QSD-Kommandant: Massive Kriegsvorbereitungen gegen Ain Issa

Seit Tagen dehnt die Türkei ihre Angriffe auf das Städtchen Ain Issa im nördlichen Syrien wieder aus. Diese jüngsten Provokationen zeigen die rasanten Kriegsvorbereitungen der Besatzungstruppen gegen die Autonomiegebiete.

Seit Mitte der Woche werden die Angriffe der Türkei und ihrer dschihadistischen Verbündeten der sogenannten „Syrischen Nationalarmee” (SNA) auf Ain Issa im Autonomiegebiet Nordostsyriens massiv ausgeweitet. Mehrere Versuche, die Stellungen des örtlichen Militärrates zu umgehen und die Kleinstadt zu infiltrieren, wurden von den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) vereitelt. Diese jüngsten Provokationen, bei denen vor allem zivile Siedlungen und Dörfer entlang der Schnellstraße M4 und auch das Flüchtlingslager Ain Issa angegriffen wurden, zeigen besonders deutlich die rasanten Kriegsvorbereitungen der Erdoğan-Regierung gegen Nord- und Ostsyrien. Die Angriffe, die auch heute wieder fortgesetzt wurden, werden von türkischen Aufklärungs- und Kampfflugzeugen begleitet, was die Gefahren für die Zivilbevölkerung zusätzlich erhöht.

Aziz Xerbîsan, einer der QSD-Kommandanten in Ain Issa, koordinierte in der Nacht zum Mittwoch die Verteidigungsoperation gegen die Besatzungstruppen im Dorf Seyda. „Der Angriff war gut organisiert. Die türkische Armee und angebundene Söldner versuchten von drei Seiten, in die Stadt einzudringen: Über das nordöstlich gelegene Seyda, die M4 und das Camp Ain Issa im Nordwesten. Es waren etwa fünfzig Angreifer,“ erklärt Xerbîsan. Der erfahrene Kommandant geht von einem geplanten Massaker aus, das vom Militärrat Ain Issa, einer Komponente der QSD, vereitelt werden konnte. Bei den mehrstündigen Gefechten waren zehn Dschihadisten getötet worden, die Zahl der Verletzten ist unklar. „Es handelt sich nicht um den ersten Versuch, durch einen blitzartigen Überfall Ain Issa zu besetzen. Die Stadt wird regelmäßig angegriffen, unsere Kräfte erwidern alle Attacken“, erklärt Xerbîsan.

Russland ignoriert türkische Angriffe

Russland als Schutzmacht Syriens, aber auch das Regime selbst, hätten nicht eingegriffen, obwohl sich der Angriff vor den Augen russischer und syrischer Truppen ereignete, führt Xerbîsan weiter aus. „Im Fokus der Aggressoren liegen vor allem bewohnte Gebiete am Rande der M4 zwischen Ain Issa und der Gemeinde Çelebiyê im Süden von Kobanê. Durch die Angriffe ist hoher Sachschaden an den Häusern und Anbauflächen der Zivilbevölkerung entstanden. Auch Autofahrer werden beschossen.“ Dabei gehe es vor allem um die Vertreibung der angestammten Bewohner*innen. Solche Angriffe stellen per definitionem Kriegsverbrechen dar. „Die USA und Russland, unter deren Ägide das Waffenstillstandsabkommen vergangenen Herbst entstanden ist, schauen jedoch bloß zu“, stellt Aziz Xerbîsan fest.

Besatzungstruppen erhöhen Anzahl ihrer Basen

„Es zeichnet sich ab, dass sich der türkische Staat und seine Milizen in den Vorbereitungen eines großen Krieges gegen Ain Issa und die westliche Landschaft von Girê Spî befindet“, sagt Aziz Xerbîsan. „Wir wissen von Tunnelgrabungen und Rüstungstransporten. Des Weiteren arbeiten die Besatzungstruppen daran, die Anzahl ihrer Kontrollpunkte und Stützpunkte zu erhöhen. Vor Seyda sind bereits etliche Stellungen ausgehoben worden. Als nächster Schritt ist offenbar geplant, eine Basis in dem Dorf zu errichten.“

Militärrat und QSD in Verteidigungsposition

Eine Besatzungsoperation gegen Ain Issa wollen weder der Militärrat noch die QSD zulassen. „Unsere Linie ist die legitime Selbstverteidigung“, sagt Xerbîsan. „Jegliche Art von Angriff wird von uns auf Grundlage unseres Rechts auf Selbstverteidigung erwidert. Die Verteidigungspositionen zu verlassen kommt gar nicht in Frage.“

Derweil berichtet der Militärrat von Girê Spî am Samstag von einem Vergeltungsschlag gegen Besatzungstruppen in der Nähe des Dorfes Xalidiye. In der Meldung dazu heißt es: „Der Infiltrationsangriff wurde erfolgreich abgewehrt, dabei wurde ein Fahrzeug der Söldner vollständig vernichtet. Wie viele Insassen dabei getötet wurden, ist noch unklar.“

Strategische Schnellstraße M4

Der internationale Verkehrsweg M4 durchzieht den Norden Syriens wie eine Lebensader. Er erläuft etwa 30 Kilometer entfernt von der türkisch-syrischen Grenze und führt von Aleppo bis Mosul im Nordirak und ist insbesondere für die Versorgung der Zivilbevölkerung von größter Bedeutung. Von der M4 aus bestehen Verbindungsstraßen nach Damaskus und in die arabischen Länder. Mit der Einnahme dieser Schnellstraße, die vor allem wegen ihrer relativen Nähe zur Stadt Raqqa und somit zum Tor nach Deir ez-Zor eine Schlüsselposition in den Besatzungsplänen der Türkei einnimmt, würde die Türkei ihren neoosmanischen Träumen näherkommen, ihre Außengrenzen auf alle anderen Städte im Grenzstreifen auszudehnen und Erdöl aus Kerkûk und Deir ez-Zor ans Mittelmeer zu transportieren. Außerdem ließe sich die Ansiedlung von Angehörigen der dschihadistischen Verbündeten des Erdogan-Regimes problemlos gestalten.