„Mein Nachbar ist Rassist“

Geflüchtete in einer Hotelunterbringung in Baden-Württemberg werden von einem Nachbar rassistisch bedroht. Die Kurdin Didem Tütenk hat den Vorfall öffentlich gemacht.

Kurdische Geflüchtete in Baden-Württemberg

Im Dorf Neunthausen in Baden-Württemberg werden Geflüchtete von einem rassistischen Nachbarn bedroht. Wie die Tageszeitung Yeni Özgür Politika berichtete, wurden unter anderem Exkremente in die Unterkunft bei Sulz am Neckar geworfen. Eine der betroffenen Bewohner:innen der Unterkunft ist Didem Tütenk, die aus Dersim stammt. Die kurdische Biologin lebt seit Oktober vergangenen Jahres als politischer Flüchtling in Deutschland und hat den Vorfall geschildert:

„Ich bin seit dem 16. November in diesem Gebäude untergebracht. Es ist eigentlich ein Hotel, aber es wird auch als Unterkunft für Flüchtlinge genutzt. Das Hotel hat eine Feuertreppe. Wenn dieser Mann jemanden von uns sieht, fühlt er sich gestört und sagt das auch. Einmal hat er sogar die Polizei gerufen. Der Mann ist Deutscher. Er ist unser Nachbar und etwa 35 bis 40 Jahre alt. Er hat uns ständig fotografiert. Ich wusste, dass er aggressiv ist, aber ich hatte es noch nicht erlebt. Als ich am Montagabend [29. April] von der Arbeit kam, hörte ich ihn schreien. Dann habe ich gesehen, wie er Tierkot, Schlamm und was auch immer auf die Feuertreppe und in den Flur warf. Ich fragte ihn auf Englisch, warum er uns angreift, was er vorhat und ob es ein Problem gibt. Er beschimpfte mich und sagte unter anderem, dass wir Huren seien. Dabei fotografierte er uns und schimpfte und belästigte uns weiter. Später hat er wohl die Polizei gerufen. Als die Polizisten den Dreck sahen, waren sie überrascht. Ich erzählte von den Beschimpfungen und dem Angriff und sagte, dass ich den Vorfall anzeigen möchte und der Mann ein Rassist ist. Später erfuhren wir, dass er auch früher hier untergebrachte Menschen aus der Ukraine und aus Syrien auf diese Weise angegriffen und belästigt hat.“

Didem Tütenk

„Wir sind hier nicht sicher“

Wie sie erfahren habe, sei der Mann bereits vor diesem Vorfall zusammen mit einer weiteren deutschen Person mitten in der Nacht in das Gebäude gekommen und durch die Flure geschlichen, berichtete Didem Tütenk weiter: „Wir sind hier nicht sicher. Zweimal in der Woche kommen zwischen 8 und 17 Uhr ein Mitarbeiter hierher, manchmal kommt er auch nicht. Es gibt zwei oder drei Eingänge, die Türen sind nicht verschlossen. Es ist also kein geschützter Raum. Außerdem ist es ein Holzhaus. Wenn der Mann es nachts anzündet, haben wir keine Chance herauszukommen. Hier leben Familien, die Kinder gehen manchmal in den Garten. Er hat sie fotografiert und die Fotos offenbar dem Mitarbeiter geschickt, weil es ihn stört. Er findet ständig einen Vorwand, um uns angreifen zu können. Uns wurde gesagt, dass die für uns zuständige Sozialeinrichtung die Videos der Polizei übergeben und Anzeige gestellt hat.“

Sie wisse nicht, ob der Nachbar Verbindung zu rassistischen Gruppe habe, teilte Didem Tütenk mit. Die Bewohner:innen der Unterkunft lebten jedenfalls in ständiger Angst vor einem weiteren und größeren Angriff.