Großflächige Stromausfälle in Til Temir durch Artilleriefeuer

In weiten Teilen von Til Temir in der nordostsyrischen Autonomiezone ist die öffentliche Stromversorgung ausgefallen. Grund sind Angriffe der türkisch-dschihadistischen Besatzungstruppen auf eine Verteilerstation.

In weiten Teilen von Til Temir in der nordostsyrischen Autonomiezone ist am Samstag die öffentliche Stromversorgung ausgefallen. Grund für den Blackout sind Angriffe der türkisch-dschihadistischen Besatzungstruppen auf eine Verteilerstation im westlich der Stadt gelegenen Dorf Umm Kahf (auch Umm al-Keyf). Nach Angaben des Militärrats von Til Temir begann der Beschuss bereits am späten Freitagabend und setzte sich bis in die Morgenstunden fort. In der Folge wurden mehrere Hochspannungsleitungen durch Einschläge von aus Haubitzen abgeschossenen Granaten beschädigt. Das örtliche Elektrizitätswerk erklärte, dass hunderte Haushalte und Geschäfte vom Stromausfall betroffen sind.

Seit der Schließung des Waffenstillstands- und Deeskalationsabkommens, das zwischen den Garantiemächten Russland und den USA nach der Besetzung von Serêkaniyê (ar. Ras al-Ain) und Girê Spî (Tall Abyad) im Oktober 2019 mit der Türkei vereinbart wurde, befindet sich Til Temir faktisch unter Dauerbeschuss der Invasionstruppen. Ankara will die christlich besiedelte Stadt im Chabur-Tal in seine illegale Besatzungszone integrieren. Die permanenten Angriffe richten sich daher vornehmlich gegen Wohngebiete und die zivile Infrastruktur, Energie- und Stromversorgungsanlagen werden besonders häufig bombardiert. Allein die Verteilerstation in Umm Kahf wurde in den letzten drei Jahren mindestens 29-mal von türkisch-dschihadistischen Besatzern angegriffen. Auf diese Weise soll die Zivilbevölkerung mürbe gemacht werden.

Die Belegschaft des lokalen Elektrizitätskomitees ist ebenfalls häufig Ziel von Angriffen. Immer wieder wurden in der Vergangenheit technische Notfallteams von der türkischen Armee oder verbündeten Dschihadistenmilizen ins Visier genommen, um die Behebung von Schäden an Anlagen oder Leitungen zu behindern. Die permanenten und gezielten Attacken auf die Stromversorgung in den Autonomiegebieten treffen die Zivilbevölkerung und die Wirtschaft Nord- und Ostsyriens schwer und verursachen Schäden in Millionenhöhe.

Strategische Lage von Til Temir

Til Temir nimmt eine Schlüsselposition in den Besatzungsplänen der Türkei ein, weil die M4 durch die Kleinstadt mit ihren 25.000 Einwohner:innen zieht. Der internationale Verkehrsweg gilt als Lebensader des nördlichen Syriens, denn er verbindet die Regionen Euphrat und Cizîrê miteinander. Für die Einverleibung in die Besatzungszone führen die Besatzungstruppen einen „Zermürbungskrieg” mit dem Ziel einer Entvölkerung von Til Temir. Immer häufiger kommen hierbei auch Drohnen zum Einsatz. Am 18. August waren bei einem türkischen Killerdrohnenangriff südöstlich von Til Temir vier Jugendliche ums Leben gekommen, elf weitere wurden verletzt. Ziel des Luftschlags war ein von den Vereinten Nationen (UN) gefördertes Bildungszentrum für Mädchen, ein fünftes Opfer erlag Tage später seinen schweren Verletzungen. Zuvor zwei Kämpfer des Militärrats der Suryoye (MFS) durch türkischen Artilleriebeschuss im Norden von Til Temir getötet worden.