Sechsmonatiges Anwaltsverbot: Was geschieht auf Imrali?

Abdullah Öcalan, der seit knapp zwanzig Jahren auf der Gefängnisinsel Imrali inhaftiert ist, hat ein sechsmonatiges Besuchsverbot für sein Anwaltsteam erhalten. Das Verbot stützt sich auf ein Mandantengespräch von vor zehn Jahren.

Nach Angaben der Nachrichtenagentur Mezopotamya hat das für den Strafvollzug zuständige Gericht auf Anweisung der Generalstaatsanwaltschaft von Bursa ein weiteres Besuchsverbot für die Anwältinnen und Anwälte von Abdullah Öcalan und die ebenfalls auf Imrali inhaftierten Gefangenen Hamili Yıldırım, Ömer Hayri Konar und Veysi Aktaş verhängt. Die Entscheidung vom 6. September 2018 wurde mit den elf gegen Öcalan verhängten Bunkerstrafen in den Jahren 2005 bis 2009 und einem 156-seitigen Brief Öcalans aus dem Jahr 2009 begründet.

Die Staatsanwaltschaft formulierte noch einen weiteren Grund für das Verbot: Der Inhalt früherer Anwaltsgespräche des „wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation verurteilten Strafgefangenen“ sei an die Presse weitergegeben worden. In der Öffentlichkeit sei dadurch der Eindruck entstanden, dass Öcalan seine Organisation über Befehle leite, die bei Anwaltsgesprächen weitergegeben worden seien. Insofern hätten sich die Anwälte als Vermittler organisationsinterner Kommunikation betätigt.

Die türkische Justiz weitet ihre Argumentation auch auf die Mitgefangenen Öcalans aus. Ihnen wurde ebenfalls ein sechsmonatiges Anwaltsbesuchsverbot erteilt, weil sie sich gleichermaßen als Vermittler von Botschaften Öcalans betätigen könnten.

Wie kommen zehn Jahre alte Anwaltsgespräche in die Verbotsverfügung?

Es stellt sich die Frage, warum die Generalstaatsanwaltschaft von Bursa und das Gericht ausschließlich Mandantengespräche zwischen 2005 und 2009 zur Grundlage nehmen und zu den Gesprächen zwischen 2009 und 2015, als auf Imrali Gespräche mit staatlichen Vertretern stattfanden, schweigt.

Seit 2011 keine Anwaltsbesuche

Die Anwaltsbesuche bei Öcalan werden seit dem 27. Juli 2011 unter dem Vorwand „schlechtes Wetter“, „Fähre kaputt“, „Fähre in der Reparatur“ und „Ausnahmezustand“ verweigert. Zuletzt gesehen wurde Öcalan vor zwei Jahren von seinem Bruder Mehmet Öcalan.

Disziplinarstrafe

Auch der 94. Besuchsantrag von Familienangehörigen bei Öcalan ist am 21. September abgelehnt worden, allerdings diesmal mit einer neuen Begründung. In der neuesten Ablehnung wird auf eine Disziplinarstrafe Öcalans vom 14. September 2018 verwiesen. Weitere Auskunft zu dieser Strafe wurde weder den Anwälten noch den Angehörigen erteilt. Auch die Besuchsanträge der Angehörigen der drei weiteren Gefangenen auf Imrali wurden mit derselben Begründung abgelehnt.