Guerillakämpfer berichtet von Aktion am Koordine-Gipfel

Der Guerillakämpfer Şervan Amed berichtet von seinen Eindrücken bei einer Aktion der HPG gegen das regionale türkische Militärhauptquartier auf dem Koordine-Gipfel bei Çelê.

Die HPG-Guerilla hat in der Nacht zum 19. April das Hauptquartier der türkischen Armee auf dem Koordine-Gipfel bei Çelê (Çukurca) in der nordkurdischen Provinz Colemêrg (Hakkari) angegriffen und mindestens zwölf Soldaten getötet sowie zehn weitere verletzt.

ANF sprach mit Şervan Amed, der an der Operation als Teil der Angriffseinheit teilgenommen hat, über seine Eindrücke von der Aktion am Koordine-Gipfel. Er wollte mit seiner Teilnahme an dieser Aktion Rache an gefallenen Genoss*innen nehmen, erklärt er und fährt fort: „Während die totale Isolation gegen unsere Führung andauert und unser Volk von Vernichtung bedroht ist, werden wir jede Gelegenheit nutzen und Aktionen durchführen. Das möchten wir nochmals klarstellen. Ich habe an der Planung der Aktion teilgenommen. Wir haben etwa zwei Wochen bis zur Durchführung dieses Angriffs gewartet. In dieser Zeit haben alle Freundinnen und Freunde intensiv daran gearbeitet, damit diese Aktion wirkungsvoll und ohne Verluste durchgeführt werden kann.

Die Moral und Begeisterung der Freund*innen war wegen der Aktion sehr hoch. Wir wollten auf jeden Fall dem Feind einen Schlag zufügen, für unser Volk und unsere Genoss*innen Rache nehmen und den türkischen Staat einen Schritt weiter zum Zusammenbruch treiben. Es wurde ein Berggipfel ausgewählt, auf dem der Feind massiv getroffen werden sollte. Der Feind wurde vollständig überwacht und jeder Schritt wurde von unseren Freund*innen beobachtet. Bei dieser intensiven Vorbereitung ging es darum, den Erfolg der Aktion zu garantieren.“

Aktionsgruppen brechen auf

Amed erklärt weiter, wie die Aktion durchgeführt wurde: „Schließlich kamen die einzelnen Gruppen direkt vor der Aktion zusammen. Unsere Kommandant*innen trafen sich mit uns zum letzten Mal vor der Aktion und sprachen über die einzelnen Details. Sie teilten ihre Erfahrungen aus dem jahrelangen Krieg mit uns. Dann begannen wir Gruppe für Gruppe zur Aktion aufzubrechen. Dem Plan nach sollten die feindlichen Stellungen im Gebiet Şehîd Bager auf dem Koordine-Gipfel zerstört werden. Dafür wurden zwei Angriffsfronten gebildet. Hinzu kamen zwei weitere Verteidigungsfronten, welche die Angriffsgruppen unterstützen sollten. Wir rückten vor und wendeten dabei die von der Guerilla entwickelten Maßnahmen gegen Wärmebildkameras an. Als wir uns den feindlichen Stellungen näherten, hörten wir, wie sich die Soldaten laut, fast schreiend unterhielten. So haben sie gezeigt, wie groß ihre Angst ist. Sie sprachen so laut, um ihre Angst voreinander zu verbergen und sich selbst wenigstens ein bisschen zu beruhigen.

Wir trennten uns von der zweiten Angriffsgruppe und unsere vierköpfige Einheit sickerte auf dem feindlichen Gipfel ein. Wir erreichten den vom Feind verlegten Stacheldraht und schnitten ihn in aller Vorsicht durch. Wir krochen über den Schnee bis unter die Stellungen. Da die andere Angriffseinheit schon sehr nah war, begann die Aktion als ein Soldat sie entdeckte. Wir konnten die Schüsse hören und setzten uns ebenfalls in Bewegung.“

Manche Soldaten schafften es nicht einmal mehr zur Waffe zu greifen“

Über die Kämpfe auf dem Gipfel berichtet Amed: „Auch wenn der Feind manche Stellungen bewusst leer ließ, so haben wir dennoch in jede Handgranaten geworfen und hineingeschaut. Wir haben mit dem Ziel gekämpft, den Gipfel einzunehmen, die Soldaten haben gekämpft, um einen Fluchtweg zu finden. Die Rufe der Soldaten kamen von überall auf dem Gipfel her. Während die Kämpfe andauerten, ging ein Freund in eine Stellung neben uns, in diese Stellung hatten wir schon zuvor eine Handgranate geworfen, sie war leer. Die türkische Fahne war in der Stellung zurückgeblieben. Die Freund*innen von der anderen Front hatten, obwohl sie schon vom Feind gesehen worden waren, damit begonnen Handgranaten in die Stellungen zu werfen und haben dort ebenfalls mehrere Stellungen gestürmt. Auf dem Gipfel waren fast alle Stellungen gefallen, es blieben noch eine oder zwei, die anderen Soldaten waren geflohen. Natürlich haben wir die Leichen der Soldaten nochmals untersucht und eine Zählung vorgenommen. Das alles haben wir mit einer Helm-Kamera aufgenommen. Die Freund*innen hatten so heftig und plötzlich zugeschlagen, dass manche Soldaten nicht einmal mehr die neben ihnen liegenden Waffen aufnehmen konnten. Unsere Aktion dauerte 15 Minuten. Zwanzig Minuten später begannen Kampfflugzeuge den Aktionsort und seine Umgebung zu bombardieren.

Die Flugzeuge griffen die von ihnen vermuteten Rückzugswege an, warfen aber auch sehr nah bei den militärischen Stellungen der Soldaten Bomben ab. Ich vermute, sie haben auch ihre eigenen Stellungen getroffen. Nach unserer Erfahrung greifen sie sogar ihre eigenen Soldaten an, wenn es darum geht, auch nur einen Guerillakämpfer zu töten. Während das türkische Militär die Umgebung und seine eigenen Soldaten bombardierte, erreichten wir sicheres Gebiet.“