Libanesisches Kabinett tritt offiziell zurück

Das libanesische Kabinett hat nach Protesten wegen der verheerenden Explosion im Hafen von Beirut seinen Rücktritt erklärt. Der Schritt war zuvor von Libanons Gesundheitsminister angekündigt worden.

Eine Woche nach der schweren Explosion in Libanons Hauptstadt Beirut hat Ministerpräsident Hassan Diab offiziell den Rücktritt seiner Regierung erklärt. Die Entscheidung teilte Diab am Montagabend in einer Fernsehansprache mit. Der Schritt war von Gesundheitsminister Hamad Hassan bereits angekündigt worden.

Zuvor hatten vier Minister*innen ihr Amt niedergelegt. Der Druck auf die Regierung war in den vergangenen Tagen massiv gewachsen. Bei Massenprotesten machten die Demonstrant*innen die politische Elite für Versäumnisse im Zusammenhang mit der verheerenden Explosion im Hafen von Beirut verantwortlich. Hinzu kommen Vorwürfe der Korruption und Misswirtschaft, die schon in der Vergangenheit immer wieder zu Demonstrationen gegen die Regierung geführt haben.

Bei der Explosion am vergangenen Dienstag waren mindestens 154 Menschen getötet und mehr als 6.000 verletzt worden. 21 weitere Menschen gelten als vermisst. Die Detonation soll durch große Mengen Ammoniumnitrat ausgelöst worden sein, die jahrelang ohne Sicherheitsvorkehrungen im Hafen lagerten. Die Ermittlungen zur genauen Ursache der Katastrophe dauern noch an.

KCK: Dem Libanon von Herzen verbunden

Der Ko-Vorstand des Exekutivrats der KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) hatte am Sonntag eine Erklärung zu der Explosion in Beirut abgegeben und den Schmerz der libanesischen Bevölkerung als eigenen Schmerz bezeichnet. „Der Libanon ist eine der schönsten Gegenden im Mittleren Osten und der arabischen Länder. Dort leben Araber, Armenier, Kurden, Drusen, Christen und Angehörige vieler weiterer Bevölkerungsgruppen. Es ist die Gegend der Völker und Glaubensgemeinschaften. Der Libanon hat eine Kultur und Geschichte, die als Beispiel für den gesamten Mittleren Osten dienen können. Alle Völker und Glaubensrichtungen sind dort beheimatet. Daher ist der Schmerz dieses schönen Landes der Schmerz der Völker des Mittleren Ostens. Auch das kurdische Volk empfindet tiefes Mitgefühl und ist in großer Trauer“, hieß es.

Zwischen der kurdischen Befreiungsbewegung und dem Libanon besteht seit Jahrzehnten eine innige Verbindung. Als Anfang der 80er Jahre zu Beginn der Militärdiktatur in der Türkei andere kurdische Organisationen und die türkische Linke ihre Strukturen verloren und ihre Führer ohne politische Perspektive nach Europa flohen, hatte der PKK-Vorsitzende Abdullah Öcalan bereits den taktischen Rückzug innerhalb des Mittleren Ostens angeordnet. Öcalan war ab Juli 1979 im Gebiet Syrien/Libanon und hatte mit Organisationen, die mit der palästinensischen PLO verbunden waren, Beziehungen geknüpft. Um die Möglichkeiten der militärischen Ausbildung zu bewerten, kam im September 1979 die erste PKK-Gruppe in den Libanon. Im Winter 1980/1981 trafen dann rund 300 weitere PKK-Kader und Sympathisanten in dem Camp in der Bekaa-Ebene ein. Als der israelische Staat am 2. Juni 1982 den Libanon besetzte, hielten sich die PKK-Kader bereits seit drei Jahren dort auf und kämpften auf der Seite der Palästinenser. Insgesamt elf von ihnen fielen innerhalb des palästinensischen Widerstands.

Kurden im Libanon kommen ihrer Verantwortung nach

„Wir sind davon überzeugt, dass die Kurdinnen und Kurden im Libanon ihrer Verantwortung nachkommen werden, die entstandenen Wunden gemeinsam mit der weiteren Bevölkerung zu heilen“, teilte die KCK außerdem mit. Die Bevölkerung des Libanon habe in der nahen Vergangenheit großen Schmerz erfahren. Doch so wie dieses Leid überwunden wurde, würden auch die Folgen dieser Katastrophe bewältigt werden. „Dazu wird die materielle und ideelle Unterstützung der Freunde des libanesischen Volkes beitragen. Wir sind davon überzeugt, dass die arabischen Völker und die gesamte Menschheit ihre diesbezügliche Verantwortung erfüllen wird.“

Im Libanon leben nach Schätzungen etwa 100.000 Kurdinnen und Kurden. Manche Quellen sprechen von 70.000, andere von etwa 120.000. Offizielle Zahlen oder professionelle Untersuchungen liegen nicht vor. Bei den Informationen handelt es sich insgesamt um Schätzungen, die als realitätsnah akzeptiert werden können.