Gedenkkundgebung für Halim Dener in Hannover

„Gefoltert. Geflüchtet. Verboten. Erschossen.“ – In Hannover haben Menschen aus linken und migrantischen Strukturen des 1994 erschossenen Halim Dener gedacht. Der 16-jährige Kurde wurde von einem SEK-Polizisten ermordet.

Am 30. Juni 1994 – vor 28 Jahren – ist Halim Dener im Alter von gerade einmal 16 Jahren in Hannover von einem SEK-Polizisten in Zivil erschossen worden. Der junge Kurde stammte aus Çewlîg (tr. Bingöl) und war kurz vor seinem Tod aufgrund des Staatsterrors aus der Türkei nach Deutschland geflüchtet. Seinem Widerstand gegen die türkische Aggression gegenüber Kurdinnen und Kurden hatte er in Hannover mit Plakaten, auf denen die ERNK-Fahne abgebildet war, Ausdruck verliehen. Am Steintor wurde er dabei schließlich ermordet. Für den tödlichen Schuss aus einer Entfernung von ungefähr zehn Zentimeter in den Rücken ist niemand verurteilt worden.

Um an Halim Dener zu erinnern und ein würdevolles Gedenken an ihn einzufordern, fand am Donnerstagabend eine Kundgebung am Tatort in Hannover statt. Aufgerufen hatten viele verschiedene Gruppen, darunter die Kampagne Halim Dener, Migra-Bündnis, Interventionistische Linke, FemMigra, Rote Hilfe, Women Defend Rojava, YXK/JXK, TCŞ und der Frauenrat Ronahî. Mitten auf dem Platz war ein großes Transparent mit dem Konterfei des Jugendlichen angebracht worden. Teilnehmende der Gedenkkundgebung traten heran und legten rote Nelken nieder. Währenddessen ertönte aus Lautsprechern das kurdische Widerstandslied „Çerxa Şoreşê“ (Das Rad der Revolution).

In Redebeiträgen wiesen Sprecher:innen der anwesenden Organisationen darauf hin, dass die gesellschaftlichen und politischen Fragen, die 1994 zum Tod von Halim Dener führten, auch heute noch ungelöst seien: Krieg, Flucht, staatliche Repression und Polizeigewalt. „Was ihm in Hannover zum Verhängnis wurde, ist neben der von Rassismus durchzogenen Polizei letztlich auch eine Außenpolitik, die die Bundesregierung bis heute konsequent verfolgt: Ganz im Sinne des AKP-Regimes geht die BRD rigoros gegen all jene vor, die sich mit der kurdischen Freiheitsbewegung solidarisieren. Anstatt die Bemühungen um eine progressive Gesellschaft, die auf Geschlechterbefreiung, Ökologie und Basisdemokratie aufbaut, zu unterstützen, kriminalisiert die BRD all jene, die das tun und versorgt den türkischen Staat mit Waffen für die Zerstörung dieser gelebten Utopie. Die deutschen Sicherheitsbehörden verwischen dabei die Grenzen von Innen- und Außenpolitik und nutzen jeden Vorwand, um gegen die kurdische Freiheitsbewegung in Deutschland vorzugehen. Der Tod von Halim Dener steht nicht nur exemplarisch für die ständige Kriminalisierung der Solidarität mit dem kurdischen Befreiungskampf. Er zeigt auch, wie eine sich gegenseitig deckende Polizei und Justiz unbeschadet aus der Verantwortung ziehen kann, wenn Menschen durch ihre Hand ihr Leben lassen. Halim Deners Tod zeigt beispielhaft, dass von Rassismus betroffene Menschen in der BRD einem besonders hohen Risiko ausgesetzt sind, ihr Leben durch den Staat und seine rassistischen Institutionen zu verlieren“, hatte es bereits im Aufruf zu dem Gedenken geheißen.


Es galt daher, die „Wut über diese Verhältnisse“ auf die Straße zu tragen und am Gedenken an Halim Dener und allen anderen teilzunehmen. In dem Zusammenhang wurde auch hervorgehoben, dass die Einleitung des PKK-Verbots 1993 dazu beigetragen habe, dass Rassismus, Polizeigewalt und staatliche Repression gegen Migrant:innen und migrantische Organisationen über die Jahre zugenommen hätten und aus gesellschaftlicher Perspektive normalisiert würden. „Wir sagen daher Schluss mit der militärischen Zusammenarbeit mit dem faschistischen AKP-Regime, fordern die Aufhebung des PKK-Verbots und ein Ende der Kriminalisierung der kurdischen Befreiungsbewegung“, hieß es mehrmals.