf die Anfrage:

„Wir erwarten ganz klar, dass die Türkei, wie alle anderen Länder auch, ihren Menschenrechtsverpflichtungen gegenüber all ihren Bürgern nachkommen muss. Wir ermutigen die Behörden weiterhin, dafür zu sorgen, dass alle Inhaftierten in Übereinstimmung mit den einschlägigen internationalen Menschenrechtsstandards behandelt werden, wie zum Beispiel Zugang zu rechtlicher Vertretung und medizinischer Versorgung. Wir begrüßen die Antwort der Türkei auf den Bericht 2019 des Komitees zur Verhütung von Folter (CPT) des Europarats, in dem das Land sein Bekenntnis zur Nulltoleranz gegen Folter und seine Entschlossenheit zur Zusammenarbeit mit dem CPT bekräftigt. Wir werden die Türkei auch weiterhin, auch auf Ministerebene, ermutigen, im Einklang mit den Konventionen des Europarats zu handeln und größere Fortschritte bei umfassenderen Menschenrechtsreformen zu erzielen.“

Bundesregierung fordert Kontakt zu Rechtsbeistand und Angehörigen

Ähnliche Anfragen sind bereits in Deutschland, Schweden, Norwegen und der Schweiz gestellt worden. Die Bundesregierung hatte sich im Oktober den Forderungen des Antifolterkomitees angeschlossen und die Türkei aufgefordert, Familien- und Anwaltsbesuche auf der Gefängnisinsel Imrali zu ermöglichen. Die migrationspolitischen Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Gökay Akbulut, hatte die Bundesregierung nach ihrer Beurteilung des Anfang August veröffentlichten CPT-Berichts zur Situation in türkischen Gefängnissen, insbesondere in Bezug auf die Bedingungen auf der Gefängnisinsel Imrali, auf der Abdullah Öcalan inhaftiert ist, gefragt. Das CPT charakterisiert die Beschränkung der Besuchsrechte von Öcalan und seiner Mitgefangenen in dem Inselgefängnis als Rechtsverletzung und bezeichnet die Isolation des kurdischen Repräsentanten als „nicht hinnehmbar“. Der PKK-Begründer ist seit Februar 1999 nahezu totalisoliert auf Imrali und kann praktisch keinen Anwalts- oder Familienbesuch erhalten.

Für die Bundesregierung erklärte Michael Roth, Staatsminister im Auswärtigen Amt, im Oktober 2020: „Die Türkei ist als Mitglied des Europarates zur Einhaltung der Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention verpflichtet. Dies umfasst auch den Umgang staatlicher Stellen mit Inhaftierten. Diese Erwartung macht die Bundesregierung in bilateralen Gesprächen wie auch gemeinsam mit ihren Partnern der Europäischen Union (EU) gegenüber der Türkei nachdrücklich und unmissverständlich deutlich.“

Von überraschender Deutlichkeit war der zweite Teil der Antwort der Bundesregierung: „Der am 5. August 2020 veröffentliche Bericht des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe ruft die türkische Regierung dazu auf, Besuche von Verwandten und Rechtsbeistand zu ermöglichen und Beschränkungen des Umgangs der Häftlinge untereinander abzubauen. Die Bundesregierung schließt sich diesen Forderungen an.“